Vier Abgeordnete sind dabei, aber auch einige Stadträte treten an. Das sind die Direktkandidaten der Bundestagsparteien in den Stuttgarter Wahlkreisen.
In etwas mehr als zwei Wochen sind die Menschen dazu aufgerufen, den nächsten Bundestag zu wählen. In Stuttgart gibt es zwei Wahlkreise. Der erste Wahlkreis umfasst im Süden die Filderbezirke von Stuttgart, die Innenstadt und reicht über West bis nach Stuttgart-Nord. Hier holte 2021 Cem Özdemir für die Grünen mit fast 40 Prozent der Stimmen den Sieg und feierte so den Direkteinzug in den Bundestag. In Berlin ist er sogar als Landwirtschaftsminister Teil der Ampelregierung geworden. Der zweite Wahlkreis umfasst die nördlichen Stadtbezirke jenseits des Kesselrands und schließt den gesamten Osten samt Bad Cannstatt mit ein. Stimmenkönig wurde dort bei der letzten Wahl Maximilian Mörseburg von der CDU. Zumindest Özdemir tritt nun nicht mehr an. Wir geben einen Überblick über die Direktkandidaten der aktuell im Bundestag vertretenen Parteien in den beiden Stuttgarter Wahlkreisen.
CDU
Für die Christdemokraten geht im Wahlkreis I Elisabeth Schick-Ebert ins Rennen. Die selbstständige Unternehmensberaterin und stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende soll in den Innenstadtbezirken und auf den Fildern das Direktmandat zurückerobern. 2021 hatte der langjährige Abgeordnete Stefan Kaufmann es an Cem Özdemir von den Grünen verloren – Kaufmann war anschließend für den verstorbenen Wolfgang Schäuble in den Bundestag nachgerückt, hatte aber frühzeitig angekündigt, nicht mehr antreten zu wollen. Schick-Ebert will bei den Wählern vor allem mit ihrer Wirtschaftskompetenz punkten: „Mit meinen 30 Jahren Wirtschaftserfahrung will ich mich dafür einsetzen, dass Deutschland wirtschaftlich wieder erfolgreich ist und ein wohlhabendes Land bleibt. Ich stehe für eine pragmatische, lösungsorientierte Politik, und mein Ziel ist, dass sich in Deutschland wieder alle sicher fühlen.“
Sein Direktmandat im Wahlkreis II will Maximilian Mörseburg verteidigen. Der Jurist sitzt seit 2021 im Bundestag und ist dort Parteiobmann im Ausschuss für Kultur und Medien. „Ich trete an, damit sich Leistung für Arbeitnehmer wieder lohnt und die Wirtschaft bei uns in der Region noch stärker wird. Das und der Schutz unserer inneren Sicherheit wird den Zusammenhalt in Stuttgart und die Demokratie in Deutschland voranbringen“, sagt Mörseburg. Beide CDU-Bewerber könnten allerdings der Wahlrechtsreform zum Opfer fallen und trotz eines Siegs im Wahlkreis nicht in den Bundestag einziehen. Denn die Konkurrenz in Stuttgart ist stark, und hohe Siege sind Voraussetzung, um sich gegen die Parteifreunde im ländlichen Raum durchzusetzen.
Die Grünen
In die wohl größten Fußstapfen in Stuttgart muss Simone Fischer im Wahlkreis I treten. Sie folgt dort auf Cem Özdemir, der 2021 fast 40 Prozent der Erststimmen holte. Fischer ist Landesbehindertenbeauftragte und sitzt seit Juli im Stuttgarter Gemeinderat. „Eine verlässliche Gesundheitsversorgung, bezahlbar gute Pflege und ein Miteinander, das Lust auf Zukunft macht – das sind für mich neben konsequentem Klimaschutz absolute Herzensthemen“, betont sie. „Wichtige Weichen dafür werden in Berlin gestellt. Genau deshalb will ich in den Bundestag.“Auf der Landesliste der Grünen ist sie durch den plötzlichen Tod der Abgeordneten Stephanie Aeffner auf Platz 15 aufgerückt.
Im Wahlkreis II setzen die Grünen auf Erfahrung. Seit 2017 sitzt Direktkandidatin Anna Christmann im Bundestag und verfehlte bei der vergangenen Wahl das Direktmandat nur knapp. Christmann ist derzeit Beauftragte des Bundes für Digitale Wirtschaft und Start-ups. Besonders in diesem Bereich will sie sich weiter einbringen: „Gerade unsere starke Industrieregion in Stuttgart braucht einen Aufbruch mit Investitionen in Bildung, Bahn und Digitalisierung, das sichert und schafft Arbeitsplätze.“ Christmann steht auf Landeslistenplatz 13.
SPD
Lucia Schanbacher hat ebenfalls bereits Bundestagserfahrung – auch wenn die SPD-Kandidatin im Wahlkreis I bislang nur auf eine kurze Parlamentskarriere blicken kann. Erst im Januar rückte Schanbacher in den Bundestag nach. Daneben ist sie Mitglied des SPD-Landesvorstands, seit fünf Jahren Stadträtin und im Stuttgarter Gemeinderat SPD-Sprecherin für Klima, Mobilität und Stadtentwicklung.
