Michael Brecht ist beunruhigt über die industrielle Entwicklung Deutschlands. Foto: dpa/Benedikt Spether

Der Betriebsratschef von Daimler Truck blickt mit Sorge auf den Industriestandort Deutschland. Von der Politik fordert er einen Masterplan bei der E-Mobilität. Und von seinem Unternehmen große Investitionen.

Michael Brecht, der Betriebsratschef des Nutzfahrzeugherstellers Daimler Truck, sorgt sich um die industrielle Entwicklung Deutschlands. „Ich mache mir große Sorgen um den Industriestandort Deutschland“, sagte Brecht der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die Industriepolitik in Deutschland und Europa sei nicht ansatzweise mit China oder den USA vergleichbar. „Mit dieser Geschwindigkeit wird es einfach nicht funktionieren“, erklärte Brecht mit Blick auf die Transformation hin zur E-Mobilität. „Ich sehe schwarz, dass die passende Infrastruktur entsprechend nachgezogen wird.“

Alle redeten davon, dass es einen Masterplan braucht, aber bis heute werde immer nur über einzelne Initiativen diskutiert, anstatt eine große Gesamtstrategie zu entwerfen. „Wir sind hier viel zu kleinkariert unterwegs“, so Brecht. In den nächsten zwei bis drei Jahren seien hinsichtlich emissionsfreier Antriebe praktisch alle wesentlichen Entscheidungen notwendig. Sonst könnten Deutschland und Europa in zehn Jahren „industriell vielleicht sogar schwächer sein als vor der Transformation“.

Wenn Brecht sich Deutschlands Klimaziele bis 2030 ansehe, dann sei schon heute ein Plan nötig, wie viele Ladepunkte es wo braucht und was diese Ladepunkte leisten müssen. „Ich kann mir bis heute nicht vorstellen, wie das funktionieren kann.“ Das Verkehrsministerium müsse diese Hochrechnung machen und sagen, wie genau die Straßen in Deutschland elektrifiziert werden.

Energie ist bei der Herstellung von Batteriezellen zentral

Ein wesentliches Thema bei der Transformation werden Brecht zufolge die Batterien sein. „Deshalb brauchen wir in Deutschland eine eigene Batteriezellenproduktion“, forderte Brecht mit Blick auf Daimler Truck. Der Aufbau einer solchen Produktion sei elementar wichtig, um auch zukunftsfähige Arbeitsplätze anbieten zu können, wenn der Verbrennungsmotor nach und nach abgelöst wird.

Im Unternehmen werde darüber diskutiert, und das Management sei bereit, darüber nachzudenken. „Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen Nachdenken und Umsetzen.“ Hier werde sich in der Industrie „die Spreu vom Weizen trennen“ und zeigen, ob der Nutzfahrzeughersteller „den Mut hat zu springen“. Das erfordere enorm viel Geld. „Wir reden bei einer eigenen Batteriezellenproduktion mit fünfzehn Gigawattstunden von einer Investition zwischen 700 und 800 Millionen Euro“, so Brecht. Treffe man in Deutschland nicht bald eine Entscheidung, dann würden diese riesigen Investitionen woanders getätigt. „Dann machen wir hier noch 20 Jahre Verbrenner, aber dann sprechen wir von Deindustrialisierung.“

Energie sei bei der Herstellung von Batteriezellen zentral. „Wir brauchen in Deutschland wettbewerbsfähige Energiepreise“, so Brecht. Die Industrie brauche Planbarkeit und Verlässlichkeit. „Da muss der Staat eingreifen“, forderte Brecht. Der Strompreis werde zu einem entscheidenden Standortfaktor.