Das Café Philippin in Rutesheim gilt als das erste Haus am Platze, wenn es um Konditorei-Spezialitäten geht. Nun wollen die Geschwister Tim Striegel und Marisa Reinhardt das Konzept des Lokals ändern.
Frühstück? Mittagessen? Oder nachmittags ein leckeres Stück Kuchen und einen Cappuccino? Pralinen als Mitbringsel? All das wird es ab 1. September im Café Philippin vorerst nicht mehr geben. Nicht wenige Rutesheimerinnen und Rutesheimer werden das Lokal vermissen. „Wir haben Stammgäste, die sind täglich, manchmal sogar zweimal am Tag bei uns“, sagt Marisa Reinhardt, Tochter der Senior-Chefs Sonja und Jürgen Striegel. Und auch wenn das Café nur temporär geschlossen hat und im November runderneuert wieder öffnen wird – für viele Menschen wird in diesen zwei Monaten ein großer Teil ihres Alltags fehlen.
1987 hat das Café an seinem jetzigen Standort eröffnet.
Der Umbau ist längst nicht alles. Mit ihm wird sich auch das Konzept des 1987 in der Rutesheimer Stadtmitte eröffneten Lokals ändern. Und personell stellt man sich ebenfalls neu auf. Jürgen Striegels Sohn Tim Striegel und seine Schwester Marisa Reinhardt steigen nun offiziell mit ein und übernehmen einen Teil des Betriebs. „Es ist an der Zeit, dass die neue Generation mit ins Boot kommt“, sagt Jürgen Striegel, der Geschäftsführer bleibt und zusammen mit seiner Frau Sonja Striegel auch weiterhin im Betrieb aktiv sein wird. Beide wollen jedoch die Fäden nach und nach aus den Händen geben.
Die beiden Geschwister haben die Gastronomie im Blut. Tim Striegel, 23 Jahre, ist gelernter Koch und Konditor. Er hat in seinem jungen Alter bereits in zahlreichen Gourmetküchen gearbeitet. Gelernt hat er im Adler in Asperg, unter anderem sammelte er in Alexander Hermanns Posthotel im bayerischen Wirsberg, im Ursprung in Königsbronn und im Restaurant Bareis in Baiersbronn Erfahrung. „Es ist sicher nicht selbstverständlich, dass man in meinem Alter schon so viele Stationen gesehen hat“, sagt er. Es sei ihm aber einfach wichtig gewesen, möglichst viele Erfahrungen zu sammeln, „bevor ich nach Hause komme.“
Marisa Reinhardts Werdegang führte erst in die Industrie
Einen ganz anderen Werdegang hat Marisa Reinhardt. Die 32-Jährige schlug den Weg in die Industrie ein und arbeitete in der Personalabteilung eines großen Unternehmens. „In diesem Bereich wollte ich aber nicht alt werden“, betont die Mutter von dreieinhalbjährigen Zwillingen, die seit ihrem 15. Lebensjahr im Café mitgeholfen hat. Dass sie nun mit ihrem Bruder die Geschicke dort mit anleiten will, sei eine Entscheidung des Herzens gewesen – und eine gegen 30 Tage Urlaub im Jahr und Gleitzeitkonto.
Aber was will das Geschwister-Duo nun genau verändern? Die Neuerungen werden Hand in Hand gehen. Zunächst das Konzept: Abends soll das Café Philippin künftig einen Restaurantcharakter bekommen. Hierfür möchte Tim Striegel auf ausgesuchte, hochwertige Menüs und eine kleinere À-la-carte-Auswahl setzen – neudeutsch würde wahrscheinlich der Begriff „Fine Dining“ passen. „Es muss 100 Prozent Qualität haben, mit klassischen Aromen, die man kennt“, sagt Tim Striegel. Man solle die Leidenschaft und die Freude am Kochen auf dem Teller schmecken. Wichtig in diesem Zusammenhang: Das Frühstück und der Mittagstisch bleiben Teil des Angebots.
Platz-Anzahl verringert sich
Um das realisieren zu können, muss das Café grundlegend umgebaut werden. Es wird dafür quasi komplett in den Rohbau zurückversetzt werden. Die Arbeiten haben bereits begonnen. Im großen Nebenzimmer wird, so der Plan, die Kuchen- und Konditoreitheke ihren Platz finden. Denn natürlich wird es auch weiterhin süße Leckereien in vielen verschiedenen Ausführungen geben. Außerdem wird die Küche komplett erneuert und vergrößert – auf den aktuell sechs Quadratmetern sei ein Restaurantbetrieb kaum realisierbar.
Auch beim Personal wird aufgestockt. Aktuell arbeiten elf Personen, davon zwei Auszubildende, im Betrieb. Hinzu kommen einige Aushilfen. Wenn das neue Konzept an den Start geht, sind neben Tim Striegel drei weitere Köche im Lokal eingeplant, außerdem zwei Servicekräfte für den Abendbetrieb.
Und noch etwas wird neu: der Name, zu dem Tim Striegel und Marisa Reinhardt aber jetzt noch nicht zu viel verraten wollen. Zur Erklärung: Der bisherige Name rührt von den vergangenen Generationen her. Sonja Striegels Mutter Inge Maier ist eine geborene Philippin, ihre Großeltern und Eltern wiederum betrieben die damalige Bäckerei Philippin, den sogenannten „Saibeck“, auf der anderen Straßenseite.
Der Senior-Chef will seinen 60er im neuen Lokal feiern
Im komplett erneuerten Lokal wird Jürgen Striegel – somit Vertreter der vierten Generation – im Dezember seinen 60. Geburtstag feiern. „Das war die selbstgesetzte Frist“, sagt er über die Planungen, die vor mehr als einem Jahr begonnen haben. Die Tatsache, dass seine Kinder nun genau das fortführen, das er über viele Jahre mit Herzblut am Laufen gehalten hat, rührt ihn. Auch wenn er und seine Frau anfangs zugegebenermaßen etwas skeptisch gewesen seien. „Aber diese Konstellation passt, da bin ich mir sicher.“
Schokolade im Philippin
Herkunft
Tim Striegel hat sich vorgenommen, hohe Qualität mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Daher will der gelernte Konditor in Zukunft zum Beispiel bei der Qualität der Schokolade für die Philippin-Konditorei keine Kompromisse machen.
Wie?
„Große Hersteller haben dei Vorgabe, dass 25 Prozent des Kakaos im Sack verschimmelt sein darf“, sagt er. Er selbst wolle aber gar keinen Schimmel. Die Suche sei auch mit den entsprechenden Anbaugebieten verbunden.