Vom Kleinen Schlossplatz bis zum Cannstatter Wasen liefen die Teilnehmer des Protestmarschs von Heinrich Fiechtner. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Die AfD darf demonstrieren, etwa 50 Menschen nehmen an Protestmarsch zum Cannstatter Wasen teil und der DGB stellt sich gegen rechts.

Stuttgart - Gut abgeschirmt von der Öffentlichkeit hat am Sonntag auf dem Schillerplatz die Demo der AfD gegen die Corona-Auflagen stattgefunden. In einem Eilentscheid hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim noch am Samstag das Recht auf diese Demonstration bestätigt – unter strengen Auflagen. Und an die maximale Teilnehmerzahl von 100 Leuten habe sich die AfD gehalten, so ein Sprecher der Polizei zu der Veranstaltung mit Alice Weidel. Unter anderem warf die AfD-Landesvorsitzende der Regierung vor, dass diese aus allen Kritikern jetzt Verschwörungstheoretiker mache.

Schon lange vor 14 Uhr hatten sich Gegendemonstranten vor allem aus dem linken Spektrum zusammengefunden. Sie versammelten sich lautstark etwa vor dem Café Planie oder am Alten Schloss. Corona-Schutzmaßnahmen wurden da allerdings kaum eingehalten, trotz entsprechender Aufforderung der Polizei. Mit starker Präsenz, auch mit Wasserwerfern, hatte sie den Schiller- und Karlsplatz weiträumig abgesperrt. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer bedankte sich: „Das war kein leichter Einsatz, wenn zum Schutz der Versammlungsfreiheit das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus ständiger Begleiter ist.“

DGB stellt sich gegen rechts

Einige Demos hatte es bereits am Samstag gegeben. Zur Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) etwa kamen rund 100 Menschen. Mit Regen-, aber auch mit Mund-und-Nasen-Schutz. Das Thema auf dem Karlsplatz: „Für mehr soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung“. Redner und Teilnehmer positionierten sich klar gegen rechts sowie gegen die Großdemos der vergangenen Wochen auf dem Wasen.

Zwar würden die Menschen aktuell Einschnitte in ihre Grundrechte erleben, doch die Unversehrtheit des Lebens sei eine wichtige Präambel, betonte Martin Kunzmann, der Landesbezirksvorsitzende des DGB. „Ich kann nur davor warnen, Bewegungen wie ‚Widerstand 2020‘ zu unterstützen.“ Rechtsnationale, Reichsbürger, Antisemiten sowie Verschwörungstheoretiker würden die Gunst der Stunde nutzen zur Propaganda. „Diejenigen, die zu den Demos gehen, nehmen wissend in Kauf, dass sie mit den Rechten demonstrieren. Damit machen sie sich zu Steigbügelhaltern für die Feinde der Demokratie.“ Nicht etwa der Mundschutz oder die Einschränkung von Freiheitsrechten sei die schlimmste Folge des Virus, sondern die „jahrelangen Versäumnisse im Gesundheitswesen“, so Kunzmann. „Unser Grundgesetz verpflichtet uns zum sozialstaatlichen Handeln.“

Grundgesetz werde zur Spaltung genutzt

Weit war der Weg, den der parteilose Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner den Samstagsdemonstrierenden gegen die Corona-Schutzmaßnahmen auferlegt hatte: Vom Kleinen Schlossplatz ging es über den Rotebühlplatz und quer durch Stuttgart-Ost zum Cannstatter Wasen.

Wohl auch deshalb waren gerade mal um die 50 Leute zum Auftakt dabei. Keine Spur also von den Tausenden der vergangenen Samstage. Dass sich Fiechtner, der früher einmal der AfD angehört hatte, mit der Kundgebung in die Nachfolge des Initiators der Großdemonstrationen, Michael Ballweg, stellte, war von diesem im Übrigen entschieden zurückgewiesen worden. Organisator Ballweg hat sich inzwischen zurückgezogen. Ähnlich wie dieser nannte der nunmehr parteilose Landtagsabgeordnete Fiechtner die Veranstaltung ein „Fest für die Freiheit und das Grundgesetz“. Gerne würde er in diesen „überparteilichen Rahmen“ auch Linke oder Grüne einladen, sagte er, oder seinen Organisationsvorgänger Ballweg.

Parteipolitik war dann doch ein wichtiger Tagespunkt nach einer plötzlichen Vermehrung der Demonstrierenden. Gut 100 Leute sind in Gewohnheit der letzten Samstage auf den Wasen gegangen. Dort auf der Leerfläche gegenüber der Schleyerhalle kamen die Gruppen zusammen, behütet von einem fast so großen Polizeiaufgebot. Hier sprachen die AfD-Landtagsabgeordneten Christina Baum und Hans-Peter Stauch. Die Samstagsdemos sollen weitergehen – mit Fiechtner und dem langen Marsch zum Wasen.