Heinz Wolf mit dem Modell für das Projekt in Mönchfeld Foto: Lichtgut//Leif Piechowski

Die Caritasstiftung will beim Neckar und beim Max-Eyth-See nicht nur 64 Seniorenwohnungen bauen, sondern auch einen großen Kindergarten. Für den sammelt sie übers Internet eine Million Euro ein. Dafür verspricht sie Gegenleistung.

Stuttgart - Einen Kindergarten mit kleinen Geldbeträgen von Privatleuten bauen? Die Caritasstiftung Stuttgart (CSS) will genau dies tun, dafür eine Internetplattform nutzen und so am Ende eine Million Euro von den Gesamtkosten (2,9 Millionen Euro) für den Bau im Stadtteil Mönchfeld beschaffen. Crowdinvesting nennt sich das heutzutage. In dieser Woche geht die Werbung dafür in den sozialen Medien los. Den Anlegern, die noch im Juli zusagen, wird eine Verzinsung von 1,4 Prozent pro Jahr versprochen. Auf fünf Jahre ist die Sache angelegt.

Akute Geldnot der Caritasstiftung oder des Caritasverbandes steckt nicht dahinter. CSS-Vorstand Heinz Wolf könnte auch von anderer Seite die nötigen Mittel auftreiben. Er hat ständigen Kontakt mit Stiftern, auch mit anderen Stiftungen, die schon deshalb Geld bereitstellen würden, damit sie nicht bei Banken Negativzinsen fürs Verwahren bezahlen müssen. 1,4 Prozent oder – nach dem Juli – 1,2 Prozent Positivzins wären da ein weiterer Anreiz.

Die Menschen für die Mission gewinnen

Die CSS will beim Projekt in Mönchfeld einfach mal auch andere Menschen in ihre Mission einbeziehen, soziale Einrichtungen für Stuttgart bereitzustellen. Sie sollen Beträge ab etwa 1250 Euro zuschießen – und ihnen wird dafür eine sichere Rendite zugesagt, eine finanzielle und emotionale Rendite. Motto: „Warum sich am x-ten Büroturm in Frankfurt mit einem Renditeversprechen von 5 Prozent beteiligen, wenn man hier ohne Risiko 1,4 Prozent für eine sinnvolle Investition bekommt und sich das Gebäude anschauen kann, in dem Kinder in Stuttgart einen Freiraum erhalten?“ Der Spiel- und Lernbereich wird 685 Quadratmeter auf zwei Etagen groß sein. Dazu kommt ein 580 Quadratmeter großer Außenbereich mit diversen Spielplätzen.

Neben der finanziellen Beziehung zu den Geldgebern will Wolf auch eine ideelle Beziehung aufbauen. Und der ehrenamtliche Berater für den CSS-Geschäftsbereich Immobilien, Gordon Sommer, betrachtet das Ganze als eine Art Gegenbewegung zum überhitzten Grundstücks- und Wohnungsmarkt, der vielen Menschen Eurozeichen in den Augen aufblitzen lässt. Der Gegenentwurf könnte lauten: „Wir kümmern uns um soziale Verhältnisse am Wohnort und stecken Geld rein, ohne dass wir es verschenken müssen.“

Heinz Wolf will Welten verbinden

Wolf verbindet mit dem Projekt auch das Bemühen, die Kirchenwelt und die Stifterwelt in zeitgemäßer Form zusammenzubringen, auch online. Denn immer mehr Menschen erledigen ihre Bankgeschäfte und Geldanlagen ja so. In dem Fall hier bedient man sich der Internetplattform Xavin (www.xavin.eu/projects/kita-moenchfeld). Sie ist gerade dafür gedacht: Vereinen und Stiftungen für gemeinnützige Projekte das Crowdfunding zu ermöglichen.

Um den Kleinanlegern die Zinserträge bezahlen zu können, legt die Caritasstiftung pro Jahr 215 000 Euro zurück, davon 126 000 Euro aus Mietüberschüssen, gespeist aus Mietzahlungen der Stadt für die Kita. 89 000 Euro sollen aus Eigenkapitalrücklagen der CSS entnommen werden. Nach den fünf Jahren bleiben die Mietüberschüsse der Caritas als soziale Rendite für ihre diversen Aktivitäten.

Die Kirche hat ihr Gelände neu geordnet

Das Kindertagesstätten-Projekt ist Teil einer Neubebauung auf dem Gelände der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes Maria Vianney, wo vor Jahresfrist die Kirche abgerissen wurde und in neuer Form vom Stadtdekanat wieder gebaut werden soll. Das ist Teil der Bemühungen, die kirchlichen Liegenschaften wirtschaftlich und zeitgemäß zu ordnen und verfügbare Flächen der Allgemeinheit bereitzustellen, auch für Wohnungsbau.

So baut die CSS in Mönchfeld neben der Kita drei Wohnblöcke mit 64 Wohnungen für Senioren. Die späteren Bewohner können die Serviceleistungen der ambulanten Pflege in Anspruch nehmen. Notfalls gibt es in der Nachbarschaft auch noch das Pflegeheim St. Ulrich.

Auf die Wohnungen erstreckt sich das Crowdfundig nicht, auch nicht auf die 17 Sozialwohnungen unter den 64 Wohneinheiten. Noch nicht? Heinz Wolf und seinem Berater Gordon Sommer schwebt durchaus vor, dass das Vorgehen bei der Kita kein Einzelfall bleibt – und dass man die Menschen in Stuttgart auch noch in anderer Weise in die soziale Daseinsvorsorge am Heimatort einbindet. Sogar eine Umfrage können sie sich vorstellen, wo und was man bauen sollte.

Nach der Kindertagesstätte vielleicht Wohnraum für Flüchtlinge? Oder für Frauen? Oder für Menschen, die barrierefreie Wohnungen brauchen? Gerade bei Letzterem gebe es „Bedarf ohne Ende“, sagt Heinz Wolf. Nur an Grundstücken fehlt es in Stuttgart immer.