Sechs Bewerber werden bei der Wahl zum neuen Bürgermeister in Großerlach am übernächsten Sonntag auf dem Wahlzetteln stehen. Präsentiert haben sich bei der offiziellen Kandidatenschau am Mittwochabend aber nur drei.
Lange Zeit hatte es so ausgesehen, als würde sich nur ein einziger Kandidat auf die Nachfolge von Christoph Jäger bewerben wollen. Jäger steht nach 24 Jahren als Bürgermeister von Großerlach nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung. Kurz vor dem Bewerbungsschluss in der 2600-Seelen-Gemeinde im Schwäbischen Wald haben sich dann plötzlich noch fünf weitere Personen nominieren lassen. Auch wenn zwei zwischenzeitlich wieder ihren Rückzug erklärt haben, werden am übernächsten Sonntag, 28. Januar, insgesamt sechs Bewerber auf dem Wahlzettel stehen. Präsentiert haben sich bei der offiziellen Vorstellungsrunde der Kommune im Teilort Grab am Mittwochabend schließlich noch drei Männer.
Großes Interesse an den Kandidaten
Das Interesse war groß, alle der rund 250 verfügbaren Sitzplätze in der Schwalbenflughalle waren besetzt, einige Bürger verfolgten die rund zweieinhalbstündige Veranstaltung im Stehen. Sie wollten insbesondere hören, wie sich die Kandidaten die (Verhinderung von) Windkraftanlagen im Flecken, die Lösung von Raum- und Personalproblemen bei der Kinderbetreuung, die Ärzteversorgung, einen besseren Straßenausbau oder Barrierefreiheit im örtlichen Rathaus vorstellen. Und vor allem: Wie soll die finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete Kommune mögliche Vorhaben überhaupt stemmen?
Ein Patentrezept hat Melih Göksu – wie seine Konkurrenten auch – nicht vorlegen können. Der 33-jährige Verwaltungsangestellte, der im Waiblinger Landratsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist und für die Grünen im Bezirksrat von Stuttgart-Mühlhausen sitzt, war der erste und lange Zeit einzige Kandidat gewesen. Er wolle die Verwaltung „attraktiv machen“ und modernisieren, betonte der Mann, der in seiner Funktion im Waiblinger Landratsamt eigenen Aussagen zufolge mit etwas Zeitversatz schon einmal in die Fußstapfen von Christoph Jäger getreten sei. Seine Vision ist der Bau eines neuen Rathauses, das auch Treffpunkt und neue Mitte des Ortes werden könnte. Mehr finanziellen Spielraum verspricht er sich unter anderem dadurch, bestehenden und künftigen Gewerbebetrieben mögliche Entwicklungsflächen „proaktiv anzubieten“.
Lebens- und Leitungserfahrung
Auch Kay Theodor Schloe, promovierter Mikrobiologe und FDP-Gemeinderat im Nachbarort Wüstenrot, setzt vage auf eine Verbesserung der Gewerbesteuereinnahmen, um mögliche Investitionen stemmen zu können – ohne freilich sagen zu können, wo die zusätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten für Betriebe geschaffen werden sollen. Ein Rathausneubau habe für ihn hingegen keine Priorität. Während seine Konkurrenten ihre Verwaltungserfahrung, Göksu darüber hinaus seinen „guten Draht ins Landratsamt“, zu Felde führen, will der sechsfache Vater mit praktischer Lebens- und 20-jähriger Leitungserfahrung in der Wirtschaft punkten. Seine Präsentation hat der 59-Jährige mit den Buchstaben von Großerlach strukturiert – von seiner „Geburt“ als Bauern- und Bürgermeistersohn bis zu „H“ wie Hoffnung.
Plagiat beim ersten Wahlforum?
Kevin Dispan hingegen hat seine Bewerbungsrede gegenüber seiner Vorstellung zwei Tage zuvor bei einem Wahlpodium der „Backnanger Kreiszeitung“ wohl etwas abgeändert. Dort hatte der 30-Jährige offenbar einige Anklänge verwandt, mit denen sich die später zur Bürgermeisterin in Sulzbach gewählte Veronika Franco Olias vor zwei Monaten vorgestellt hatte. Gegenüber der Lokalzeitung räumte Dispan mittlerweile ein, er habe sich von ihrer Rede inspirieren lassen, diese zu kopieren sei aber keineswegs seine Absicht gewesen.
Am Mittwochabend stellte der stellvertretende Kämmerer der Stadt Remseck heraus, dass ihm Verwaltung durch die berufliche Tätigkeit seiner Mutter quasi in die Wiege gelegt worden und der Bürgermeisterposten in jener Kommune, in der er aufgewachsen ist, eine Herzensangelegenheit sei. Wichtig sei dort eine „Priorisierung von Projekten“. Ganz oben stehe für ihn nach einer ersten Analyse eine neue Abwasserkonzeption inklusive einer Ertüchtigung der Kläranlagen. Denn ein Funktionieren in diesem Bereich sei eine Grundlage für Wachstum. Auch wenn die Kommune darüber hinaus viele Projekte aus eigener Kraft nicht stemmen könne, müsse man fertige Pläne in der Schublade liegen haben, um sich mit diesen unverzüglich bewerben zu können, wenn auf anderen Ebenen neue Fördertöpfe eingerichtet würden.
Die Wahl in Großerlach ist auf Sonntag, 28. Januar, terminiert. Sollte im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten eine erforderliche absolute Mehrheit von mehr als der Hälfte der Stimmen erreichen, werden die Bürger am 18. Februar noch einmal zu den Urnen gerufen.