Frankreichs Präsident Macron fordert seine Landsleute eindringlich dazu auf, sich impfen zu lassen. Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Die Impfanmeldungen in Frankreich schießen in die Höhe. Hintergrund ist die Ankündigung von Präsident Macron, strengere Corona-Regeln einzuführen.

Paris -

Für Emmanuel Macron ist die Corona-Impfung ein patriotischer Akt. Sie sei nicht nur eine soziale Verantwortung gegenüber den Mitmenschen, unterstreicht der französische Präsident, auch die Wirtschaft könnte nur in Schwung kommen, wenn die drohende vierte Welle durch die Delta-Variante rechtzeitig gebrochen werde. „Lassen Sie sich impfen“, forderte Macron seine Landleute in einer Fernsehansprache am Montagabend immer wieder auf. Nur so könne ein erneuter Lockdown verhindert werden.

Es herrscht noch viel Erklärbedarf

Am Morgen nach der Rede schickte der Präsident seine Minister in die Nachrichtensendungen, wo sie die angekündigten Maßnahmen erklären und verteidigen mussten. Auf Kritik stößt in Frankreich weniger die angekündigte Impfpflicht für das Pflegepersonal. Diskutiert wird vor allem, dass in Zukunft für Restaurant- und Konzertbesuche oder auch Zugfahrten eine vollständige Impfung nachgewiesen werden muss. Alternativ können negative PCR-Tests vorgelegt werden, die allerdings bald nicht mehr gratis sein werden. „Die Gratis-Tests kosten das Gesundheitssystem jede Woche viele Millionen Euro“, erklärt dazu Finanzminister Bruno Le Maire im Sender „France Info“, dieses Geld könne an anderer Stelle besser eingesetzt werden.

Sehr viele Anmeldung zur Impfung

Die Reaktion auf diese Ankündigung ließ nicht lange auf sich warten. Auf der Internetseite Doctolib explodierten noch am Abend der Macron-Rede die Zahlen für die Impfanmeldungen. Pro Minute seien 20 000 Terminanfragen registriert worden, schrieben die Macher der Seite auf Twitter, und mussten eingestehen, dass die Seite angesichts dieses unerwarteten Ansturms in die Knie gegangen sei. Emmanuel Macron hatte den von ihm erhofften Effekt offensichtlich schneller erreicht als erwartet.

Natürlich melden sich auch die Kritiker lautstark zu Wort. Die Regierung wolle die allgemeine Impfpflicht für alle Franzosen durch die Hintertür einführen, so ihr Einwand. Die Klagen gegen diese Maßnahmen seien bereits auf den Weg gebracht.

Emmanuel Macron als Wahlkämpfer

Sehr zum Leidwesen des Präsidenten dominierte die Pandemie abermals die Vorbereitungen auf den Nationalfeiertag am 14. Juli. Er hatte gehofft, den Franzosen an diesem zentralen Tag neue Erleichterungen verkünden zu können und so seinen Ruf als erfolgreicher Kämpfer gegen das Virus zu festigen. Die lahmenden Umfragewerte Macrons hatten sich zuletzt deutlich erholt und der Start in den Schlussspurt zur Präsidentenwahl im kommenden Jahr schien unter guten Vorzeichen zu stehen. Zumal seine größte Konkurrentin Marine Le Pen, Chefin des rechtsradikalen Partei Rassemblement National, in der eigenen Partei schwer unter Beschuss geraten ist. Das schlechte Abschneiden bei den Regionalwahlen lässt deren Mitglieder inzwischen am eher moderaten Kurs der Parteivorsitzenden zweifeln.

Macron gibt ein Reform-Versprechen

Ähnlich wie Marine Le Pen buhlt auch Emmanuel Macron um die konservative Wählerschaft in Frankreich. Aus diesem Grund wollte er am Montagabend zur besten Sendezeit dem Kampf gegen das Virus nicht die gesamte politische Bühne widmen und unterstrich in seiner Ansprache seinen Willen zum notwendigen Umbau des Staates. Sein Ruf als mutiger Reformer hatte vor allem angesichts der sozialen Proteste der Gelbwesten schwer gelitten. Um das Land fit für die Zukunft zu machen, will der Staatschef weiter sein zentrales Versprechen umsetzen und das Rentensystem umbauen. Es sei hart, sagte Macron, aber die Menschen müssten in Zukunft länger arbeiten und später in Rente gehen, wolle man das System überlebensfähig machen.

Allerdings ließ sich der Präsident eine ziemlich offensichtliche Hintertür. „Ich werde diese Reform nicht einleiten, bis die Epidemie unter Kontrolle und die wirtschaftliche Erholung gesichert ist“, verkündete er. Angesichts der steigenden Infektionszahlen und des anhebenden Wahlkampfes ist es also sehr unwahrscheinlich, dass das Projekt vor der Wahl im kommenden Frühjahr noch in Angriff genommen wird. Was bleibt, ist allenfalls ein Versprechen an seine potenziellen konservativen Wähler.