Auf dem Nürk-Areal in der Pliensauvorstadt sollen etwa 180 Wohnungen entstehen. Foto: oh - oh

Die CDU im Gemeinderat ist mit einem Antrag gescheitert, auf dem Nürk-Areal in der Esslinger Pliensauvorstadt nur Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen zuzulassen. Das entspreche nicht dem Bedarf, meint die Verwaltung.

EsslingenDas Thema Mikroapartments wird in Esslingen längst kontrovers diskutiert. Kritiker erkennen darin eher ein Rendite-Modell für Bauträger denn einen Beitrag zur Minderung der Wohnungsnot. Befürworter verweisen hingegen auf demografische Veränderungen und auf einen steigenden Bedarf, wenn es um Klein- und Kleinstwohnungen geht. Im Zusammenhang mit der geplanten Neubebauung des Nürk-Areals in der Pliensauvorstadt wollte nun die CDU-Gemeinderatsfraktion per Antrag verhindern, dass dort Ein-, Anderthalb-Zimmerwohnungen oder Mikroapartments entstehen und forderte daher, diese Wohnungsgrößen auszuschließen. Doch das ist beim inzwischen weit fortgeschrittenen Planungsstand für das Bauprojekt nicht mehr möglich, und aus Sicht der Stadtverwaltung auch gar nicht nötig, weil der ursprünglich angepeilte Wohnungsmix ohnehin schon mehr in Richtung Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen verschoben worden ist.

Allein entlang der Berliner Straße sollen in den kommenden Jahren 340 Mikroapartments mit einer Größe von 20 bis 25 Quadratmetern entstehen. 200 auf dem Citizen-Boley-Areal neben 60 bis 70 normalen Wohnungen und noch einmal 140 auf dem Gelände des ehemaligen Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB), sofern die LBBW Immobilien Development GmbH den Plänen des ursprünglichen Projektentwicklers, der Dietz AG, festhält. Nach der Sommerpause soll es im Gemeinderat um den Verkauf der städtischen Fläche vor dem Parkhaus und um einen städtebaulichen Vertrag mit der LBBW gehen.

Neue Verteilung

Im Fall des Citizen-Boley-Areals hatte die CDU noch für Kleinstwohnungen gestimmt, während die SPD solche Mikroapartments verhindern wollte. In ihrer einseitigen Ausrichtung auf zahlungskräftige, nur vorübergehend in Esslingen wohnende Studenten und Young Professionals seien Mikroapartments kein Angebot für die Esslinger Bürgerinnen und Bürger, die den Wohnungsmarkt tatsächlich entlasten könnten, hatten die Sozialdemokraten argumentiert. Letztlich ohne Erfolg. Nun wollte die CDU per Antrag verhindern, dass auf dem Nürk-Areal in der Pliensauvorstadt kleine Wohnungen mit einem oder anderthalb Zimmern oder gar Mikroapartments entstehen. Das Angebot sollte nach Ansicht der Christdemokraten ausschließlich aus Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen oder aus noch größeren Einheiten bestehen. Lediglich auf Restflächen wollte die CDU Zwei-Zimmer-Wohnungen akzeptieren. Diese Vorgaben müssten in einem städtebaulichen Vertrag festgeschrieben werden, so die im Antrag formulierte Forderung.

Tatsächlich hatte der ursprünglich von der Firma Lidl vorgegebene Wohnungsmix keine Wohnungen mit drei und mehr Zimmern vorgesehen. Für die Stadtverwaltung keine akzeptable Lösung, woraufhin einvernehmlich eine neue Verteilung festgelegt wurde. Nunmehr müssen 30 Prozent der Wohnungen drei und mehr Zimmer haben, um laut Verwaltung „ein ausgewogenes Wohnungsgemenge zu erhalten, das auch den Zielen der Stadt Esslingen entspricht“. Insgesamt geht es auf dem Nürk-Areal um etwa 180 neue Wohnungen, wie wie folgt aufgeteilt werden sollen: 15 Prozent Ein- bis Anderthalb-Zimmer-Wohnungen, 41 Prozent Anderthalb- bis Zweieinhalb-Zimmer-Wohnungen, 28 Prozent Drei-Zimmer-Wohnungen, drei Prozent Drei- bis Vier-Zimmer-Wohnungen und 13 Prozent Vier-Zimmer-Wohnungen. Klassische Mikroapartments (häufig möbliert, Kurzzeitwohnen mit Serviceeinrichtungen), waren und sind auf dem Nürk-Areal nicht geplant.

Der vorgegebene Wohnungsmix gewährleistet aus Sicht der Stadtverwaltung, „dass das Nürk-Areal zu einem gemischt genutzten und sozial ausgewogenen Quartier entwickelt wird“. Dabei würden unterschiedliche Zielgruppen berücksichtigt. Der von der CDU geforderte Verzicht auf Ein- und Anderthalb-Zimmer-Wohnungen sei aufgrund der prognostizierten demografischen Entwicklung nicht zu begründen, vielmehr entspreche der vorgegebene Wohnungsmix dem künftigen Bedarf. Der Standort eigne sich wegen der Lärmbelastung durch den Straßenverkehr und nur wenigen Grünbereichen in der Umgebung vor allem für Singles, Starterhaushalte, Auszubildende und Paare – weniger für Familien.

Anforderungen an den Wohnungsmarkt

Haushaltsstruktur: Nach Zahlen aus dem Jahr 2018 stellen die Singles mit 41 Prozent die dominierende Haushaltsform in Esslingen dar, gefolgt von den Paaren (27 Prozent) und Familien mit Kindern (23 Prozent). Lediglich in vier Prozent aller Haushalte wohnen mehr als fünf Personen.

Singles: Der Anteil von Single-Haushalten ist in Esslingen überdurchschnittlich groß ausgeprägt, der Anteil von Paaren hingegen durchschnittlich und der von Familien sogar unterdurchschnittlich. Pro Jahr ziehen mehr als 1700 Personen im Alter von 18 bis 25 Jahren, vornehmlich Studenten und Auszubildende, nach Esslingen zu.

Trends: Nach den Erkenntnissen der Esslinger Stadtverwaltung werden sich diese Trends in den nächsten Jahren unvermindert fortsetzen und dazu führen, dass der Bedarf an kleineren Wohnungen bis zum Jahr 2035 steigen wird. Hinzu kommt die allgemeine demografische Entwicklung mit immer mehr älteren, zu zweit oder allein lebenden Menschen. Aber auch gesellschaftliche Veränderungen spielen eine Rolle: Partner leisten sich häufiger als früher getrennte Wohnungen, durch mehr Scheidungen wächst der Wohnungsbedarf oder Berufspendler leisten sich wegen der großen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz noch eine zweite Schlafstätte.