Erhard Eppler, ehemaliger SPD-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, starb am 19.10.2019 im Alter von 92 Jahren in seiner Wahlheimat Schwäbisch Hall. Foto: dpa

Als SPD-Politiker vertrat Erhard Eppler schon früh Positionen im Bereich Umweltschutz und Ökologisierung, die einst nur von den Grünen eingenommen wurden - und stand damit oft im Widerspruch zur Parteilinie. Nun ist er gestorben.

Stuttgart (dpa) Vordenker und Visionär: Erhard Eppler hat die SPD in Deutschland über Jahrzehnte geprägt und ist lange Zeit zugleich auch ihr Gewissen gewesen. Am Samstag starb der streitbare Sozialdemokrat im Alter von 92 Jahren. Als einer der ersten thematisierte er die Risiken der Atomkraft und kritisierte schon früh, dass ein höheres Bruttosozialprodukt nicht automatisch mehr Wohlstand für alle in der Welt bedeute. Sein Verhältnis zu den Sozialdemokraten war lange Zeit von Spannungen geprägt. «In meiner Zeit als aktiver Politiker habe ich mich fast jede Woche über die Partei geärgert», sagte Eppler, den sein Fraktionschef im Bundestag, Herbert Wehner, einst als «Pietcong» verspottet hatte.

Von seinem Posten als Entwicklungshilfeminister trat er 1974 zurück, nachdem der Nachfolger von Bundeskanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt, gerade einmal sieben Wochen im Amt war. Hintergrund waren Differenzen bei der finanziellen Ausstattung des Ressorts. Eppler hatte sich zugleich gegen eine zu enge Verbindung von Außenpolitik und Entwicklungshilfe gewandt. Das Verhältnis zwischen Schmidt und dem 1926 in Ulm als Sohn eines Lehrers geborenen Eppler galt als äußerst angespannt.

«Ich habe es aber nie bereut, dass ich der SPD beigetreten bin. Ich bin ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat», sagte der ausgebildete und promovierte Lehrer, der Englisch, Deutsch und Geschichte studiert hat. Er unterrichtete für kurze Zeit und gründete zunächst die Gesamtdeutsche Volkspartei mit. 1956 wechselte er dann zur SPD. 1961 zog er über die baden-württembergische Landesliste in den Bundestag ein. Dort machte er schnell Karriere - unter Schmidts Vorgänger Brandt wurde er dann 1968 Entwicklungshilfeminister.

Nach seinem Rücktritt widmete er sich verstärkt der Landespolitik in Baden-Württemberg - Landeschef war er von 1973 bis 1981. Obwohl er in seinem SPD-Landesverband im Programm den langfristigen Ausstieg aus der Atomenergie durchsetzte, zogen die Grünen 1980 in den Stuttgarter Landtag ein. Die Konsequenz: Eppler nahm ein Jahr später seinen Hut. Er war zweimal erfolgloser Spitzenkandidat bei Landtagswahlen der Genossen im Südwesten.

Von 1973 bis 1992 leitete der gottesfürchtige und kampfeslustige Bildungsbürger die SPD-Grundwertekommission. Die dortige Integrationsarbeit sei besonders interessant gewesen. «Da war der Bedarf in den 1970er-Jahren besonders groß. Man musste Ökonomie, Ökologie, Gewerkschafter und Friedensbewegung zusammenbringen. Vor allem die Ökologie war etwas Neues. Und Teil eins der politischen Ökologiediskussion fand in der SPD statt», sagte er fast schon reumütig. Denn der Vater von vier Kindern vertrat schon früh Positionen, die später dann von den Grünen eingenommen wurden.

Eppler war zugleich in der Evangelischen Kirche und in der Friedensbewegung aktiv. Er selber schrieb sich einst eine «Scharnierfunktion» zu zwischen den Sozialdemokraten und den Friedenaktivisten, die gegen den Nato-Doppelbeschluss kämpften.

Seinen Posten als SPD-Vorstandsmitglied räumte er 1991. Seitdem hatte er sich mit über 20 Büchern und zahlreichen Aufsätzen zur Wort gemeldet - oder bei Parteitagen: So warb er 1999 für den Einsatz im Kosovo-Krieg oder einige Jahre später für die Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Bei dem umstrittenen Milliardenprojekt Stuttgart 21 sorgte er als einer der Initiatoren des Volksentscheids dafür, dass es ein Ventil für die Konflikte seiner Partei mit den Grünen gab. Dass er vor und hinter den Kulissen sehr gegen das Projekt war, nahmen ihm nicht wenige in der Landespartei krumm.