Am Samstag sprach Thomas Berthold bei der Querdenker-Demo in Stuttgart. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Der eine erntet Applaus, der andere wird streckenweise ausgebuht: Zwei sehr konträre Beiträge bekannter Persönlichkeiten sind am Samstag auf der Corona-Demo in Stuttgart zu hören.

Stuttgart - Das sogenannte Fest der Freiheit der „Querdenker“ im Stuttgarter Schlossgarten ist an diesem Samstag ein Fest der großen Namen gewesen. Erst hat der Initiator der Bewegung, die durch die Corona-Schutzmaßnahmen ihre Freiheitsrechte bedroht sieht, den US-Präsidenten Donald Trump zur nächsten Großdemo in Berlin eingeladen. Dann sprachen noch zwei deutsche Promis auf der Bühne vor dem Publikum, dass immer wieder zu enthusiastischen Sprechchören „Frieden – Freiheit“ anhob, dirigiert von der Bühne aus.

Thomas Berthold, der ehemalige VfB-Profi und Fußball-Nationalspieler, hatte in mehrfacher Hinsicht ein Heimspiel. Nicht nur wurde er lokalpatriotisch und Fußball-fanatisch bejubelt. Auch seine Inhalte fanden Zustimmung. „Vertrauen in die politische Führung ist bei mir unter Null“, so der Fußballer. Und: „Ich sehe da überhaupt niemanden, den wir wählen können“, sagte der Fußballweltmeister von 1990. Die Menge jubelte ihm zu im Unteren Schlossgarten.

Er berichtete von einer Infektion, die er 1988 überstanden habe. Weil er „angstfrei“ war. „Wir müssen wieder dazu kommen, angstfrei zu leben“, rief er den Zuhörenden zu. Auch dass jeder selbst entscheiden solle, ob er Maske trage oder nicht, fand volle Zustimmung.

Florian Schroeder hält ein Plädoyer fürs Maskentragen

Weit weniger Beifall bekam der Kabarettist und Satiriker Florian Schroeder, am Ende wurde er gar ausgebuht. So ganz sicher waren sich viele offenbar nicht, wie sie auf seine Vorstellung reagieren sollten. „Mein Name ist Schroeder, ich komme aus dem Mainstream“, sagte er. Mainstream, darunter subsumieren die Kritiker der Coronamaßnahmen unabhängige Medien. Erst kamen noch andere Töne. „Seid Ihr auch für mehr Meinungsfreiheit?“ rief Schroeder in die Menge.

Zustimmender Jubel schlug ihm entgegen. Als Schroeder dann jedoch seine Meinung zum Infektionsschutz kundtat, kippte die Stimmung: Masken tragen und Abstand halten seien für ihn gute Schutzmaßnahmen. Und überhaupt: Die nächste große Wirtschaftskrise komme wegen derjenigen, die Masken als Maulkörbe ablehnen, Corona für eine Erfindung halten, die aus einem Labor in Wuhan komme. Und von dieser Wirtschaftskrise würden alle Populisten profitieren – Pfiffe und Buh-Rufe bestimmten da den Klangteppich über der Wiese des Schlossgartens.

Dann fügte er noch hinzu: „Freiheit – das heißt sinnvolle Einschränkungen akzeptieren. Und ich trage auch nicht gerne Maske, aber ich tue es“. Auch das war eine Meinung, die trotz der Begeisterung des Publikums für die Meinungsfreiheit nur auf wenig Gegenliebe stieß. Die NDR-Satiresendung Extra3 kündigte auf Twitter an, am Montag die Hintergründe des Auftritts von Schroeder zu erläutern.

Umfrage: Demos stoßen auf wenig Verständnis

Der „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg interpretierte den Auftritt trotz des Pfeifkonzerts rückwirkend als einen Beweis, dass seine Bewegung auch andere Meinungen dulde. Diese Einordnung adressierte er auch an die ZDF-Journalistin Dunja Hayali, die eine Woche zuvor einen Dreh auf der Demo wegen Angriffen abgebrochen hatte. „Vielleicht haben wir im Moment ein bisschen zu viel andere Meinung durch die Mainstreammedien“, fügte er hinzu. Sein Pressesprecher hatte vor der Veranstaltung Pressevertretern angeboten, man würde ihnen „Deeskalationsteams“ an die Seite stellen, damit sie sich „trauen“ könnten, in die Menschenmenge der Querdenker zu gehen, vor allem bei der nächsten Großdemo in Berlin.

Welche Meinung zu den Demos in Deutschland vorherrscht, das zeigt eine repräsentative Umfrage des Instituts Forsa. 91 Prozent der Bundesbürger haben kein Verständnis für den Protest von Initiativen wie die der „Querdenker". Nur die Anhänger der AfD sehen es anders: 59 Prozent der Befragten in dieser Gruppe begrüßen die Proteste. Der Auftrag zur Studie kam von den Sendern RTL und ntv.