Der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann ist Initiator eines Gruppenantrags für eine gestaffelte Impfpflicht. Foto: imago images/Political-Moments

Die Befürworter der Impfpflicht müssen sich einigen und Kompromisse finden – sonst droht ein Scheitern des Projekts im Parlament.

Berlin - Mit der nun für heute erwarteten Vorstellung des Impfpflicht-Antrags einer Gruppe um den FDP-Bundestagsabgeordneten Andrew Ullmann beginnt eine neue Phase der Debatte: Spätestens in der nächsten Woche startet der ganz normale parlamentarische Prozess, mit Ausschussberatungen und Expertenanhörungen.

Das ist der aktuelle Sachstand: Zur Beratung stehen dann einerseits der Antrag aus den Reihen von SPD und Grünen, der eine Impfpflicht für alle Über-18-Jährigen vorsieht. Und andererseits der Antrag der Ullmann-Gruppe, der zunächst eine Phase intensiver Aufklärung vorsieht, und dann, falls die Impfquote doch unbefriedigend bleibt, eine Impfung der Über-50-Jährigen festlegt. Zudem hat sich die Union inzwischen positioniert. Sie will ein Impfregister aufbauen, um impfen zu können, falls irgendwann eine kritische Lage eintritt. Dann soll bei den Ältesten begonnen und dann je nach Situation in den Altersgruppen und unter Berücksichtigung von wichtigen Berufsgruppen zurückgegangen werden. Es geht der Union also lediglich um einen Vorratsbeschluss über einen „Impfmechanismus“. Der Begriff „Impfpflicht“ wird ausdrücklich gemieden.

Aus dieser Ausgangslage ergibt sich für die Befürworter einer irgendwie gearteten Impfpflicht ein Dilemma: Setzt man voraus, dass die Union weitgehend geschlossen zu ihrer eher abwartenden Position steht, haben die beiden Impfpflicht-Anträge in Konkurrenz zueinander kaum Chancen auf eine eigene Mehrheit im Bundestag. Es ist also klar, dass nun Gespräche beginnen müssen, um zu Annäherungen zu kommen – mit dem Ziel, idealerweise nur einen gemeinsamen Antrag pro Impfpflicht vorzulegen: mit oder ohne Einbeziehung der Union.

Unglückliche Annäherungsversuche

Erste Schritte in diese Richtung gibt es schon, wenn auch keine ganz glücklichen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat der Union ein Gesprächsangebot gemacht, um aus den drei Vorschlägen „das Beste zu machen“. Bei der Union ist das nicht gut angekommen. Dort weist man darauf hin, dass die SPD solche Gespräche mit Hinweis auf die angebliche „Gewissensfrage“ noch im November abgeblockt habe. Dass die parlamentarische Geschäftsführerin in Zusammenhang mit der Haltung der Union am Dienstag von „Fundamentalopposition“ sprach, tat der Stimmung auch nicht gut. „Als Union halten wir an unserem eigenen Antrag fest. Er findet große Zustimmung und wir sind zuversichtlich, dass er mehrheitsfähig sein wird“, sagte Tino Sorge, der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion unserer Zeitung. Immerhin räumt er ein, dass es in „fachlichen Fragen punktuelle Überschneidungen mit anderen Anträgen geben“ könne. Was immerhin einige Türen offen lässt. Es sieht also alles danach aus, dass nun zunächst die Vertreter des weitestgehenden Antrags der Impfpflicht ab 18 – um die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Heike Baehrens – und die Ullmann-Gruppe Gemeinsamkeiten ausloten müssen.

Gesprächsbereitschaft signalisiert

Interessanterweise deutet Andrew Ullmann im Gespräch mit unserer Zeitung aber vor allem auf die Union, die er ausdrücklich „einbeziehen“ möchte. Schließlich gäbe es „durchaus eine Nähe des Entwurfs meiner Gruppe zu einigen Vorstellungen der Union“. Die liegen einerseits im Vermeiden eines Automatismus einer Impfpflicht. Sie soll in dem Antrag ja nur abhängig vom Stand der Impfquote und nach sehr intensiver Aufklärungsarbeit eingeführt werden. Zudem will Ullmann wie die Union im Falle eines Falles ein gestuftes Vorgehen nach Altersgruppen. Es gibt aber auch Hindernisse. Die sieht Ullmann vor allem im von der Union favorisierten Instrument des Impfregisters. Die Erfahrungen der letzten Jahren mit Digitalisierungsprojekten im Gesundheitssystem „sollten da skeptisch stimmen“, sagt Ullmann. Er zeigt sich „optimistisch“, dass am Ende eine Lösung stehen werde, „die von einer breiten parlamentarischen Mehrheit getragen ist.“ Auch Heike Baehrens sieht im Gespräch mit unserer Zeitung „Chancen auf Annäherungen“. Wer sich für eine allgemeine Impfpflicht ausspreche, tue das „aufgrund gemeinsamer Grundannahmen und Ziele“, sagt Baehrens. „In Teilaspekten“ gebe es also „auf jeden Fall Übereinstimmungen“. Die Expertenanhörung könne „Wege aufeinander zu weisen“.