CDU-Chef Friedrich Merz hat mit Äußerungen zur Kernenergie die Umweltpolitiker seiner Partei irritiert.
Friedrich Merz, der CDU-Vorsitzende, hat in jüngster Zeit ein gewisses Talent entwickelt, seine Partei mit Interview-Äußerungen zu überraschen, manchmal auch zu irritieren. Am Wochenende war es wieder so weit. Merz hatte in einer Sonntagszeitung davon gesprochen, dass eine CDU-geführte Bundesregierung nach den nächsten Bundestagswahlen etliche von der Ampel-Koalition auf den Weg gebrachten Gesetze kippen werde. Beispiel eins: der Atomausstieg: „Wir würden sofort alle stillgelegten Kernkraftwerke wieder ans Netz nehmen“, sagte Merz. Beispiel zwei: Das Heizungsgesetz. Der Vorsitzende dazu: „Das bedeutet beispielsweise: Wir würden das Heizungsgesetz stoppen.“
Die Beschlusslage der Partei ist eindeutig
Gerade die Ankündigung zur Kernenergie hat Stirnrunzeln ausgelöst, denn die Beschlusslage der Partei ist eindeutig. „An den Grundsatzbeschlüssen zum Ausstieg aus der Kohle und Kernenergie halten wir fest“, hatte der Bundesparteitag in Hannover gerade erst entschieden. Und im Januar hieß es in der „Weimarer Erklärung“ des CDU-Bundesvorstands lediglich, dass die Partei „die Nutzung der noch am Netz befindlichen AKWs bis mindestens Ende 2024“ befürworte. Die im Entwurf vorgesehene Offenheit für den Neubau von Kernkraftwerken wurde aber in der Schlussfassung gestrichen. Übrig blieb lediglich das Bekenntnis zu weiterer Forschung.
Hat Merz diesen innerparteilichen Konsens per Interview aufgekündigt? Die Umweltpolitiker der Partei hat das so beunruhigt, dass sich der Vorsitzende in der Sitzung des Parteipräsidiums am Montag erklären musste. Seine Botschaft: Es gehe ihm nur um die drei zuletzt vom Netz genommenen Kraftwerke und auch nur zur Bewältigung der aktuellen Krisensituation. Also kein neuer Einstieg in Kernkraft.
Der CDU-Umweltexperte und stellvertretende Parteichef Andreas Jung stellte im Gespräch mit unserer Zeitung ausdrücklich klar: „Wir rütteln nicht am Ausstieg aus der Kernenergie.“ Aber die Ampel habe „trotz Energiekrise die drei letzten Kernkraftwerke abgestellt, fährt aber trotz Klimalücke alte Braunkohle-Meiler wieder hoch.“ In der Krise müssten aber „alle Potenziale mobilisiert werden“.
Dennoch ist in der CDU nicht jeder glücklich mit den Äußerungen des Vorsitzenden. Der hinter vorgehaltener Hand geäußerte Vorwurf: Merz habe den Eindruck erweckt, die CDU wolle einfach nur zurück in die Vergangenheit. Es fehle die Zukunftsperspektive. Es ist kein Zufall, wenn Andreas Jung seinen Äußerungen hinzufügt: „Für die Energie der Zukunft setzen wir auf Konsequenz bei Energie-Effizienz und Erneuerbaren, bei Wasserstoff und CO2-Abscheidung.“
Den Umweltpolitikern fehlt der Zukunftsbezug
Tatsächlich ist auffällig, dass Merz es etwa beim Thema Heizungsgesetz bei der Ankündigung belässt, das Gesetz zu stoppen, weil es „in dieser Form nicht nur technologisch verfehlt“ sei, sondern auch „eine riesige neue Bürokratie in Gang“ setze. Das ist in der Partei vollkommen unstrittig. Allerdings wird den Umweltpolitikern schnell unbehaglich dabei, wenn die Kritik am Heizungsgesetz nicht mit dem Hinweis verbunden wird, dass auch die CDU für eine – besser gemachte - Energiewende eintrete. Jung zum Beispiel versäumt keine Gelegenheit zu betonen, dass diejenigen unvernünftig handeln, die auch in Zukunft stur weiter auf das Heizen mit Öl oder Gas setzen.