Lob von Leserbriefautor Rainer Zottmaier erhält die Stadt Esslingen für die Sanierung der Hirschlandstraße. Tadel hingegen dafür, dass die Kreuzung am Hirschlandkopf nicht über einen Kreisverkehr geregelt wird. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Hier präsentieren wir die Leserbriefe aus der Eßlinger Zeitung vom 7./8. September

Zu „Radfahrer werden durch Zeitgeist gestärkt“ vom 23. August:

Lese ich richtig? „Durch Zeitgeist gestärkt?“ Dann sind also die rücksichtslosen Radfahrer-Verhaltensweisen und die Ignoranz gegenüber bestehenden Verkehrsvorschriften dem Zeitgeist geschuldet? Welchem Zeitgeist denn? Dem der Radfahrer oder dem der restlichen Welt? All die gegenwärtigen Radfahrdiskussionen könnte man doch einfach so lange auf Eis legen, bis die „zeitgeistigen“ Fahrer mit ihren Rädern – und mit Nummernkennzeichen ausgerüstet – nicht mehr unerkannt abtauchen können. Sicherlich würden sich die Zahl der Ampelblinden und der rüde und beleidigende Rennradfahrer-Jargon schnell ändern. Ein Beispiel: Bei Motorrad- oder Motorrollerfahrern sind derlei Auswüchse in der Regel nicht üblich. Erst dann könnte über die nicht enden wollenden Forderungen der Fahrradfahrer diskutiert und verhandelt werden. Bisher wird so ganz nebenbei als Trittbrettfahrer bei den motorisierten Verkehrsteilnehmern partizipiert, und zwar steuerfrei. Zwischenzeitlich könnte man sich durchaus – genauso vehement – dem „Bildungszeitgeist“ an unseren Schulen und Kitas zuwenden. Ein Vergleich mit den Niederlanden oder anderen fahrradfahrenden Nationen ist übrigens obsolet; dort stimmt der „Zeitgeist“ nämlich – zumindest im öffentlichen Straßenverkehr.

Britta Fröhling

Esslingen

Viel schonender als
die Fleischproduktion

Zu „Burger für eingefleischte Vegetarier“ vom 24. August und der Aussage, Pflanzenfleisch sei nicht umweltschonend:

Sommerloch hin oder her: Auch in diesen Zeiten sollte eine Redaktion ausreichende Recherche betreiben, gerade wenn es um so wichtige, aktuelle Themen wie die (Welt-) Ernährung geht. In den USA, Brasilien und Kolumbien angebautes Soja ist genmanipuliert und nicht für den menschlichen Verzehr in Europa bestimmt, sondern vorwiegend für Viehfutter in den westlichen Ländern. Ein Fleischesser macht sich hierbei also doppelt schuldig. Soja für verzehrfertige Produkte, welche vegetarisch und vegan lebende Menschen konsumieren, wird in Frankreich, Deutschland und anderen europäischen Ländern angebaut – also sehr nah. Bei uns besteht nämlich Deklarierungspflicht für genveränderte Menschennahrung, und kein Öko-Konsument würde genveränderte Sojaprodukte aus Übersee essen. Außerdem: Alle Fertigprodukte haben gegenüber regionaler, frischer Kost eine schlechtere Umweltbilanz. Das liegt vor allem am anfallenden Verpackungsmüll und an den Transportkosten, und nicht nur daran, was in der Verpackung ist.

Die Herstellung von Fleisch jeglicher Art toppt den Wasserverbrauch aller pflanzlichen Produkte um Längen. Denn ein Tier muss trinken und braucht zusätzlich pflanzliche Nahrung, welche ebenfalls viel Wasser zum Wachstum benötigt. Und dann kommen noch Wasserverbrauch und Sprit beim Transport, bei der Schlachtung und Verarbeitung des Tieres sowie bei der Herstellung der Verpackung sowie beim Vertrieb des Produktes hinzu. Die Umweltbilanz für die Fleischproduktion ist also immer sehr viel schlechter als die der Herstellung von pflanzlicher Nahrung.

Dazu kommt: Die Zutatenliste etwa von Wurstprodukten ist schon jetzt immens lang. Geschmacksverstärker und andere „Chemie“ finden sich in Fertigprodukten jeglicher Art und sind kein Merkmal vegetarischer oder veganer Produkte. Es gibt mittlerweile übrigens viele Veggie-Burger, welche kein Soja enthalten. Sie lassen sich sogar sehr gut selbst herstellen. Es gibt also gar keinen allgemeinen „Pflanzenfleischburger“, deshalb sind solche Produkte auch nicht pauschal zu verurteilen.

