Das Haus auf der Waldau informiert Besucher mit einem Aushang an den Türen über Sicherheitsmaßnahmen wegen des Coronavirus. Foto: Leif Piechowski

Die Bewohner von Pflegeheimen gelten als besonders gefährdet durch das Coronavirus. Die Einrichtungen sind sensibilisiert, üben aber auch Kritik. Das Thema Schutzkleidung treibt viele um, aber auch die Frage, wie sie im Fall eines Ausbruchs die Bewohnerversorgung sicherstellen können.

Stuttgart - In den vergangenen Tagen sind bei stationären Pflegeeinrichtungen Blitzabfragen eingegangen: Bund und Land lassen den Bedarf an Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln in den Häusern ermitteln. „Eine zentrale Beschaffung wird vorbereitet“, sagt ein Sprecher des Baden-Württembergischen Sozialministeriums. Eine Nachricht, die bei Stuttgarter Pflegeheimträgern erleichtert aufgenommen werden dürfte. Bei einer dieser Blitzabfragen, die am Donnerstag die Krankenhausgesellschaft verschickt hat, sollte der wöchentliche Bedarf, unter anderem an Schutzmasken, angegeben werden.

Dieser ist auch unabhängig vom Coronavirus hoch. Ein großes Pflegeheim aus Stuttgart benötigt beispielsweise im Normalbetrieb alleine 210 Schutzkittel pro Woche – der aktuelle Bestand reicht dem Träger dieser Einrichtung zufolge noch bis zum 24. März. 25 000 Einmalhandschuhe würden verbraucht, hier sei die Lieferkette aber unproblematisch. Anders sieht das bei den Mund-Nasenschutz-Masken aus: Der Vorrat reiche nur noch bis zum 18. März. 128 Masken mit höherem Schutzfaktor hat dieses Heim zudem im Bestand, die bei einer Coronavirus-Infektion getragen werden könnten.

Pflegeheime können sich kurzfristig gegenseitig aushelfen

Hamsterkäufe haben dazu geführt, dass die Lieferanten den Bestellungen gerade nicht nachkommen können. „Wir sind angewiesen auf die Lieferfähigkeit der Hersteller, an der mangelt es, das ist ein flächendeckendes Problem“, sagt Ingrid Hastedt, die sowohl beim Trägerforum Altenhilfe Stuttgart als auch beim Wohlfahrtswerk Baden-Württemberg jeweils die Vorsitzende des Vorstands ist. „Wir brauchen die Schutzkleidung für den regulären Einrichtungsbetrieb“, betont sie. Die übrigen Viren und Keime seien schließlich nicht ausgestorben.

Allerdings dürfe man ein Pflegeheim nicht isoliert betrachten. Die Lagerbestände seien in den Häusern unterschiedlich. „Hat man mehrere Einrichtungen, dann kann man das steuern, aber das geht nur kurzfristig“, sagt Hastedt. Ein Pflegeheim des Wohlfahrtswerks zum Beispiel, das Anfang Februar zuletzt bestellt habe, habe ein volles Lager. Bei einem anderen stünden jetzt im März eigentlich Bestellungen an. Bei der Evangelischen Heimstiftung, einem Träger mit 145 Einrichtungen, befürchtet man aktuell „keine Engpässe“, wie eine Sprecherin sagt. „Wir haben viele Häuser“, die könnten sich gegebenenfalls gegenseitig aushelfen.

Schutzkleidung wird unabhängig von Corona benötigt

Besondere Bedarfe ließen sich über Häuser hinweg zunächst ausgleichen, sagt auch Florian Bommas, der Geschäftsführer der Diak Altenhilfe Stuttgart. Er sieht aber ein Problem: Schutzausrüstung werde im Pflegeheimalltag für Bewohner mit Infektionen wie dem Norovirus oder einem MRSA-Keim – dem sogenannten Krankenhauskeim – benötigt. „Diese Schutzausrüstung wird durch die Hamsterkäufe knapp und kann nicht oder nur unzureichend ersetzt werden“, stellt Bommas fest. Die Zimmer von MRSA-Patienten dürfen nur in Schutzkleidung betreten werden. Entsprechend schrumpften die Bestände, weil sie täglich benötigt werden, aber nicht wieder aufgefüllt werden könnten. Der französische Staat habe deshalb schon Masken und Mundschutz beschlagnahmt, so Bommas. Er hofft, dass auch in Deutschland Schritte unternommen werden, um die Versorgung zu gewährleisten.

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Bewohner von Pflegeheimen gelten als besonders gefährdet durch das Coronavirus. Bei alten Menschen und solchen mit Grunderkrankung ist die Gefahr erhöht, an der Krankheit Covid-19 zu sterben. Die meisten Pflegeeinrichtungen haben Informationen aufgehängt, um die Besucher zu sensibilisieren. Es gilt zu verhindern, dass Menschen, die aus Risikogebieten zurückkehren, Bewohner und Pflegekräfte anstecken. So hatte in einem Pflegeheim in Bad Rappenau (Kreis Heilbronn) einer der Pfleger das Virus weitergeben. Er hatte sich im Urlaub angesteckt. Das Heim steht unter Quarantäne.

Wie kann die Bewohnerversorgung sichergestellt werden?

Ingrid Hastedt vermisst klare Informationen von offizieller Seite, wie Pflegeheime die Bewohnerversorgung in Zeiten des Coronavirus sicherstellen können. Auch Mitarbeiter von Pflegeheimen waren in den Faschingsferien in Südtirol im Urlaub. Eigentlich müssten die Heime strenge Personalschlüsselvorgaben und Fachkraftquoten erfüllen. Offizielle Erfahrungswerte aus Bad Rappenau wären ebenfalls hilfreich. Die Vertreterin des Trägerforums Altenhilfe fordert zudem, dass Mitarbeiter aus Pflegeheimen bei den Tests auf das Coronavirus prioritär behandelt werden müssen – wie Pflegekräfte aus Kliniken, damit sie so kurz wie möglich ausfallen. „Das könnte dafür sorgen, dass man die Bewohnerversorgung aufrechterhält“, argumentiert sie.