Ein Wühltisch für angehende Briefmarkensammler im Museo Foto: Friedl

Die Ausstellung „Stuttgart gezähnt“ im Gablenberger Museo zeigt die Vielfalt der Stadt auf Briefmarken. Eine Fundgrube nicht nur für Sammler.

Stuttgart - Welche Briefmarken schmecken eigentlich besser? Die mit einem Städtemotiv vorne drauf? Oder eher die mit dem Kopf einer klugen Person? Briefmarkensammler kann man ja nun wirklich über alles mögliche befragen, aber speziell in dieser Sache sind sie nun auch nicht die richtigen Ansprechpartner. Kein Wunder: Entweder schätzen sie Briefmarken, die schon auf Briefen geklebt und mit einem möglichst vielsagenden Stempel versehen sind. Oder geklebt, aber nicht versendet. Oder die Briefmarke unverklebt als Sammel- und Tauschobjekt im kleinen Format.

Kleine Formate kommen groß raus

Aber da gibt es ja auch noch so viele andere Themen, über die man sich sehr lebhaft mit den Sammlern austauschen kann. Und die aktuelle Ausstellung „Stuttgart gezähnt“ im Gablenberger Museo in der alten Schule liefert dazu jede Menge Anschauungsmaterial. Klar: Briefmarken sind klein, da passt ganz viel rein in die beiden Räume. Aber auch Vorsicht: Manche kommen ganz groß raus, etliche markante Marken gibt es da auch sehr vergrößert zu sehen. Da wird gezeigt, wie häufig Stuttgart überhaupt ein Thema auf Briefmarken ist. Stadtansichten etwa gibt es 22-mal. In dieser Hinsicht ist die Landeshauptstadt eher unterrepräsentiert, Stadtansichten waren generell eher eine Sache der DDR: Dresden ist 157-mal vertreten, von Leipzig gibt es 313 Motive. Berlin führt natürlich mit 1268 Motiven. Spitzenreiter der westlichen Städte der Bundesrepublik ist München mit 77 Ansichten.

Stadt der Dichter, Stadt der Technik

Dichter und Denker aus dem Ländle gibt es natürlich auch zu vermelden, etwa Friedrich Schiller. Da hat sogar ein Sammler seine Schätze nach Gablenberg gebracht, der Schiller-Briefmarken zu seinem Sammlungsschwerpunkt gemacht hat. Das jüngste Abbild des Dichters, das älteste – hier gibt es die Auskunft dazu. Bei Dichtern und Denkern zeigen sich freilich auch ideologische Unterschiede: Hegel und Herwegh sind zwar Söhne dieser Stadt, doch in der DDR erinnerte man häufiger an sie per Briefmarke als hierzulande.

Ganz vorne ist Stuttgart freilich dann, wenn es um Technik geht, vor allem eben um Autos. Da sind im Museo sehr repräsentative komplette Briefmarken-Bögen zu sehen für Daimler und Porsche. Künstler der Stadt sind auch vertreten, etwa Oskar Schlemmer. Die Briefmarke mit der „Bauhaustreppe“ drauf war lange sogar sehr prominent präsent, sie hatte eine Auflage von mehr als 60 Millionen. Weniger auffallend war da das Wirken von Anton Stankowski. Der Grafiker entwickelte ja auch selbst Briefmarkenmotive.

Von der Idee zur fertigen Briefmarke

Auch dies ist so ein Aspekt, der im Museo beantwortet wird: Wer hat denn überhaupt die Abbildungen auf Briefmarken entwickelt? Der Rundgang zeigt einen Wechsel von künstlerischen Darstellungen zu fotorealistischen Motiven. Das hat viel mit der allgemeinen Entwicklung der Drucktechnik zu tun. Bei den Briefmarken ergeben sich nun ganz andere Möglichkeiten, Blumenarrangements etwa wirken nun viel plastischer. Im Entstehungsprozess selbst, also der Weg von der Idee zur fertigen Briefmarke, da hat sich wenig geändert: Zunächst gilt es, mehrere Entwürfe anzufertigen, dann entscheidet eine Kommission.

Es ist schon sehr spannend zu verfolgen, auf was sich Briefmarkensammler so alles spezialisiert haben. Und die Leidenschaft bleibt, daran ändert auch nichts, dass es heute Automaten gibt, die per Computerausdruck einen Papierstreifen mit Wert versehen. Die Post stellt immer noch Marken her, zum Sammeln oder zum Frankieren. Deshalb gibt’s in der Ausstellung einen Wühltisch mit der bunten Welt der Briefmarken und Möglichkeiten zum Anfassen, wie man die alle interessant ordnen kann. Die Ausstellung geht noch bis zum 31. Oktober.