Tausende hatten sich vor einer Woche auf dem Wasen zu einer Demonstration zusammengefunden. Foto: 7aktuell.de/Marc Gruber

Für das Wochenende sind erneut zahlreiche Demos gegen die Auflagen in der Corona-Krise geplant. Man müsse aufpassen, mit wem man sich da gemein mache, betonen Politiker. Eine größere Kundgebung wurde verboten.

Stuttgart/Berlin - Angesichts zunehmender Demonstrationen gegen die Auflagen in der Corona-Krise hat Außenminister Heiko Maas die Bürger gewarnt, sich von Extremisten vereinnahmen zu lassen. „Wenn radikale Extremisten und Antisemiten Demonstrationen benutzen, um zu hetzen und zu spalten, dann sollte jeder deutlich mehr als nur 1,5 Meter Abstand halten“, sagte der SPD-Politiker der „Welt“. Demokraten sollten sachlichen Protest ernst nehmen - „Die Freiheiten des Grundgesetzes, auf die sich die Demonstranten berufen, finden allerdings ihre Grenze in der Freiheit unserer Mitmenschen“, sagte Maas.

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An diesem Wochenende sind erneut in mehreren Städten vor allem in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin Demonstrationen gegen die staatlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie geplant. Bei den bisherigen Demonstrationen wurden die geltenden Abstandsregeln oft missachtet, Schutzmasken nicht getragen. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden versuchen Rechtsextremisten vielerorts, die Proteste für sich zu nutzen.

Für Sonntag geplante AfD-Demo abgesagt

Eine für Sonntag von der AfD geplante Demonstration wurde nach Angaben der Polizei am Donnerstag von der Stadt Stuttgart verboten. Die Behörden verwiesen unter anderem auf den Infektionsschutz. Die AfD plant nun, einen Eilantrag gegen das Verbot zu stellen. Bei der Kundgebung in der Stuttgarter Innenstadt wollte auch die AfD-Landesvorsitzende Alice Weidel sprechen.

„Früher hätten CDU-Innenminister in einem solchen Fall für Ordnung gesorgt und auch der Opposition Grundrechte zugestanden“, beklagte sich der AfD-Landesvize Markus Frohnmaier. „Wir werden deshalb einen Eilantrag stellen und unser Recht auf Versammlungsfreiheit gerichtlich durchsetzen!“

Sachsens Landeschef will Demonstranten ernst nehmen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer will die Demonstranten ernst nehmen. „Ich möchte verstehen, was die Menschen umtreibt. Das ist eine zwingende Voraussetzung dafür, dass dieses Land sich nicht weiter spaltet“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Diese Leute nicht ernst nehmen wäre falsch.“ Zuletzt hatte Kretschmer bei den Protesten lange Gespräche mit Demonstranten. Er wurde kritisiert, weil er dabei teils keinen Mundschutz trug. Bei einer Demonstration von rund 300 Menschen am Mittwochabend im sächsischen Pirna trug Kretschmer allerdings konsequent Mundschutz.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der „Passauer Neuen Presse“, es sei natürlich völlig legitim, gegen die Politik der Bundesregierung zu demonstrieren. Er warnte aber: „Man muss genau hinsehen, wer auf diesen Demonstrationen neben einem steht. Neben Holocaust-Leugnern, Reichsbürgern, Nazis und AfD-Politikern, die nur das Ziel haben, zu hetzen und diese Gesellschaft zu destabilisieren, sollte man sich nicht auf einer Demonstration einreihen.“

Demonstranten tragen nachgemachte Judensterne

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte die Behörden auf, das Tragen von nachgebildeten Judensternen bei den Demonstrationen härter zu bestrafen. „Das ist absolut nicht hinnehmbar und sollte gegebenenfalls auch strafrechtlich verfolgt werden“, sagte er der „Rheinischen Post“. Auf solchen Demos werde die Schoah relativiert, indem etwa die Maskenpflicht mit dem Tragen des Judensterns im Nationalsozialismus verglichen werde.

Eine Meldestelle in Bayern hatte berichtet, bei Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen würden zunehmend Schilder mit Aufschriften wie „Ausgangsbeschränkungen sind sozialer Holocaust“ gezeigt. Menschen trügen einen gelben Stern ähnlich dem Judenstern aus der Nazizeit mit der Aufschrift „ungeimpft“.

Klein erklärte, die aktuelle Weltgesundheitskrise schaffe ein Klima der allgemeinen Verunsicherung, in dem die Anfälligkeit für irrationale Scheinerklärungen steige. Die Gesellschaft sei insgesamt gefordert, diesen Trend zu stoppen. „Wir alle müssen dazu beitragen, Verschwörungsmythen zu entschlüsseln und öffentlich, etwa in den sozialen Medien, zu widerlegen.“