Ein Esslinger Verein klärt über Patientenverfügungen in Zeiten von Corona auf. (Symbolfoto) Foto: Pixabay

Weil sie bemerkt haben, dass viele Inhaber von Patientenverfügung im Angesicht der Corona-Pandemie besorgt sind, reagiert die „Esslinger Initiative vorsorgen – selbst bestimmen“.

Esslingen - Wer in seiner Patientenverfügung bestimmt hat, dass er nicht künstlich beatmet werden möchte, braucht sich keine Sorgen zu machen, dass er deshalb im Falle einer Covid-19-Infektion bei knapper werdenden Beatmungsplätzen nachrangig behandelt wird. Das sagt die „Esslinger Initiative vorsorgen – selbst bestimmen“ mit Blick auf die Corona-Krise.

Der Esslinger Verein bietet in Esslingen und den umliegenden Kreisen vorsorgende Papiere – Patientenverfügung und Vollmachten – an. Individuelle Beratungen zur Ausfertigung solcher Papiere gibt es derzeit jedoch nicht. „Viele Menschen, die in den vergangenen Jahren eine Patientenverfügung gemacht haben, fragen sich vor dem Hintergrund der aktuellen, bedrohlichen Corona-Situation, ob sie mit der Verfügung auch für eine solche Situation richtig vorgesorgt haben“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Der Vorstand möchte die Inhaber solcher Vorsorgepapiere beruhigen: „Maßgeblich für eine Beatmungsbehandlung sind die zu erwartenden Heilungschancen.“ Daher werde jemand mit einer Patientenverfügung, die eine Beatmung in bestimmten Fällen untersagt, bei gleichen Überlebenschancen genauso beatmet wie ein Mensch ohne eine solche Verfügung. Der Verein erklärt: „Im einleitenden Teil der Patientenverfügung ist detailliert beschrieben, unter welchen konkreten Voraussetzungen man eine bestimmte Behandlungen nicht will. Nur wenn diese gegeben sind, würde auf eine künstliche Beatmung verzichtet.“

Insgesamt gelte immer, dass die Patientenverfügung nur dann zum Tragen komme, wenn ein Patient seine „Urteils- und Entscheidungsfähigkeit aller Wahrscheinlichkeit nach auf Dauer verloren hat“. Solange sich jemand noch selbst äußern kann, gilt das gesprochene Wort, nicht die Patientenverfügung. Und selbst, wenn der Patient nicht mehr sagen kann, was er möchte, werde in der Regel ein Bevollmächtigter in die Entscheidung einbezogen. „Die bevollmächtigte Person hätte dann einer eventuell vorliegenden Patientenverfügung zu folgen“, heißt es weiter. Das gelinge besser, wenn der Bevollmächtigte durch regelmäßigen Kontakt und Gespräche gut über den Willen des Patienten informiert ist. So könne dessen Wünschen und Verfügungen entsprochen werden. „Man muss sich also keine Sorgen machen, dass eine früher erstellte Patientenverfügung in der schwierigen Situation einer Pandemie automatisch unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht“, betont der Verein.

Mit den Angehörigen reden

„Menschen die eine Patientenverfügung haben, sollten ihre Willensbekundungen angesichts der Coronavirus-Pandemie auf Konsequenzen hinsichtlich künstlicher Beatmung und intensivmedizinscher Behandlung überprüfen“, rät der Esslinger Bundestagsabgeordnete Markus Grübel, der vor seiner Abgeordnetentätigkeit als Notar gearbeitet hat. „Eine Patientenverfügung kann jederzeit verändert werden, sie muss auch nicht notariell beurkundet werden.“ Das gelte auch für den Fall einer Corona-Erkrankung. Viele Menschen hätten derzeit die Sorge, sie könnten wegen einer Verfügung benachteiligt werden, wenn auf Intensivstationen die Betten knapp würden. Andererseits hätten manche Menschen, die in Pflegeheimen leben derzeit Bedenken, ob sie bei einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ins Krankenhaus verlegt werden wollen, wo die Gefahr einer Corona-Infizierung vielleicht größer ist. „Wer angesichts der jetzigen Epidemie derartige Bedenken bekommt, kann selbst einen Zusatz hinzufügen, dass beispielsweise im Fall einer Corona-Erkrankung die Patientenverfügung keine Anwendung findet, sondern dass alle intensivmedizinischen Maßnahmen durchgeführt werden sollen“, erklärt Grübel. Außerdem sollte man dringend mit seinen Angehörigen, unabhängig davon, ob es auch eine Vorsorgevollmacht gibt, über die besondere Situation sprechen, damit diese im Ernstfall wissen, was der Patientenwille ist. Auch in der aktuellen Krise stünden Notare für die Beurkundung von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen zur Verfügung. „Grundsätzlich rate ich, im Zusammenhang mit einer General- und Vorsorgevollmacht auch über eine Patientenverfügung nachzudenken, damit alle wichtigen Entscheidungsbereiche des Lebens im Notfall abgedeckt sind.“

Kontakt zu der Esslinger Initiative gibt es unter www.esslingen-initiative.de, per E-Mail an beratung@esslinger-initiative.de oder Telefon 07 11/12 56  44 62.