Claudia Müller

Esslingen

Einem Funktionär war
es wieder langweilig

Zu „Walter löst Debatte um Videobeweis aus“ vom 26. August über harsche Kritik des VfB-Trainers an einem Schiedsrichtergespann:

Der DFB inklusive der Schiedsrichter sollte vom hohen Ross mal runterkommen und sich einer Eigenkritik unterziehen, also sich an die eigene Nase fassen. Was da die vergangenen Wochen auf den Bundesligaplätzen und im Kölner Videokeller entschieden wurde, geht auf keine Kuhhaut. Handspiele, die nicht mit Elfmeter geahndet werden – und immer wieder ist Bayern München der besonders begünstigte Verein. Die Hoeneß-Lobby scheint recht groß zu sein beim DFB. Auch beim Auswärtsspiel des VfB Stuttgart in Aue gab es Fehlentscheidungen. Vorab: Der VfB sollte nicht an nicht gegebenen Elfmetern herumnörgeln, sondern endlich mal überzeugende Leistung bringen – spielerisch und kämpferisch. Aber: Wenn überprüfte Fehlentscheidungen immer wieder auf der Tagesordnung stehen, muss die Emotion mal hochkochen. Die Wortwahl muss sich Tim Walter jedoch als Fehltritt vorwerfen lassen. Man sollte aber nicht nur die Worte des Trainers bewerten, sondern auch die emotionalen Umstände.

Mit der neuen Kartenregelung werden die Bundesligatrainer ein weiteres Mal gegängelt. Für eine solche Regeländerung gibt es keine Grundlage, da war es einem Funktionär wohl wieder zu langweilig. Wer solche Entscheidungen trifft, müsste erst mal ein Trainerpraktikum bei einem Bundesligaverein machen. Die Einschätzung für deren Arbeit wäre dann wohl eine andere.

Manfred Brenner

Plochingen

Ein großes
Ablenkungsmanöver

Zu „Koalition will Sparer schonen“ vom 23. August:

Die Ankündigung von Olaf Scholz und Markus Söder, ein Verbot für die Erhebung von Negativzinsen an Kleinsparer juristisch prüfen zu lassen, ist populistisch und ein großes Ablenkungsmanöver. Bei allen Fehlern, die man Banken vorwerfen kann, ist es geradezu grotesk, sie für Negativzinsen auf Einlagen verantwortlich machen zu wollen. Ursache für die aktuellen Überlegungen der Banken ist nicht Profitgier, sondern die unverantwortliche EZB-Politik. Warum versucht unsere Regierung nicht, auf die (theoretisch unabhängige) EZB im Interesse der deutschen Bürger Druck auszuüben? Seit Jahren löst das Verhalten der Europäischen Zentralbank eine massive und schleichende Enteignung der deutschen Sparer und Altersvorsorger aus. Hinzu kommt die massive Unterstützung maroder Staaten, deren Schrottanleihen angekauft werden. Dadurch werden dringend notwendige, aber unpopuläre Strukturreformen verhindert, und die Staatsverschuldungen steigen immer weiter. Als Konsequenz werden wir künftig einen erheblichen Teil der Schulden anderer Staaten zu tragen haben.

Will die deutsche Regierung überhaupt eine andere EZB-Politik? Es ist doch toll, wenn Milliarden Euro über die Ausgabe von Bundesanleihen zu Negativzinsen in den Staatshaushalt fließen. Warum hat sich Angela Merkel bei der Vergabe neuer Posten in der EU nicht massiv dafür eingesetzt, dass der Bundesbankpräsident an die Spitze der EZB kommt? Stattdessen ist es jetzt Christine Lagarde, die voraussichtlich Mario Draghi zu unserem Nachteil noch toppen wird. Der Grund kann nur sein, dass die deutsche Regierung dieses stillschweigend geduldete Verhalten der EZB ganz angenehm findet. Warum lassen wir Bürger uns das gefallen? Was wird zum Beispiel aus der privaten Altersvorsorge? Dazu werden wir permanent aufgefordert, gleichzeitig wird zugelassen, dass diese immer weniger wert wird. Wenn dann ein Friedrich Merz fordert, dass die Aktienanlage attraktiver gemacht wird, bekommt der ganze linke Mainstream Schnappatmung und verurteilt ihn als bösen Kapitalisten. Da unsere Politiker uns im Stich lassen, sehe ich nur eine Möglichkeit, uns zu schützen: Wir müssen uns wehren und friedlich auf die Straße gehen. Alles andere beeindruckt die Regierenden nicht.

