Am Tampa International Airport im US-Bundesstaat Florida sind die neuen CT-Scanner schon im Einsatz. Foto: imago/ZUMA Wire/Martha Asencio Rhine

Technik aus der Medizin macht’s möglich: Die Sicherheitskontrolle wird in Zukunft schneller und bequemer. Wir erklären, was sich ändert.

Wer dieses Jahr mit dem Flugzeug verreisen wollte, brauchte mitunter gute Nerven. Viele deutsche Airports waren vom Nach-Corona-Ansturm völlig überfordert, es gab zu wenig Personal am Check-in und an den Sicherheitskontrollen, stundenlanges Schlangestehen war die Folge. Wer seinen Flieger sicher erwischen wollte, musste bis zu drei Stunden vorher am Flughafen sein. Zumindest das Problem überlanger Wartezeiten an der Fluggastkontrolle könnte sich demnächst in Luft auflösen: An den beiden größten deutschen Flughäfen in München und Frankfurt am Main soll es ab 2023 bequemere und schnellere Kontrollen des Handgepäcks geben.

Computer-Tomografie wie in der Medizin

Dabei wird eine Technik eingesetzt, die man aus der Medizin kennt: Computer-Tomografie, kurz CT. Die neuen CT-Scanner können viel mehr als die alten Röntgengeräte. Sie kontrollieren jedes Handgepäckstück automatisch auf Fest- und Flüssigsprengstoffe. Dabei wird neben dem gewohnten zweidimensionalen Bild auch eine dreidimensionale Ansicht des Handgepäckstücks erzeugt, was den Luftsicherheitsassistenten die Bildauswertung erheblich erleichtert und die Trefferquote erhöht. Das 3D-Bild kann sogar um 360 Grad gedreht und von allen Seiten begutachtet werden.

Mehr Sicherheit, mehr Komfort, mehr Effizienz

Das Prozedere an der Sicherheitskontrolle dürfte durch CT-Scanner bald deutlich entspannter werden. Denn dank der neuen Technik müssen die Passagiere ihre elektrischen Geräte oder Flüssigkeiten nicht mehr umständlich herauskramen und einzeln vorzeigen. Die Sachen können einfach in den Kabinentrolleys, Rucksäcken oder Taschen bleiben. Es gibt allerdings auch einen kleinen Haken: beim Durchleuchten werden analoge Filme beschädigt.

Die neue Methode soll nicht nur besonders bequem sein, der ganze Vorgang wird auch beschleunigt – quasi auf Vollgastempo. Bei einem Pilotversuch am Münchner Flughafen konnten pro Kontrollspur 160 Prozent mehr Passagiere abgefertigt werden als an den konventionellen Anlagen.

Eine „neue Ära der Kontrolltechnik“

Der Flughafen in München investiert 45 Millionen Euro und schafft 60 neuartige Gepäckscanner an. Die Verträge mit mehreren Fachfirmen sind bereits abgeschlossen, im ersten Quartal 2023 geht’s los. Dann sollen die ersten drei Kontrollspuren im Terminal 1 in Betrieb gehen. Gleichzeitig wird Schritt für Schritt die zentrale Fluggastkontrollstelle im Terminal 2 auf die neue Technik umgerüstet. Der Airport München wird damit der erste Flughafen in Deutschland sein, der nahezu vollständig mit der neuen Sicherheitstechnik und den komfortablen Kontrollspuren ausgestattet ist. Das für den Münchner Flughafen zuständige Luftamt Südbayern spricht gar von einer „neuen Ära der Kontrolltechnik im Luftverkehr“. Der Frankfurter Betreiber Fraport wird ab Jahresbeginn immerhin sieben neue Geräte aufstellen.

Amsterdam gilt als Vorbild

Weltweit sind derzeit nur wenige Flughäfen auf dem neuesten Stand der Sicherheitstechnik. Amsterdam Schiphol hat bereits seit 2021 CT-Scanner im Einsatz und gilt als Vorbild in Europa. Nach eigenen Angaben ist Schiphol das erste große Drehkreuz, das komplett auf Computer-Tomografie umgestellt hat. In Irland verfügt der Flughafen Shannon bereits über CT-Scanner, Dublin Airport stellt gerade um. Der London City-Airport bekommt derzeit ein 12-Millionen-Pfund-Upgrade und wird ab April 2023 die Passagiere ausschließlich mit CT-Technik kontrollieren.

London-Heathrow hat mit der Erweiterung des Sicherheitsbereichs im Terminal 3 begonnen. Auch dort wird es bald CT-Scanner geben. Nach einem Bericht der BBC will die britische Regierung bis Mitte 2024 an allen Flughäfen im Königreich die neuen 3D-Scanner einführen. Ursprünglich war diese Umstellung für Dezember 2022 geplant, wegen der Pandemie wurde die Frist verschoben. Auch die US-Sicherheitsbehörde TSA setzt auf CT. Die Technik ist unter anderem bereits in Los Angeles oder Tampa im Einsatz.

Sind bald mehr Flüssigkeiten im Handgepäck erlaubt?

Da CT-Scanner Sprengstoffe automatisch erkennen werden wahrscheinlich demnächst auch die strengen Vorschriften in Bezug auf Flüssigkeiten wegfallen. Im Moment sind pro Passagier nur maximal 10 kleine Fläschchen à 100 Milliliter erlaubt, die Behälter müssen in einem wiederverschließbaren Plastikbeutel transportiert und vorgezeigt werden. Die Regel wurde 2006 zum Schutz der Fluggäste erlassen, sorgt aber nach wie vor für Verwirrung, daher werden an deutschen Flughäfen täglich tonnenweise Kosmetika und Getränke konfisziert. Viele Gäste würden sich über mehr Großzügigkeit freuen. Doch dazu müssen alle Flughäfen weltweit umgestellt haben – denn sonst bekommt man auf dem Rückflug oder beim Umsteigen Probleme.