Beton und Holz greifen bei der Konstruktion nahtlos ineinander. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

25 Prozent weniger CO2-Emissionen beim Bau: Die neue Geh- und Radwegbrücke zwischen Neugereut und Steinhaldenfeld gilt als innovativ. Ihren großen Auftritt hat sie 2027 bei der IBA, doch seit Kurzem ist sie zugänglich.

Sogar Jubel bricht aus, als die Vertreter der Stadt das blaue Band zwischen den Geländern zerschneiden. Trotz regnerischen Wetters sind am Mittwochmorgen viele Menschen gekommen, um bei der Eröffnung des Stegs zwischen Neugereut und Steinhaldenfeld dabei zu sein.

Die neue Brücke für Fußgänger und Fahrradfahrer kreuzt den Seeblickweg auf Höhe des Ferienwaldheims Steinhaldenfeld und verbindet den Stadtteil mit dem gegenüberliegenden Neugereut. Die 73 Meter lange Konstruktion ist eines von rund 100 Projekten aus dem erweiterten Portfolio der Internationalen Bauausstellung (IBA’27), die die Region Stuttgart in zwei Jahren ausrichten wird.

Brücke bisher einzigartig in Deutschland

Grund für die Teilnahme ist die innovative Bauweise, mit der die Brücke errichtet wurde. Geht man über den Steg, entdeckt man wenig Besonderes. Erst der Blick von unten lässt erkennen, wieso das Bauwerk so interessant für die Kuratoren der IBA’27 ist. Zwei massive Holzschwünge tragen die Betonfläche des Fußwegs. Unterbrochen werden sie nur von einem filigranen Stahlfuß in der Mitte der Brücke. Die Bauweise ist bislang einzigartig in Deutschland.

Unter anderen der Baubürgermeister Peter Pätzold, Tiefbauamtsleiter Jürgen Mutz und Andreas Hofer, Intendant der IBA’27, eröffnen die Brücke. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Interessant ist neben dem Holzgerüst der Einsatz von Carbonfasern. Beim herkömmlichen Brückenbau verstärken Stahlgitter im Beton die Stabilität und sichern so die Tragfähigkeit. Die Konstruktion über dem Seeblickweg verzichtet darauf. Stattdessen wurden Netze aus Carbonfasern in den Beton eingelassen. Der Vorteil: Carbon rostet nicht, weshalb sich die Technik für deutlich dünnere Betonschichten verwenden lässt. 70 Kubikmeter Beton konnten so beim Bau der Brücke eingespart werden, vermeldet Jürgen Mutz, der Leiter des Tiefbauamts.

Das wirkt sich positiv auf die Klimabilanz des Projekts aus, da die Herstellung von Beton sehr CO2-intensiv ist. Acht Prozent der weltweiten Emissionen gehen laut Angaben des britischen Thinktanks Chatham House auf das Konto der Betonbranche. Das Tiefbauamt geht davon aus, dass die CO2-Emissionen der Brücke in Steinhaldenfeld durch die neuartige Bauweise mindestens 25 Prozent unter denen einer herkömmlichen Stahlbetonbrücke liegen.

Stuttgart will weiter auf Holz setzen

Die Planung des Vorhabens war bisweilen komplex. Da in Deutschland bisher niemand mit exakt dieser Technik gearbeitet hat, gebe es noch kein festgelegtes Regelwerk, wie Jürgen Mutz erläutert. Immer wieder mussten deshalb Einzelgenehmigungen eingeholt werden. Das Ergebnis verbuchen die Verantwortlichen aber als Erfolg. Bei Fußgänger- und Fahrradbrücken werde man sicherlich auch weiter auf Holz als Baumaterial setzen, meint er.

In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie sich die neuartige Konstruktion im Betrieb schlägt. An entsprechenden Daten wird es nicht mangeln. In Beton und Holz sind Sensoren verbaut, die Dehnungsverhalten, Holzfeuchte und Temperatur in Echtzeit übermitteln. Am 16. Mai wird das Bauwerk mit einem Brückenfest gefeiert werden, bevor es 2027 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung erneut im Rampenlicht stehen wird.