Passagiere des Schiffs „Coral Princess“ durften wochenlang ihre Kabinen nicht verlassen. Nur wer einen Balkon hatte, konnte frische Luft schnappen. Foto: AP/Wilfredo Lee

Vier Wochen durfte ein Paar aus Bad Krozingen im Breisgau das Kreuzfahrtschiff „Coral Princess“ nicht verlassen. In dieser Zeit starben an Bord Menschen am Coronavirus. Jetzt sind die Urlauber zurück.

Bad Krozingen - „Am schlimmsten war die Ungewissheit“, sagt Bernd S. (68). Er war mit seiner Frau (66) am 5. März an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Coral Princess“ gegangen – ein Jahr hatten sie sich auf diese große Reise gefreut. Eine Kreuzfahrt von Chile aus bis nach Argentinien, mit Abstechern auf die Falklandinseln und nach Uruguay. „Wir wollten unbedingt das Kap Hoorn sehen“, erzählt der Reisende aus Bad Krozingen im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald in Baden-Württemberg. Doch es kam anders.

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Das Coronavirus machte den Reisenden einen Strich durch die Rechnung, aus einem weitläufigen Kreuzfahrtschiff der Reederei Princess Cruises wurde ein Gefängnis. „Unser letzter regulärer Hafen war auf den Falklandinseln, zwei Tage danach hätten wir in Argentinien an Land gehen sollen, doch dort waren die Häfen schon dicht.“ Zu dem Zeitpunkt hatte sich das Coronavirus schon in Europa ausgebreitet, deshalb verweigerten die Länder der „Coral Princess“ die Genehmigung, in einem ihrer Häfen anzulegen.

Essenstablett vor die Kabinentür gestellt

Der Kapitän habe sich daraufhin entschlossen, statt nach Montevideo (Uruguay) direkt weiter zur letzten Station der geplanten Route zu schippern. Von Buenos Aires aus hatte sich das Ehepaar einen Flug gebucht, mit dem sie über São Paulo und Lissabon zurück nach Hause gelangen wollten. „Doch von der Maschine sahen wir nur den Auspuff“, sagt der Mann aus Bad Krozingen. Stattdessen ging es entlang der südamerikanischen Küste bis Barbados. Dort meldete sich der Kapitän per Lautsprecher bei den Passagieren. Man habe ungewöhnlich viele Erkältungsfälle an Bord.

Zwei Tage später, am 21. März, war klar: An Bord der „Coral Princess“ gab es Corona-Fälle, wann und ob die mehr als Tausend Passagiere und knapp 800 Crew-Mitglieder von Bord gehen dürfen war unklar. „Wir durften unsere Kabine nicht mehr verlassen, hatten Angst, irgendwo zu stranden.“ Auch die Restaurants an Bord boten keine Ablenkung mehr, stattdessen wurden den Passagieren fertig gerichtete Mahlzeiten vor die Kabinentür gestellt. „Einer musste dann eine Schutzmaske anziehen, die Tür öffnen und das Tablett reinholen“, sagt Bernd S.. Auf dem Gang war schon kein Schiffsmitarbeiter mehr zu sehen. „Man fühlte sich wie eingesperrt“, erinnert sich der Breisgauer, am schlimmsten sei es gewesen, nicht zu wissen, wie sie aus dieser Situation herauskommen.

Bundestagsabgeordneter versucht, Urlauber heimzuholen

Der Kontakt nach Deutschland blieb aufrecht, man stellte den Urlaubern das Internet und Telefonie frei zur Verfügung. „Wir wollten unsere Angehörigen daheim möglichst wenig belasten“, sagt der Rentner. Besonders die Geschwister hätten sich große Sorgen gemacht. Stattdessen wandt sich das Paar an ihren heimischen Abgeordneten Christoph Hoffmann (FDP), der sogleich versucht habe, die Breisgauer zurück auf deutschen Boden zu bekommen. „Wir haben über das Internet verfolgt, was in der Welt passiert und mussten gleichzeitig diese Ungewissheit ertragen, wie es für uns weitergeht“, schildert Bernd S..

Ehe der Kapitän sich mit neuen Nachrichten per Durchsage an seine Gäste wandte, wurde stets dieselbe Melodie über die Lautsprecher gefunkt. „Sobald wir diesen Dreiklang hörten, standen wir immer aufrecht vor Anspannung in der Kabine.“ Vom Hafen Fort Lauderdale in Florida aus sollten die Passagiere evakuiert werden, doch das Schiff fuhr weiter bis Miami und lief dort am 4. April ein. Zwei Passagiere waren nach Auskunft des Unternehmens an Bord der „Coral Princess“ gestorben. „Auch das hat der Kapitän über eine Durchsage mitgeteilt.“ Mindestens zwölf Menschen – sieben Passagiere und fünf Crew-Mitglieder – waren positiv auf das Coronavirus getestet worden.

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Doch das Paar aus Bad Krozingen musste zunächst weiter auf dem Schiff ausharren, einen Monat waren sie inzwischen an Bord. „Ein Teil der deutschen Passagiere wurde gleich am ersten Tag in Miami evakuiert. Wir durften erst einen Tag später mit einer Gruppe Briten von Bord“, erinnert sich Bernd S.. Über London Heathrow ging es für das Paar weiter mit dem Flieger nach Frankfurt am Main und von dort mit dem Mietwagen in die Heimat. „Ich war noch nie so froh, deutschen Boden zu betreten“, sagt der Rentner. Zwei Drittel ihres geplanten Urlaubs hätten sie nicht erleben können, aber „wir sind unendlich erleichtert endlich zu Hause zu sein“, ergänzt seine Frau. Sie seien in eine völlig veränderte Welt zurückkehrt. Dem Paar aus Bad Krozingen geht es gut, sie befinden sich noch in häuslicher Quarantäne. „Aber die lässt sich zu Hause besser ertragen“, sagt Bernd S..