Dolgor Guntsetseg (links) und ihre Freundin leben seit mehr als 20 Jahren in Stuttgart. Von ihrer Heimat Mongolei schwärmen sie auf der CMT. Foto: Lichtgut//Leif Piechowski

Der Stuttgarter Ekkehard Strien hat die Mongolei, das Partnerland der Reisemesse CMT, schon 27-Mal besucht. Auch Mongolen aus Stuttgart werben für eine Reise in ihre Heimat.

Ekkehard Strien greift kurz in das Schälchen, nimmt sich ein paar kleine Sticks und schiebt sie sich in den Mund. „Das wird aus getrocknetem Schafskäse gemacht, ist aber nicht jedermanns Sache“, sagt Strien. Der kleine Snack wird in der Jurte, dem geräumigen Rundzelt der Nomaden, gleich am Eingang in der Halle 4 am Stand der Mongolei gereicht – dem Partnerland der Caravan- und Touristikmesse CMT. Strien könnte sofort als Berater einsteigen – schließlich war der Industriedesigner schon 27-mal im zweitgrößten Binnenland der Erde.

Kein Urlaub zum Relaxen, sondern Abenteuerurlaub

2000 reiste der Stuttgarter als Mitarbeiter der Universität Kassel auf Einladung der Technischen Uni der Hauptstadt Ulan Bator zum ersten Mal in die Mongolei, um einen Workshop über Produktdesign am Beispiel von Filz zu machen. „Über ein eigenes Design verfügt das Land bis heute nicht. Das meiste wird importiert“, erzählt Strien. Es folgten sechs weitere berufsbedingte Besuche zwischen 2000 und 2006 und inzwischen ist die Mongolei auch privat ein Sehnsuchtsort für den 62-Jährigen geworden, der auch Mitglied im Verein mongolischer Akademiker in Stuttgart ist – wie die Mongolinnen Dolgor Guntsetseg und Bolormaa Bohnet, die seit mehr als 20 Jahren in Deutschland leben. „Die Hälfte unseres Lebens haben wir hier verbracht“, erzählen sie.

Wie viele andere Mongolen haben sie damals zum Studieren ihre Heimat verlassen – und machen heute den Besuchern der CMT Geschmack auf eine Reise dorthin. „Tourismus ist neben dem Bergbau wichtig für die Wirtschaft in der Mongolei“, sagt Guntsetseg. „Aber es ist dort kein typischer Urlaub zum Relaxen, das ist Abenteuerurlaub“, sagt ein mongolischer Freund, der sich spontan neben sie vor die Jurte am Stand der Mongolei stellt.

Die Wüste Gobi im Süden, sibirischen Winter im Norden

Die Mongolei ist eines der unwirklichsten Touristen-Ziele der Welt, im Süden die riesige, menschenfeindliche Wüste Gobi, im Norden sibirischer Winter und Berge. Nur wenige Deutsche haben das Land bislang auf ihrer Reise-Wunschliste. „Aber Deutsche sind in der Mongolei sehr willkommen. Deutschland ist unser dritter Nachbar nach China und Russland“, sagt Guntsetseg. Um das Land besser zu verstehen, sollte man zu Beginn der Reise ins Nationalmuseum im Ulan-Bator gehen. Es ist diese Mischung und die Extreme, die das Land auch für Strien so besonders machen. Das beginnt in der Hauptstadt mit ihrer verrückten architektonischen Mixtur: Da gibt es Plattenbauten aus kommunistischen Zeiten in den Randbezirken, im Zentrum glitzernde Hochhäuser, in deren Schatten sich wiederum Klöster mit Pagodendächern schmiegen. Und wenn man aus der Stadt rausfährt, fühlt man sich in einer Landschaft wie aus einer Modelleisenbahn-Welt mit Hügeln, die mit Teppichen von Grün überzogen sind. „Viele Leute sagen, sobald man raus ist aus der Hauptstadt, fühlt man diese Freiheit“, erzählt Guntsetseg.

Das am dünnsten besiedelte Land der Welt

Strien berichtet, dass es in der Mongolei die weltweit größten Temperaturunterschiede gibt: Im Sommer wird es in einigen Regionen über 40 Grad heiß – im Winter kann die Temperatur auf bis zu minus 50 Grad fallen. Die Mongolei ist das am dünnsten besiedelte Land der Welt – und fünfmal so groß wie Deutschland, hat mit 3,5 Millionen Menschen aber weniger Einwohner als Berlin. Dafür gibt es rund 60 Millionen Kühe und 30 Millionen Schafe. Rund 1,5 Millionen Menschen leben in der Hauptstadt, die nächstgrößte Stadt hat nur 50 000 Einwohner. „Man sollte sich beim erste Besuch nicht zu viel vornehmen, die Entfernungen sind gewaltig, die Straßen nur bedingt gut ausgebaut“, sagt Ekkehard Strien. Er rät dazu, sich langsam heranzutasten – zunächst mit einem individuellen Anbieter. „Wenn man dann vertrauter ist, kann man das Land auch alleine bereisen“, sagt er. Als Reisezeit empfiehlt sich Juli bis September. Wildcampen sei fast überall erlaubt.

Ekkehard Streib schwärmt von der unendlichen Weite

Was hat das Land zu bieten? Ekkehard Strien schwärmt von der unendlichen Weite, der magischen Stille, dem Sternenhimmel, der die Milchstraße in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt. Da ist der Ugii-See, ein klares Gewässer in 1300 Metern Höhe mit Badetemperatur. Oder Erdene Dsuu, einem Weltkulturerbe. Im 16. Jahrhundert errichtet, war es die erste buddhistische Klosteranlage der Mongolei. Einst lebten hier 10 000 Mönche. 1937 wurde die Anlage unter kommunistischer Herrschaft nahezu vollständig zerstört. Einige Tempel stehen noch, darunter der älteste des Landes.

Und dann ist da noch diese Gastfreundschaft, ein Fundament der mongolischen Identität. „Und wenn wir in Deutschland Besuch aus Mongolei bekommen, können wir das gar nicht zurückgeben“, sagt Strien. Er hat spannende Dinge erlebt: Ein Schamanenritual, mehrere Übernachtungen in den einfachen Jurten mit einem Frühstück mit dem landestypischem Milchtee, aber auch ein Ausflug auf ein ansprechendes Anwesen mit einem mongolischen Freund war dabei, das sich im Nachgang als Wochenendhaus einer Ministerin entpuppte. Erinnerungen für immer und Bekanntschaften nicht nur für den Augenblick.

Wer will, kann eine Zeitreise ins 12. Jahrhundert unternehmen

In der Mongolei ist aber auch eine Zeitreise ins 12. Jahrhundert möglich. Die Nomaden leben noch immer in ihren Jurten, die sie je nach Jahreszeit abbauen, auf Kamelen oder Pferden zum nächsten Standort transportieren, wenn die Tiere das wenige Grün der Steppe verzehrt haben. Mongolische Nomaden ernähren sich von Fleisch und noch mal Fleisch, fetter Stutenmilch und Getreidefladen. „In den Städten gibt es aber auch Restaurants mit europäischer und asiatischer Küche, da müssen auch Vegetarier nicht verhungern“, sagt Strien. Und Guntsetseg verrät: „Wer einmal in der Mongolei war, will wieder kommen.“