Der russische Corona-Impfstoff Sputnik V wird voraussichtlich auch in Italien produziert. (Archivbild) Foto: AFP/ZOLTAN BALOGH

Vermutlich als erstes Land der EU wird Italien den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V produzieren. Von Juli bis Januar kommenden Jahres sollten zehn Millionen Impfstoff-Dosen produziert werden.

Rom - Italien wird voraussichtlich als erstes EU-Land den russischen Corona-Impfstoff Sputnik V produzieren. Das italienisch-schweizerische Pharma-Unternehmen Adienne werde das Vakzin ab Juli in der Lombardei herstellen, teilte der Sprecher der italienisch-russischen Handelskammer, Stefano Maggi, am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP mit. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hatte am Donnerstag ein Prüfverfahren zur EU-weiten Zulassung des russischen Impfstoffs gestartet.

Von Juli bis Januar kommenden Jahres sollten zehn Millionen Impfstoff-Dosen in dem Werk in Caponago bei Monza produziert werden, führte Maggi aus. Sollte Sputnik V in der EU zum Juli noch nicht zugelassen sein, werde der russische Staat die Dosen aufkaufen und an Länder verteilen, in denen das Vakzin verimpft werden kann.

Das italienische Gesundheitsministerium wollte sich auf Anfrage zunächst nicht zu der Vereinbarung äußern. Bei Adienne war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

Russland hatte in den vergangenen Wochen auf eine rasche Prüfung für eine Sputnik-V-Zulassung in der EU gedrungen. Die EU war aber zunächst zurückhaltend. Am Donnerstag leitete die EMA aber eine sogenannte Rolling Review zur Prüfung einer Zulassung von Sputnik V ein. Als Reaktion hatte Russland die Belieferung der EU mit 50 Millionen Impfdosen ab Juni in Aussicht gestellt.

Russland hatte seinen Corona-Impfstoff im Sommer vergangenen Jahres zugelassen

Bei einer Rolling Review werden erste Ergebnisse wissenschaftlicher und klinischer Tests nach und nach analysiert, bevor alle für eine Zulassung nötigen Daten vorliegen. Bei den bisher von der EMA zugelassenen Corona-Impfstoffen von Biontech/Pfizer, Moderna und Astrazeneca hatte das Verfahren zwischen mehreren Wochen und drei Monaten gedauert. 

Über eine Zulassung des Vakzins des US-Konzerns Johnson & Johnson will die EMA am Donnerstag entscheiden. Außerdem laufen Rolling Reviews der EU-Behörde für die Corona-Impfstoffe von Curevac und Novavax.

Russland hatte seinen Corona-Impfstoff im Sommer vergangenen Jahres zugelassen - noch bevor die klinischen Studien abgeschlossen waren. Dies hatte mit Blick auf die Wirksamkeit des Vakzins international Skepsis ausgelöst. Mittlerweile ist das Vakzin in 46 Ländern zugelassen. Laut einer im Fachblatt „The Lancet“ veröffentlichten Studie hat Sputnik V eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent gegen Corona-Infektionen mit Symptomen. 

In Ungarn hat Sputnik bereits eine nationale Zulassung erhalten

Wegen Lieferverzögerungen bei den drei in der EU zugelassenen Vakzinen wuchs in Deutschland und anderen EU-Ländern in letzter Zeit das Interesse an dem russischen Vektorviren-Impfstoff, der vom russischen Gamaleja-Zentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie entwickelt wurde. Russland hatte auch mit Deutschland Gespräche über eine mögliche Produktion von Sputnik V geführt.

Der an der Finanzierung der Impfstoff-Entwicklung beteiligte Russische Direktinvestmentfonds (RDIF) warf der EMA am Dienstag vor, die Zulassungsprüfung für Sputnik V monatelang verschleppt zu haben. Verärgerung lösten auch negative Äußerungen der EMA-Verwaltungsratsvorsitzenden Christa Wirthumer-Hoche aus. Diese hatte die vorzeitige Nutzung des russischen Vakzins vor einer EU-weiten Zulassung als „russisches Roulette“ bezeichnet.

Die Entwickler von Sputnik V forderten daher am Dienstag „eine öffentliche Entschuldigung“ von Wirthumer-Hoche. „Ihre Bemerkungen werfen ernsthafte Fragen zu einer möglichen politischen Einmischung in die laufenden EMA-Untersuchungen auf“, schrieben die russischen Forscher.

In Ungarn hat Sputnik bereits eine nationale Zulassung erhalten. Weitere EU-Staaten, darunter Tschechien und die Slowakei, wollen dem Beispiel folgen.