Jürgen Hartlieb

Plochingen

Feuerwerke auf
Videowänden

Zum Thema Feuerwerk und Klimaschutz:

Immer häufiger wird der Ruf laut, künftig auf Feuerwerke völlig zu verzichten. Die Veranstalter sind selbstverständlich völlig dagegen. Wäre eine musikuntermalte Großdarstellung auf transportablen und leistungsstarken Videowänden eine Lösung für alle Betroffenen? Aufstellbar fast überall im Freien – und in den Innenstädten. Filme mehrerer vorangegangener Feuerwerke irgendwo auf der Welt bringen den vielen zahlenden Zuschauern im Dunkeln die Optik realistisch nahe. Die Musik dazu ist heute ebenfalls kein Problem mehr.

Bernd Pichlkostner

Reichenbach

Abwertend
und perfide

Zum Leserbrief „Die grünen Nestbeschmutzer“ vom 31. August:

Was der Autor in seinem Leserbrief zu Papier gebracht hat, sind keine markigen Worte, sondern schlicht und einfach Beleidigungen. Wer die Klimaschutzanstrengungen im eigenen Land kritisch hinterfragt, der wird einfach als „Nestbeschmutzer“ betitelt. Das ist nicht nur sprachliche Verrohung, es ist auch abwertend gemeint und damit perfide. Auch die Leserbriefseiten einer Tageszeitung sind kein rechtsfreier Raum. Das Amtsgericht Norden hat in einem anderen Fall dieser Tage gegen einen Leserbriefschreiber einen Strafbefehl über 1500 Euro wegen Beleidigung erlassen: wegen einer Formulierung, in der dasselbe Unwort vorkam.

In der Sache mag sich der genannte deutsche Beitrag von 2,3 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes vergleichsweise klein anhören. Wenn man aber weiß, dass in Deutschland nur knapp 1,1 Prozent der Weltbevölkerung leben, dann braucht man kein Mathematikgenie zu sein, um zu erkennen, dass unser durchschnittlicher Pro-Kopf-Ausstoß an CO2 gut doppelt so hoch ist wie derjenige der Weltbevölkerung. Würde die Welt in dieser Beziehung also unserem „Vorbild“ folgen, dann hätte sich das Klima nicht nur gewandelt, es wäre längst kollabiert. Dass die USA im Hinblick auf den CO2-Ausstoß ganz miserabel aussehen, ist kein Grund zur Selbstbeweihräucherung hierzulande. Bei der Betrachtung des durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoßes an CO2 schneidet ein Land wie China um etwa 30 Prozent besser ab als Deutschland, Indien sogar um rund 80 Prozent. Es gibt also auch für uns Deutsche noch Luft nach oben beziehungsweise in diesem Fall nach unten.

Roland Fink

Grünen-Gemeinderat

Baltmannsweiler

Den Lehrermangel
schnell beseitigen

Zu „Lehrermangel zu Schulbeginn“ vom 2. September:

Alle Jahre wieder: Probleme zu Schulbeginn. Lehrermangel, Unterrichtsausfall, marode Schulen, Digitalisierungswüste und so weiter. Und was tut Susanne Eisenmann? Die Kultusministerin zeigt mit dem Finger auf ihre Vorgänger (darunter nicht wenige aus der eigenen Partei). Ein allseits beliebtes Spiel: Das war ich nicht; ich bin nicht schuld. Ein gutes Beispiel für jahrzehntelange Untätigkeit: Seitdem die ersten Migrantenkinder Mitte der 60er-Jahre in die deutschen Schulen kamen, haben es die baden-württembergischen Schulen nicht geschafft, ihnen richtiges, gutes Deutsch beizubringen – eine Voraussetzung für Erfolg in jedem Schulfach. Deutsch als Zweitsprache müsste bei einem ständig anwachsenden Migrantenanteil Pflichtfach sein für Lehramtsstudenten. Seit 2016 können Studierende zum Beispiel an der PH Ludwigsburg freiwillig ein Studienprofil Deutsch als Zweitsprache erwerben. Die ersten Schüler könnten also in ein paar Jahren davon profitieren.

