Die Luftfilter in Klassenzimmern sollen dieses Jahr möglichst aus bleiben – um Energie zu sparen. Foto: dpa/Sven Hoppe

Als hätte es Corona nie gegeben, sollen Schulen nun ihre Luftfilter ausschalten, um Energie zu sparen. Und Gemeinderäte tagen wieder in engen Räumen. Ist das sinnvoll?

Die erste Sitzung war schlimm, berichtet Silvia Stier. Die Kornwestheimer Stadträtin musste nach der Sommerpause zum ersten Mal wieder im Sitzungssaal des Rathauses platznehmen, nachdem das Gremium lange Zeit pandemiebedingt im weiträumigen K getagt hatte. Nicht nur sie musste an diesem Tag feststellen, wie eng man doch früher aneinander saß. Von verschiedenen Seiten des großen Tisches hörte man, wie sich die Räte eingequetscht fühlten und kaum mehr Platz für ihre Unterlagen hatten. „Früher war das kein Problem, aber jetzt denkt man: Ein bisschen Abstand wäre schon nicht schlecht“, sagt Silvia Stier (CDU).

An solchen Tagen könnte man das Gefühl bekommen, Corona habe nie existiert. Zurzeit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei mehr als 200 – zu Beginn der Pandemie wäre das noch katastrophal gewesen. Doch mittlerweile scheint der Wert harmlos. Vielleicht weil die meisten geimpft sind und Omikron als mildere Variante gilt. Baden-Württemberg streicht nun sogar die Isolationspflicht für Infizierte. Gemeinderäte tummeln sich in engen Räumen, als gebe es keine Ansteckungsgefahr. Und Schulen sollen ihre Luftfilter nicht mehr einsetzen – um Energie zu sparen. Ist Corona damit nun offiziell abgehakt? Oder musste das Virus einfach der nächsten Krise, den steigenden Energiepreisen, weichen?

Kornwestheim tagt klein, Ludwigsburg groß

In Kornwestheim spiele die Energiekrise keine Rolle bei der Entscheidung, wo der Gemeinderat tagt. Das teilt Sina Schüssler, Leiterin der Stabsstelle Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit, mit. Das K sei von vornerein eine Zwischenlösung gewesen und da sich die Stadt an keine Hygienemaßnahmen aus Pandemiezeiten mehr halten müsse, sei der Rückzug ins Rathaus gar keine Frage gewesen. „Die Stadtverwaltung achtet bei den Sitzungen trotzdem darauf, dass vor und währenddessen ausreichend gelüftet wird“, so Schüssler.

In Beilstein dagegen sind die hohen Heizkosten ein Grund dafür, warum die Gemeinderäte nun schon in den dritten Raum seit der Pandemie umziehen müssen. Früher waren Sitzungen im Rathaus, dann in der Stadthalle. Nun ziehen die Räte ins Feuerwehrhaus. Beilsteins Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld begründet das so: Die Stadthalle ist ein großer Raum, der im Winter extra beheizt werden müsste und das Feuerwehrhaus habe sowieso eine „gewisse Grundtemperatur“. Stadtrat Oliver Kämpf (Bürgerliste) versteht aber nicht so genau, warum man nicht zurück ins Ratszimmer geht – dort müsste es doch auch die erforderliche „Grundtemperatur“ haben. Und von der Größe her schenken sich Feuerwehrhaus und Ratszimmer laut Kämpf nicht viel. Die Stadt äußert sich zu dieser Frage nicht.

Eine ganz andere Richtung schlägt die Stadt Ludwigsburg ein. Dort tagt der Gemeinderat weiterhin im Kulturzentrum. Der Grund ist laut dem städtischen Sprecher Peter Spear der, der in Kornwestheim gar nicht mehr relevant ist: Abstand. Sollten sich die Coronazahlen verschlechtern, will der Gemeinderat sogar ins Forum umziehen, um einen noch größeren Raum zu haben. Das Forum ist dafür sogar schon reserviert.

Schulen wägen zwischen Schutz und Sparen ab

Zwischen den Themen Corona und Energiekrise stehen auch die Schulen. Das Umweltbundesamt (UBA) hat schon im Spätsommer dazu aufgerufen, dass Luftfilter in diesem Jahr „nur in hygienisch notwendigen Situationen“ eingesetzt werden sollen. Denn sie verbrauchen viel Energie. Im vergangenen Jahr waren sie noch die große Hoffnung, die vor Infektionen schützen sollte. Die Stadt Marbach hat an ihre Schulen die gleiche Empfehlung ausgesprochen wie das UBA. Volker Müller, Rektor am Friedrich-Schiller-Gymnasium, will sich daran halten. „Allerdings müssen wir schauen, wie sich die Inzidenzen entwickeln und ob der Infektionsschutz nicht doch im Verlauf des Winters wieder eine übergeordnete Rolle einnehmen muss“, sagt er. Die Filter stehen bereit.

In Ludwigsburg setzt Mathias Hilbert, Rektor des Otto-Hahn-Gymnasiums, schon jetzt den Infektionsschutz übers Energiesparen. Die sechs Luftfilter der Schule werden in den Klassenzimmern eingesetzt, in denen schwangere Kolleginnen unterrichten. „Wir sind natürlich auch dafür, Energie zu sparen“, sagt Hilbert. So sei zum Beispiel die Temperatur im Gymnasium abgesenkt. „Aber der Gesundheitsschutz von Schwangeren ist mir wichtiger als irgendwelche Energiezahlen“, so der Schulleiter.

An der Theodor-Heuss-Realschule in Kornwestheim macht man sich keine Gedanken über Luftfilter, so Rektor Boris Rupnow. Es gibt dort sowieso nur in einem Raum ein solches Gerät. Die Fenster möchte er im Winter weiterhin regelmäßig aufmachen und zwar dann, wenn die CO2-Ampel es ansagt. Eventuell höhere Energiepreise nimmt er dafür in Kauf: „Wir brauchen die frische Luft, die Kinder müssen lernfähig bleiben.“

Umweltbundesamt gibt Energiespar-Tipps

Wo klemmt es?
Nicht nur Luftfilter in Schulen sollen zum Energiesparen möglichst wenig im Einsatz sein. Das Umweltbundesamt (UBA) rät, mit einem Energiekostenmessgerät zu überprüfen, welche Gerät im Haushalt am meisten Strom verbrauchen – und diesen dann zu reduzieren.

Steckdosen leeren
Ladegeräte für Handys oder Laptops sollten nach dem Gebrauch von der Steckdose entfernt werden. Im Leerlauf verbrauchen vier Netzteile mit insgesamt 20 Watt laut UBA 175 Kilowattstunden im Jahr. Das kann man sich sparen.

Richtig lüften
Fenster dürfen im Winter aufgemacht werden. Das UBA empfiehlt, mehrmals für einige Minuten kräftig – am besten mit Durchzug – zu lüften und die Heizung währenddessen runterzudrehen.