John Heer, Ex-OB-Kandidat, will bei den Maßnahmen zur Stadtentwicklung mitreden. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

John Heer und andere Bordellbetreiber fühlen sich von der Diskussion um die Leonhardsvorstadt und um das Züblin-Parkhaus ausgeschlossen. Daher kündigt Heer an, eine Bürgerinitiative zu gründen.

Stuttgart - An der Zukunft der sogenannten Leonhardsvorstadt im Allgemeinen und des Züblin-Parkhauses scheiden sich die Geister. Die einen meinen, es sei von den Bürgern gar kein Zusammenwachsen des Bohnenviertels mit dem Leonhardsviertel zur Leonhardsvorstadt gewünscht. Andere behaupten das Gegenteil. Gleiches gilt für den Baukörper des Züblin-Parkhauses. Während die einen für den Abriss plädieren, argumentieren andere für die Sanierung im Bestand. Unter den Diskutanten sind unter anderen der evangelische Stadtdekan Sören Schwesig, IBA-Intendant Andreas Hofer, die Initiative Züblinareal, der Bezirksbeirat Mitte samt Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle und Mitglieder des Vereins Leonhardvorstadt. Nun aber gesellt sich noch jemand dazu: eine Gruppe um John Heer.

Mehr Bürgerbeteiligung

Doch dabei geht es nicht nur um einen weiteren Meinungsbeitrag, es geht um mehr. Auch um die Frage: Wie demokratisch und partizipativ ist dieser Prozess zur Quartierentwicklung? Und wie repräsentativ ist die Bürgerbeteiligung? Heer und seine Gruppe stellt dies in Frage. Und er fühlt sich von diesem Diskurs ausgegrenzt: „Beginnen wir mit dem Leonhardsvorstadtsverein, in welchem unwahrscheinlich viele Bürgerinnen und Bürger aus dem Viertel Mitglied sind“, schreibt er in einem Beitrag auf Facebook: „Dieser Verein besteht aus circa 70 Mitgliedern, die nahezu alle nicht aus dem Leonhardsviertel sind. Ich selbst und einige meiner Kollegen wollten diesem Verein beitreten, jedoch hat man uns die Aufnahme in diesen Verein verweigert und dies ohne Angabe von Gründen, weil die Statuten dieses Vereines dies so hergeben.“ Dann spekuliert er über die Gründe der vermeintlichen Ablehnung: „Wir gehen davon aus, dass dies aufgrund der Tatsache geschehen ist, dass wir Bordellbetreiber sind. Hierbei wird jedoch verkannt, dass auch gleichzeitig die Hauseigentümer den Antrag auf Aufnahme in diesem Verein gestellt haben und wir auch gleichzeitig Gastronomen in diesem Viertel sind.“

Ausgrenzung wegen des Berufs?

Für Heer scheint dies offenbar ein Deja-vu-Erlebnis zu sein. Erst vor Kurzem wollte Bürgermeisterin Isabel Fezer weder Heer noch Daria Oniér, Domina und Organisatorin der 1. Stuttgarter Sexarbeiterkonferenz vom September, am Runden Tisch eines Unterausschusses zum Thema Prostitution sehen. „Ich persönlich habe erhebliche Probleme damit, wenn Bordellbesitzer und Dominas über Frauen mitreden wollen, die gezwungen sind, ihren Körper zu verkaufen“, begründete Fezer ihre Haltung und ergänzte: „Der eine beutet Frauen aus, der anderen ist es egal, was mit den anderen Prostituierten passiert. Das sind keine Experten, sondern sie verfolgen höchsteigene finanzielle Interessen. Wenn das von der Stadt unterstützt wird, also da kann ich nicht mit. Ich kann nur darum bitten, sich von denen nicht hinters Licht führen zu lassen.“ Nun also behauptet Heer, von der Diskussion um die Leonhardsvorstadt und der Mitarbeit ausgeschlossen worden zu sein. Der Vorstand des Vereins Leonhardsvorstadt will das so nicht stehen lassen. „Aus unserer Wahrnehmung erfolgte eine kontinuierliche Einladung zum Prozess sehr intensiv an das ganze Quartier. Es fanden in diesem Rahmen unter anderem Zoom-Konferenzen und Workshops statt, zu denen jeder eingeladen war“, schreibt der Vorstand auf Anfrage in einer Stellungnahme. Weiter heißt es darin: „Die Vorwürfe bezüglich der Legitimität des angesprochenen Prozesses betreffen die Organisatoren der Zukunft Leonhardsvorstadt, nicht den Verein Leonhardsvorstadt.“

Wert legt der Vorstand auch auf die Tatsache, dass man „kein einseitiges Einzelinteresse“ verfolge: „Wir haben bis zum jetzigen Zeitpunkt absichtlich keine eigene Planung vorgelegt, lediglich die Diskussion darüber angeregt. Insofern stören oder behindern wir auch niemanden im Viertel, sich einzubringen. Das Areal des Züblin-Parkhauses ist für uns ein wichtiges Thema aber nicht das einzige.“ John Heer hingegen meint: „Fakt ist jedoch, dass ich bei jeder Zoom-Konferenz und auch bei den Aktivitäten letztes Jahr im Sommer beteiligt war und im Durchschnitt lediglich 72 Personen an den jeweiligen Konferenzen, Planungen und Abstimmungen teilgenommen haben. Hiervon sind nahezu die Hälfte aus der Verwaltung und dem engeren Kreis der Politik gekommen. Lediglich drei Personen waren aus dem Leonhardsviertel.“

Natürlich haben Heer und seine Mitstreiter auch eine Meinung zum Züblin-Parkhaus. Er plädiert für den Erhalt des Parkhauses mit seinen 593 Stellplätzen: „Es wird immer wieder verkannt, dass der Abriss des Parkhauses massive Auswirkungen auf den sich mittlerweile angesiedelten Gewerbebereich im Leonhardsviertel haben wird. Aber nicht nur dort, sondern die Auswirkungen werden sich bis hin zum Marktplatz aufzeigen, da die meisten Nutzer des Parkhauses Kunden im Einzelhandel in der Eberhardstraße bis hin zur Markthalle sind.“ Um diese Positionen zu untermauern kündigt John Heer an: „Ich werde eine Bürgerinitiative mit einigen Anwohnern aus dem Viertel ins Leben rufen.“