Im Wahlkreis II schicken die Sozialdemokraten Dietmar Bulat ins Rennen. Der 60-Jährige ist Mitglied des Bezirksbeirats Stuttgart-Münster und steht dem Aufsichtsrat der Stuttgarter Baugenossenschaft Münster vor. „Wohnen darf kein Luxus sein. Die bürokratischen Hürden müssen abgebaut und der genossenschaftliche Wohnungsbau stärker gefördert werden“, sagt Bulat.
FDP
Einer der prominentesten verbliebenen Köpfe im Wahlkreis I ist Judith Skudelny. Die 49-Jährige war von 2009 bis 2013 bereits Mitglied des Bundestags und gehört dem Parlament seit 2017 erneut an. Seit mehr als zehn Jahren ist die Anwältin Generalsekretärin der Landes-FDP. „Die Freien Demokraten wollen in Deutschland wieder die soziale Marktwirtschaft stärken und den Aufschwung und die Aufstiegschancen für die Menschen ermöglichen. Generationengerechtigkeit gilt für uns nicht nur im Bereich der Umweltpolitik, sondern auch für Wirtschaft und nachhaltige Finanzen“, fasst sie die Parteilinie zusammen. Skudelny tritt in Baden-Württemberg außerdem als Spitzenkandidatin an.
Im Wahlkreis II geht Mark Wieczorrek für die Liberalen ins Rennen. Er ist Beisitzer im FDP-Kreisvorstand und arbeitet in der mittelständischen Managementberatung. Er wolle sich insbesondere für eine „kluge Klimapolitik“ im „Einklang mit wirtschaftlichen Wachstum“ einsetzen. „Zudem ist es mir wichtig, dass wir jungen Menschen eine Perspektive bieten und den Glauben an das Aufstiegsversprechen neu wecken, hierzu gehört eine Politik, die klarmacht, dass sich Leistung lohnt“, sagt Wieczorrek.
AfD
Ohne landes- oder bundespolitische Erfahrung, aber mit zwei Stuttgarter Stadträten geht die AfD in den Wahlkampf. Der Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion, Michael Mayer, kandidiert wie schon 2021 im Wahlkreis II. Mayer will sich im Wahlkampf besonders für freie Meinung und direkte Demokratie einsetzen. „Die Bürger sollen durch bundesweite Volksabstimmungen über zentrale Gesetzesänderungen, Grundgesetzänderungen und völkerrechtliche Verträge entscheiden. Mit einem Initiativrecht können die Bürger Gesetzesvorschläge direkt in den politischen Prozess einbringen.“
Mayers Stellvertreter im Gemeinderat, Steffen Degler, tritt im Wahlkreis I an. Degler ist Vorstandsmitglied im Landesverband der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Jungen Alternative und folgt in seinem Wahlkreis auf Dirk Spaniel, der die AfD im Oktober verlassen hatte. Beide AfD-Kandidaten stehen nicht auf der Landesliste ihrer Partei.
Die Linke
Auch die Stuttgarter Linke muss einen großen Namen ersetzen: Der ehemalige Parteichef Bernd Riexinger tritt 2025 nicht mehr im Wahlkreis I an. Ihm folgt Stadtrat Luigi Pantisano. Der gebürtige Waiblinger ist stellvertretender Landessprecher der Linken und weiß, auf sich aufmerksam zu machen. Erst Anfang Januar hatte er AfD-Chefin Alice Weidel wegen Volksverhetzung angezeigt, nachdem diese erklärt hatte, Adolf Hitler sei Kommunist gewesen. Politisch steht Pantisano für die Kernthemen der Linken: „Ich setze mich für eine Gesellschaft ein, in der sich niemand zwischen einer warmen Mahlzeit und einer warmen Wohnung entscheiden muss. Egal ob in Stuttgart geboren oder erst seit Kurzem hier: Die Linke setzt sich für ein gutes, sicheres und glückliches Leben für alle Menschen ein.“
Im Wahlkreis II schickt Die Linke Aynur Karlikli ins Rennen. Sie ist Regionalrätin und Bezirksbeirätin in Stuttgart-Nord. Sie will „eine Politik machen, die den Menschen dient und gleichzeitig die großen Herausforderungen unserer Zeit mutig und solidarisch angeht“. Pantisano steht auf Platz zwei der Landesliste, damit wäre er 2021 in den Bundestag eingezogen. Er darf sich also durchaus Hoffnungen auf ein Mandat machen – sofern seine Partei die Fünfprozenthürde überschreitet oder es per Grundmandatsklausel in den Bundestag schafft.
BSW
Erst im Oktober hatte das Bündnis Sahra Wagenknecht in Baden-Württemberg einen Landesverband gegründet. Direktkandidaten für die Bundestagswahl stellt das BSW im Land aber nicht auf. Allerdings werde die Südwest-Spitzenkandidatin Jessica Tatti ihr Büro nach der Bundestagswahl von Reutlingen nach Stuttgart verlegen, teilte das Büro der Abgeordneten mit.