Die meisten Menschen haben sich auch beim Spaziergang am Ostersonntag an die Regelungen gehalten. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das schöne Osterwetter hat die Menschen nach draußen gelockt – an den Max-Eyth-See oder an die Karlshöhe. An die Regeln zur Eindämmung der Pandemie haben sich die meisten gehalten.

Stuttgart - Eigentlich wäre alles perfekt: die Sonne strahlt vom Himmel, die Temperaturen sind mild, der Ausblick auf den Fernsehturm ist wie immer einer der schönsten der Stadt. Und doch ist es an diesem Ostersonntag auffallend still an der Karlshöhe. Im Biergarten Tschechen und Söhne gehen keine Bierkrüge und auch keine Pommes über die Ladentheke. Stattdessen sind die Rollläden herunter gelassen: Aufgrund der Corona-Pandemie bis auf Weiteres geschlossen.

Die Menschen sitzen allein oder zu zweit auf der Wiese und auf den Bänken. Mit ausreichend Abstand. Viele sind mit dem Fahrrad hochgestrampelt, das jetzt daneben im Gras liegt. „Oma!Hallo?“ ruft ein Mädchen in ein Mobiltelefon, das es mit beiden Händen festhalten muss. Die Geschwister tollen derweil drum herum. Seine Mutter stupst sie in die Seite: „Bedanke dich auch!“ Geschenke werden in diesem Jahr per Post geschickt, Besuche bei den Großeltern zur Sicherheit ausgesetzt. „Ich würde meine Enkel auch gerne mal wiedersehen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann in einem Interview mit dem Spiegel. „Aber ich kann nur um Geduld bitten. Wir sind auf einem guten Weg, aber jetzt müssen wir noch durchhalten.“

Durchhalten fällt an Ostern besonders schwer. Das wichtigste Fest der Christen muss ohne Gottesdienste auskommen, ohne Kurztrips ins nahe gelegene Ausland und ohne große Familienfeiern. Kontakte sollen auch über die Feiertage so gut es geht vermieden werden. Sitzgruppen, Bolzplätze und Spielplätze bleiben gesperrt. Zum Glück muss bei dem schönen Wetter aber keiner Zuhause sitzen: Spazieren gehen, Joggen oder Radfahren bleiben erlaubt.

Und genau das wird am Max-Eyth-See am Sonntagnachmittag auch ausgiebig getan. Auf den Rasenflächen am See liegen die Menschen auf ihren Picknickdecken, dazwischen schnattern die Gänse mit ihrem Nachwuchs vorbei. Die Abstände werden an den meisten Stellen eingehalten. Der Biergarten hat seine Sitzgelegenheiten mit Absperrband geschlossen. Auf einem Schild steht trotzdem: „Schön, dass du da bist“. Der Biergarten bietet sein Sortiment zum Mitnehmen an. Essen wird in Alufolie verpackt, es wird Eis verkauft und, ja, Bier der Marke Corona.

Spenden für Menschen, an die keiner denkt

Katja und ihre Familie haben sich selbst etwas mitgenommen. Sie sitzen auf einem Mäuerchen, unterhalten sich und schauen auf den See. Ihre Räder haben sie vor sich abgestellt. Normalerweise wird an Ostern ein großes Familienfest gefeiert. „Heute sind wir nur zu viert“, sagt Katja. Ostern zu Zeiten von Corona fühle sich anders an. „Aber auch schön. Irgendwie intensiver.“ So viel Zeit wie jetzt habe sie noch nie mit ihren beiden Kindern verbracht. Ben vermisse so langsam vor allem seine Freunde, mit denen er sonst jeden Tag das Klassenzimmer teilt. Am Anfang war die schulfreie Zeit noch ok, sagt seine Schwester Mia. Jetzt sehne sie sich nach dem gewohnten Alltag. Und außerdem steht sie durch Corona noch vor ganz anderen Herausforderungen: „Ich mache dieses Jahr Abi, deshalb ist das ziemlich blöd“, sagt sie.

Auch Tanja und Werner wären an diesem Ostersonntag eigentlich bei der Familie, bei Werners Bruder und seinem Patenkind im Allgäu. „Das ist schon schade“, sagt er. Stattdessen sind die beiden heute von Weil im Schönbuch nach Stuttgart gefahren. Am Marienplatz hängen sie Plastiktüten voll mit Kleidung an den Gabenzaun. „Jetzt beschenken wir heute einfach diejenigen, die es gerade besonders schwer haben und an die keiner denkt“, sagt Tanja. Auch bei einigen Freunden, die in der Stadt wohnen, fahren sie vorbei und stellen Osterhasen aus Schokolade vor die Tür. Es ist ein alternatives Osterprogramm, das die beiden trotzdem ganz zufrieden stimmt. „Ich genieße gerade auch die Ruhe, die Entschleunigung, die all das mitbringt“, sagt Tanja.