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Über die Zukunft der Stadttheater diskutierten Marc Grandmontagne, der Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins, und der Theaterwissenschaftler Peter W. Marx an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg. Mit Akademiechefin Elisabeth Schweeger hoben sie die Bedeutung politischer Diskurse an den Bühnen hervor.

LudwigsburgMehr Debatten und Diskurse im Stadttheater zu führen, das war das Ziel von Marc Grandmontagne, als er vor drei Jahren geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins wurde. „Theater müssen sich verstärkt zu öffentlichen Kunstorten im öffentlichen Raum entwickeln“, fordert der 43-jährige Jurist und Politikwissenschaftler. Die Metoo-Debatte und der Kampf von Frauen um Gleichberechtigung am Theater habe gezeigt, „dass sich so auch Strukturen verändern lassen“. An der Ludwigsburger Akademie für Darstellende Kunst (ADK) diskutierte er mit dem Wissenschaftler Peter W. Marx und Akademieleiterin Elisabeth Schweeger über das deutsche Theater „zwischen Zukunft und Erbe“.

Einig waren sich die drei sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten auf dem Podium, dass die Bühnen die Aufgabe haben, neue Publikumsschichten zu erschließen. Das Thema reizte nicht nur die Studierenden, die an der Akademie als Schauspieler, Regisseure und Dramaturgen ausgebildet werden. Mit der Reihe „Montags an der ADK“ bringt Schweeger, die unter anderem das Schauspiel Frankfurt leitete, Persönlichkeiten aus Kunst und Politik an die Hochschule. Dass der neue Geschäftsführer des Bühnenvereins dafür plädiert, an den Theatern verstärkt über gesellschaftlich relevante Themen zu diskutieren, sieht die ADK-Leiterin als wichtigen Schritt.

Vor dem „Rückzug der Künstler in die Social-Media-Blase“ warnte auch Peter W. Marx. Der Hochschulprofessor, der an der Universität Köln auch Direktor der Theaterwissenschaftlichen Sammlung ist, findet es wichtig, Plattformen für die Partizipation des Publikums zu schaffen. Der Theaterhistoriker blickte auf die Geschichte zurück: Erst in den 1920er-Jahren öffnete sich das Theater den unterschiedlichsten Strömungen in der Gesellschaft. Daraus folgert Marx für die heutige Zeit, die bestehenden Strukturen kreativ weiterzuentwickeln: „Das Stadttheater-Bashing, von dem man heute oft hört, ist von suizidaler Dummheit.“

Das sieht auch Schweeger so, die dennoch auch kritisch über die jüngere Vergangenheit der deutschen Theater nachdachte: „Haben wir das Publikum vergessen?“ Wie wichtig es ist, dass die Theatermacher Zuschauer mit ihren Angeboten erreichen, vermitteln sie und ihre Lehrkräfte an der Akademie. Mit dem „Zentrum für Politische Schönheit“ aus Berlin haben Studierende in Ludwigsburg partizipative Projekte realisiert, um ein Publikum zu erreichen, das sonst schwer fürs Theater zu begeistern wäre. Da sieht die Akademieleiterin wunderbare Möglichkeiten für die Zukunft: „Theater sind Orte, um neue Konzepte und Formen auszuprobieren.“ Diese Neugier möchte die innovative Kulturmanagerin ihren Studierenden vermitteln.

Dass neue Theaterformen auch neue Räume brauchen, ist für Elisabeth Schweeger unbestritten. Da nannte sie das National Theatre in London als Vorbild. Das Haus an der Themse sei so umgebaut worden, dass es den ganzen Tag über von unterschiedlichsten Menschen oder von gesellschaftlichen Gruppen genutzt werden kann. Solche Konzepte beginnen für die Professorin jedoch schon beim Städtebau, sie ließen sich nicht luftleer in ästhetischen Räumen betrachten.

Wie unverzichtbar Kunst für die Gesellschaft sei, zeige das große Interesse am Theater, sagte Schweeger. Da erinnerte sie an Starregisseur Jürgen Flimm, der die Zuschauerzahlen von Fußballspielen und Theaterereignissen verglichen habe. „Wir haben mehr Zuschauer im Theater“, ergänzte Grandmontagne selbstbewusst.

Für den Geschäftsführer des Bühnenvereins beginnt die Kulturarbeit aber schon im Grundschulalter. „Oft sind es ja die künstlerischen Fächer, die an den Schulen ausfallen“, beschrieb er die aus seiner Sicht fatale Entwicklung an den Schulen. So müssten die Bühnen mit ihren theaterpädagogischen Angeboten eine Lücke in der Bildung stopfen. Für die Kulturpolitik bedeute das aber auch, solche Ansätze entsprechend zu fördern, erklärte Grandmontagne. Ein junges Publikum gezielt und spielerisch ans Theater heranzuführen, ist für ihn eine zentrale Aufgabe der Zukunft.