Spätestens in den Klassenzimmern wird kein Abstand mehr gehalten. Wer sich große Sorgen um die Gesundheit der Kinder und der eigenen Familie macht, der hat in Baden-Württemberg eine besondere Möglichkeit. Foto: dpa/Jens Büttner

Auch wenn es die Leitung einer Schule zuerst anders gesehen hat, besteht die Möglichkeit einer formlosen Abmeldung vom Präsenzunterricht weiterhin. Das Kultusministerium sieht derzeit keine Notwendigkeit an der gängigen Praxis etwas zu ändern. Es gibt aber eine wichtige Einschränkung.

Stuttgart - Wann machen die Schulen zu? Die nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina fordert, die Schulpflicht auszusetzen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kann sich eventuell vorstellen, die Präsenzpflicht aufzuheben. Immer mehr Eltern machen sich Sorgen aufgrund der steigenden Infektionszahlen. In einer Klasse im Landkreis Esslingen sind innerhalb weniger Tage zwei Kinder positiv auf Corona getestet worden, weitere Kinder sind krank. Also wenden sich die Eltern an die Schulleitung und erklären, dass sie ihr Kind formlos vom Präsenzunterricht abmelden wollen. Eben diese Möglichkeit hatte das Kultusministerium für das Schuljahr 2020/2021 zugelassen. Doch in der Schule im Landkreis Esslingen stößt dieses Anliegen auf Ablehnung. Dem stehe die Schulpflicht entgegen, heißt es dort lapidar.

Wichtig: Teilnahme am Fernunterricht ist Bedingung

Doch wie ist eigentlich gerade der aktuelle Sachstand? „Eine formlose Abmeldung ist weiterhin möglich. Eltern, die nicht wollen, dass ihr Kind am Präsenzunterricht teilnimmt, können dies der Schule formlos anzeigen“, erklärt Christine Sattler, Sprecherin des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport. Bei volljährigen Schülerinnen und Schülern erfolge die Anzeige durch diese selbst. Es gibt allerdings eine wichtige Einschränkung: „Die Schülerinnen und Schüler müssen dann am Fernunterricht teilnehmen“, ergänzt Sattler. Eltern könnten ihr Kind natürlich ebenfalls aufgrund einer relevanten Vorerkrankung unbürokratisch von der Teilnahme am Unterricht entschuldigen, diese Regelung diene dazu, Risikogruppen auch bei den Eltern, zu schützen. Diese Regelung gelte dann aber nicht für einzelne Fächer, sondern für den Präsenzunterricht generell, ergänzt die Sprechein des Ministeriums.

Ministerium: Eltern entscheiden mit Augenmaß

Erst unlängst hatte Ralf Scholl, Chef des Philologenverbands, auch eine Attestpflicht für Schüler gefordert, die während der Corona-Krise nicht die Schule besuchen wollen. Schließlich, so Scholl, spiele damit Baden-Württemberg in Deutschland eine Sonderrolle. Doch das Kultusministerium will an der bisherigen Praxis festhalten. „Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die aktuell nicht im Präsenzunterricht ist, ist konstant geblieben, sodass diese Entscheidung weiterhin gerechtfertigt ist“, sagt Sattler. Es zeige sich, dass Eltern mit dieser Möglichkeit sorgfältig und mit Augenmaß umgehen. Die Sprecherin des Kultusministeriums verweist auf eine aktuellen Umfrage an den Schulen mit Stichtag 21. Oktober. Damals nahmen rund ein Prozent der Schülerinnen und Schüler nicht dauerhaft am Präsenzunterricht teil. Im Vergleich zur vorherigen Abfrage im Juli habe sich nicht wesentlich etwas geändert, ergänzt Sattler.

Auch die Leitung der Schule im Landkreis Esslingen hat mittlerweile eingeräumt, dass es diese formlose Befreiung vom Präsenzunterricht gibt.