Am Montagmorgen durchsuchte die Polizei zeitgleich 33 Objekte in verschiedenen Städten. Der Schwerpunkt lag dabei in Berlin. Foto: dpa/Paul Zinken

Bis zu 21 000 Euro sollen die Menschen gezahlt haben, um nach Deutschland zu kommen. Die Schulden mussten sie in Massagestudios oder durch Prostitution abarbeiten. Zwei mutmaßliche Drahtzieherinnen sind nun gefasst.

Berlin/Bratislava - Mit einer großen Razzia in mehreren Bundesländern und der Slowakei ist die Polizei gegen eine vietnamesische Schleuserbande vorgegangen. 33 Wohnungen und andere Räume wurden seit dem frühen Montagmorgen von der Bundespolizei durchsucht, wie ein Sprecher sagte. Der Schwerpunkt des Einsatzes lag mit 16 Objekten in Berlin. Dort wurde eine der beiden Hauptverdächtigen, eine Vietnamesin, festgenommen.

In der slowakischen Hauptstadt Bratislava wurde eine weitere Frau gestellt. 700 Polizisten waren im Einsatz. Die Bundespolizei sprach von „einem großen Schlag gegen die Schleuserorganisation und gegen die Schleuserkriminalität“. Es habe sich um mehr als 100 Verdachtsfälle von eingeschleusten Menschen gehandelt.

Frauen sollen Drahtzieherinnen sein

„Es geht um das gewerbsmäßige Einschleusen vietnamesischer Personen“, sagte Holger Uhlitzsch, Sprecher der Bundespolizei Dresden. Die Menschen seien von Vietnam aus über konspirative Wohnungen in der Slowakei nach Europa eingeschleust und dann in verschiedene Teile Deutschlands und andere europäische Staaten verteilt worden. Die beiden Frauen sollen dabei Drahtzieherinnen „der organisierten Schleuserkriminalität und des Menschenhandels“ sein.

Es seien „Schleuserlöhne“ von 13 000 bis 21 000 Euro verlangt worden. „Da die Personen dieses Geld nicht unmittelbar aufbringen konnten, sind sie gezwungen worden, den Schleuserlohn abzuarbeiten“, so der Sprecher. Vor allem Frauen müssten in Nagelstudios, Massagestudios und „extra eingerichteten Bordellwohnungen“ arbeiten.

Eingebettet in Ermittlungen von Europol

Der Einsatz der Bundespolizeiinspektion für Kriminalitätsbekämpfung in Halle erfolgte nach Angaben des Sprechers im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und der Staatsanwaltschaft Leipzig. Eingebettet sei dies in Ermittlungen von Europol, der Polizeibehörde der Europäischen Union.

Um 6.00 Uhr begannen die Durchsuchungen in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie in der Slowakei. Am Vormittag liefen die Vernehmungen und Durchsuchungen noch. Umfangreiche Beweise seien sichergestellt worden, sagte der Sprecher. „Vor allem Speichermedien, Dokumente, Unterlagen und Bankverbindungen.“

In den Wohnungen habe die Bundespolizei knapp 50 Menschen angetroffen. „Wir müssen jetzt klären, sind diese Personen auch unerlaubt eingereist oder eingeschleust worden. Oder handelt es sich auch um Unterstützer dieser menschenverachtenden Schleusungen und des Menschenhandels“, sagte Uhlitzsch.

Vorliegen besonderer Schutzbedürftigkeit wird geprüft

Von besonderer Bedeutung sei dabei der Opferschutz der eingeschleusten und zum Teil hilflosen Menschen. Es werde geprüft, ob eine besondere Schutzbedürftigkeit vorliege, so der Sprecher. „Da gehen wir sehr sensibel vor. Und haben auch entsprechend Beamte, die geschult sind.“

Die verdächtige Frau in Berlin wurde in einer Wohnung in einem Hochhaus im Bezirk Lichtenberg gefasst. Berlin gilt als eines der Zentren in Europa für Einschleusungen aus Vietnam. Immer wieder gibt es Razzien. Das Bundeskriminalamt (BKA) sprach von einem „Dreh- und Angelpunkt“ vietnamesischer Menschenhändler in Westeuropa. Dahinter stehe „ein riesiges Netzwerk“, das „gewaltige Summen“ umsetze.

Die Hauptanlaufstelle ist laut Polizei ein riesiger Asiamarkt in Berlin-Lichtenberg. Das Zentrum mit etwa 350 Geschäften in großen Hallen sowie die Umgebung spielten wegen Lage, Infrastruktur und logistischer Möglichkeiten immer wieder eine Rolle bei diesen Schleusungsverfahren, hieß es vom Senat.