Der neue Bundestag wird 735 Mitglieder haben. Foto: dpa/Fabian Sommer

Theoretisch sind nach dieser Bundestagswahl viele Koalitionen denkbar. Aber wie viele Stimmen aus dem Bundestag braucht ein künftiger Bundeskanzler eigentlich?

Stuttgart - Die Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin gehört zu den vornehmsten Aufgaben des Parlaments, und sie geschieht ohne Aussprache. Oft wird übersehen, dass es der Bundespräsident ist, der einen Kandidaten oder eine Kandidatin, den er für mehrheitsfähig hält, dem Deutschen Bundestag zur Wahl vorschlägt. Aber wie viele Stimmen muss der Kandidat auf sich vereinen, um Regierungschef zu werden und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach 16 Jahren abzulösen?

Neuer Bundestag hat 735 Sitze

Die Kanzlerwahl ist im Artikel 63 des Grundgesetzes geregelt. Demnach muss der Bundeskanzler „die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages“ auf sich vereinigen, gemeint ist damit die absolute Mehrheit, also über 50 Prozent. Da der neue Bundestag 735 Sitze hat, müsste der oder die Merkel-Nachfolgerin also 368 Stimmen auf sich vereinen.

Zwei weitere Wahlgänge möglich

Klappt die Wahl nicht auf Anhieb, dann kann der Bundestag binnen 14 Tagen jemanden anderes wählen – aus seiner Mitte und ohne Vorschlag des Bundespräsidenten – und zwar wieder mit absoluter Mehrheit, also mit mindestens 368 Stimmen. Scheitert aber auch diese Wahl, dann könnte der Bundestag – in einer dritten und letzten Wahlphase – einen Bundeskanzler auch mit einfacher Mehrheit wählen, das heißt, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigen kann, und das kann weniger als die Hälfte sein, der ist gewählt. Die Folge wäre eine Minderheitsregierung. In diesem Fall kommt aber dem Bundespräsidenten eine wichtige Rolle zu. Er kann entscheiden, ob er den Gewählten ernennt und einer Minderheitsregierung grünes Licht gibt oder ob er den Bundestag auflöst und Neuwahlen stattfinden lässt.