Offener Streit auf der Pressekonferenz mit Kanzler Olaf Scholz und dem aus der Quarantäne zugeschalteten NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Foto: dpa/Michael Sohn

Es ist richtig, die Corona-Schutzmaßnahmen auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen. Die Bundesregierung und insbesondere die FDP hätten sich aber nichts vergeben, auf berechtigte Kritikpunkte der Länder einzugehen, meint unser Redakteur Christopher Ziedler.

Es ist gut und richtig, dass die Ampelkoalition den pandemischen Gesetzesnotstand beendet und die Coronapolitik zurück in die Parlamente verlagert hat. Die Ministerpräsidentenkonferenz, die mit Exkanzlerin Angela Merkel zeitweise alleinige Entscheidungsinstanz war, hat selbst im Februar zugestimmt, dass angesichts der weit verbreiteten, aber deutlich seltener tödlichen Omikronvariante künftig nur noch Basisschutzmaßnahmen greifen sollen, die der Bundestag zu bestimmen hat. Der wird nun an diesem Freitag das angepasste Infektionsschutzgesetz beschließen, das den Länderparlamenten zudem freistellt, Zusatzmaßnahmen in ihren Bundesländern oder einzelnen Landkreisen zu ergreifen, falls sich die Lage dramatisch verschlechtern sollte. So weit, so gut.

Schlecht hingegen ist, wie das neue Gesetz im Detail ausgestaltet wurde und nun durch das Plenum gepeitscht wird. Denn die Bedenken sind nicht nur wegen der rasant steigenden Zahl von Neuinfektionen berechtigt: Der eigene Expertenrat der Bundesregierung hat gerade erst wieder auf die Bedeutung des Maskentragens in Innenräumen, etwa im Supermarkt, hingewiesen. Und die Gesetzesformulierung zu den regional möglichen Zusatzmaßnahmen ist so vage, dass sie in der Praxis unbrauchbar sein könnte.

Hier hätten sich die Bundesregierung und insbesondere die FDP, die im freiheitlichen Sinne auf möglichst wenigen Schutzmaßnahmen beharrt hat, nichts vergeben, wenn sie konstruktiv auf diese Kritik eingegangen wären. Der Frust der Länder ist in diesen Punkten verständlich, gerade in diesen Zeiten ist die offene Konfrontation mit dem Bund überflüssig.