Deutschland, die viertstärkste Wirtschaftsnation, liegt noch immer unter dem OECD-Durchschnitt, was Bildungsgerechtigkeit angeht. Ein Grund dafür: Lehrermangel. Gleichzeitig werden Lehrkräfte mit Zeitverträgen – etwa „Quereinsteiger“ mit Universitätsabschlüssen – jedes Jahr zu den Sommerferien entlassen. Um dann mit einem neuen Zeitvertrag am Anfang des Schuljahrs wieder eingestellt zu werden – wenn sie Glück haben oder überhaupt noch verfügbar sind. In Esslingen ist davon zum Beispiel ausgerechnet eine äußerst erfolgreiche Lehrerin mit dem Abschluss Deutsch als Zweitsprache betroffen. Dieses Problem wäre schnell zu lösen – wenn man denn möchte. In Sachen Bildungs- und Personalplanung liegt Baden-Württemberg sehr weit unter einem seiner Wirtschaftskraft entsprechenden Niveau.

Barbara Frey

Esslingen

Den Sinn von Kreiseln
endlich erkennen

Zu „Bald wieder freie Fahrt in der Hirschlandstraße“ vom 29. August und „Diskussion um Kreisel am Hirschlandkopf“ vom 17. Juli:

Zunächst ein Lob: Die Holperstrecke Hirschlandstraße ist wenigstens zum Teil wieder befahrbar, ohne danach Bandscheiben und Fahrwerk sanieren zu müssen. Auch die lärmgeplagten Anwohner werden es danken. Leider haben es die Verkehrsplaner versäumt, im Zuge dieser Sanierung einige der unsinnigsten Ampelkreuzungen durch Kreisverkehre zu ersetzen. Mehrfach wurde auch in der EZ beklagt, dass die Ampeln an den beiden Kreuzungen Hirschlandstraße/Urbanstraße beziehungsweise Georg-Deuschle-Straße schlecht aufeinander abgestimmt sind. Zudem ist der Verkehr aus den beiden Zufahrtsstraßen eher gering. Jeweils ein einfacher Kreisverkehr (im Rest von Europa reichen in solchen Fällen ein ein bis zwei Meter großer roter Kreis in der Mitte sowie Schilder) würde die heutigen Wartezeiten an den Ampeln deutlich verringern – und somit auch unnötigen Schadstoff-Ausstoß.

Der lobenswerte Vorschlag der Einwohnerversammlung St. Bernhard-Kennenburg, am Hirschlandkopf einen Kreisel anstelle der Ampelanlage zu installieren, wurde von der Stadtverwaltung abgelehnt (die EZ berichtete). Argumente: zu unübersichtlich, zu wenig Platz, zu teuer. Eine nicht nachvollziehbare Ausrede. Eine bessere Stelle für einen zweispurigen Kreisel gibt es wohl nirgends. Auch der Busverkehr würde flüssiger laufen als mit einer Busspur, die von Fahrradfahrern genutzt werden darf.

Einen Vorteil haben Ampeln: Bei Rot kann man das Gehirn aus- und sein Smartphone einschalten. Beim Kreisel ist es umgekehrt. Überall in Europa werden Ampeln durch Kreisverkehre ersetzt, weil billiger im Unterhalt und besser für den Verkehrsfluss. Esslingen hat die höchste Ampeldichte Deutschlands und ist leider weiterhin der Landkreis in Europa, der stur und uneinsichtig Ampeln den Vorzug vor einem Kreisverkehr gibt.

Rainer Zottmaier

Esslingen

Vom Staat schmählich
im Stich gelassen

Zu „Streit um laute Flüchtlinge geht weiter“ vom 27. August:

Mittlerweile in Absurdistan angekommen, wundert mich nichts mehr. Da platziert das Esslinger Landratsamt illegal und mit Minimalabstand eine Flüchtlingsunterkunft vor die Nase eines benachbarten Grundstückseigentümers und hat noch die Dreistigkeit, gegen ein entsprechendes Gerichtsurteil vorzugehen. Wie bedrückend muss das Gefühl sein, von Staat/Kommune so schmählich im Stich gelassen zu werden? Den Betroffenen ist zu wünschen, dass sie dieses Szenario einigermaßen durchstehen. Oder ist alles ganz anders und das Verwaltungsgericht Stuttgart hat sich mit seiner Einschätzung getäuscht? Kaum denkbar.

Heinz Wächtler

Denkendorf

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