Die Bayern feiern den Sieg gegen Paris. Foto: dpa/Sven Hoppe

Beim FC Bayern wächst nach dem Einzug ins Viertelfinale der Champions League das Wir-Gefühl und der Glaube an die Titelchance. Außerdem entledigt sich Trainer Nagelsmann vorerst einer lästigen Debatte.

Als Julian Nagelsmann später mit seinem schwarzen Rollkragenpullover Platz nahm auf dem Podium der Pressekonferenz, saß da gefühlt ein anderer Trainer des FC Bayern als bisher. Nagelsmann war natürlich immer noch Nagelsmann, und sein klassisch-schlichter Look erinnerte auch sehr an die vergangenen Wochen, in denen er sich häufig vorsichtshalber mehr zurückgenommen hatte, als es seinem Naturell entspricht. Und doch fiel schon auf, was dieser sehr wichtige Erfolg gegen Paris Saint-Germain mit ihm gemacht hatte. Er strahlte eine Metamorphose aus, die sich in ihm vollzogen hatte. Wie angespannt Nagelsmann nach den vielen Debatten über ihn in den vergangenen Monaten ins Spiel hineingegangen war, und wie befreit er nun aus diesem herauskam, das glich beinahe der Verwandlung einer Raupe, die sich endlich aus ihrem Kokon kämpfen und als bunter Schmetterling entfalten konnte, der sie ohnehin immer sein will.

Nicht nur erfreut, sondern regelrecht gelöst von der Last eines ganzen Jahres wirkte der 35-Jährige nun. Entledigt hatte er sich durch den insgesamt souveränen Einzug ins Viertelfinale ja auch jener lästigen Debatte, wonach er keine große Siege erringen könne. Und vorerst abgeschüttelt hat er auch den größten Makel aus seinem ersten Amtsjahr, das Aus im Viertelfinale der Champions League gegen den spanischen Provinzverein FC Villarreal im April 2022. Ein erneut frühes Ausscheiden, diesmal im Achtelfinale, hätte viele Debatten ausgelöst, gerade auch über Nagelsmann.

Der Trainer hat gelernt

So aber kann der junge Trainer darauf verweisen, gelernt und seine Mannschaft in seinem zweiten Amtsjahr taktisch klug über die sehr große Hürde PSG manövriert zu haben. Seinen auch persönlichen Triumph wollte Nagelsmann aber nicht zu sehr öffentlich auskosten, nur sein Strahlen und seine Scherze erzählten etwas darüber, wie sehr er ihn genoss. „Ich bin Teil des Teams“, sagte er zum Stellenwert des Sieges in eigener Sache zurückhaltend, „ich freue mich, mit im gleichen Boot zu sitzen, das heute schneller gerudert wurde als das aus Paris.“

Messi konnte keine Akzente setzen

Die fußballerisch herausragenden PSG-Solisten, der Weltmeister und Weltfußballer Lionel Messi sowie der WM-Torschützenkönig Kylian Mbappé, hatten am Mittwochabend keine Akzente setzen können. Sie waren von einer geschlossenen Münchner Mannschaft so geschickt ausgebremst worden, dass die Bayern nach ihrem wackeligen 1:0-Sieg im Hinspiel aus der zweiten Verabredung sogar mit einem insgesamt souveränen 2:0-Sieg hervorgingen, also wieder ohne Gegentor von der namentlich besten Offensive der Welt. Für die Bayern getroffen hatten Eric Maxim Choupo-Moting (61.) und der eingewechselte Serge Gnabry (89.). Nagelsmann und sein Trainerteam hätten „einen richtig guten Job gemacht“, lobte Sportvorstand Hasan Salihamidzic nach dem bisher wichtigsten Spiel der Saison und verwies auf die sehr konzentrierte Leistung vieler Spieler. Und noch etwas erfreute die Münchner: 89,02 Millionen Euro hat der Club diese Saison in der Champions League bis jetzt an Prämien verdient, so viel wie kein anderer Verein – dank acht Siegen in acht Spielen.

Der Glaube, in diesem Jahr den Titel in der Königsklasse holen zu können, wächst beim FC Bayern. „Ich denke, dass wir alle Chancen haben“, sagte Präsident Herbert Hainer, „ich sehe keinen, der stärker ist.“ So weit wollte Thomas Müller zwar noch nicht gehen, aber: „Wenn du gegen so eine Mannschaft in zwei Spielen kein Gegentor kassierst und von acht Champions-League-Spielen acht gewinnst, dann kann man zumindest mal heute zufrieden ins Bett gehen“, sagte der Offensivspieler. Ob der FC Bayern nun der Topfavorit sei, müsse jeder für sich selbst entscheiden. Logisch sei, „dass wir uns grundsätzlich zu den Aspiranten zählen und das Finale ganz klar anpeilen“.

Nur so etwas sollte nicht wieder passieren: Torwart Yann Sommer hatte sich kurz vor der Pause beim Stande von 0:0 zu einem Dribbling im eigenen Strafraum hinreißen lassen. Er verlor den Ball und konnte von Glück sagen, dass Innenverteidiger Matthijs de Ligt mit einer eingesprungenen Grätsche kurz vor der Linie noch rettete, nachdem Vitinha aufs leere Tor geschossen hatte. Einen „Lastwagen Schweizer Schokolade“ stellte der Eidgenosse Sommer als Dank für de Ligt in Aussicht. Das war zwar nicht ganz ernst gemeint, sorgte aber auch für gute Laune und lachende Gesichter beim FC Bayern.