Die Opposition im baden-württembergischen Landtag hat im Verfahren gegen Thomas Strobl (CDU) eine Niederlage einstecken müssen. (Archivbild) Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich/IMAGO/Arnulf Hettrich

Die grün-schwarze Koalition im baden-württembergischen Landtag hat mit ihrer Stimmenmehrheit einen Entlassungsantrag gegen Innenminister Thomas Strobl abgewehrt. Auffällig war dabei eine Enthaltung.

Die Koalition aus Grünen und CDU hat die Reihen hinter Innenminister Thomas Strobl geschlossen und einen Entlassungsantrag aus der Opposition gegen den CDU-Politiker abgelehnt. Bei der namentlichen Abstimmung am Mittwoch lehnten 92 von 145 Abgeordneten den Antrag von SPD und FDP ab. Dafür stimmten 52, es gab eine Enthaltung. Für einen Rauswurf hätten zwei Drittel der Abgeordneten für den Antrag stimmen müssen. 7 der 100 Abgeordneten der Koalition nahmen nicht an der Abstimmung teil, der CDU-Mann Reinhard Löffler enthielt sich. Zuvor warf sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für seinen Minister in die Bresche und lobte ihn für seine Arbeit für die Innere Sicherheit. Die Grüne Jugend widersprach Kretschmann und sieht das „Vertrauen in den Minister stark geschwächt“.

Rülke nennt Strobl eine „Schande für die Landespolizei“

SPD und FDP zeigten sich im Landtag empört darüber, dass Strobl im Amt bleiben soll, obwohl er für die Einstellung des Verfahrens in der sogenannten Briefaffäre eine Geldauflage von 15 000 Euro zahlen will. Er hatte ein Anwaltsschreiben an einen Journalisten weitergereicht. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch sagte, Strobl habe Recht gebrochen. „Es gibt nur einen Weg, Schaden vom Land abzuwenden: Und das wäre unverzüglich vom Amt des Innenministers zurückzutreten.“ Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke nannte die Affäre den „Tiefpunkt“ der politischen Kultur in der Landesgeschichte. Der Minister tauge nicht als Vorbild für die Landespolizei, deren oberster Dienstherr er ist. „Er ist eine Schande für die baden-württembergische Polizei.“

Vier Abgeordnete aus der Koalition bleiben Abstimmung fern

Bei der Abstimmung fehlten sieben Abgeordnete aus den Reihen von Grünen und CDU, sie seien alle entschuldigt gewesen. Das bedeutet, drei Abgeordnete der Grünen und ein CDU-Parlamentarier blieben der Abstimmung fern. Der Stuttgarter Abgeordnete Löffler, der sich enthielt, gilt als interner Kritiker von Strobl, weil das Innenministerium der Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Geheimnisverrats untersagt hatte.

Kretschmann: Opposition misst mit „zweierlei Maß“

Die Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens gegen eine Geldauflage in Höhe von 15 000 Euro in der sogenannten Briefaffäre sei „keine Verurteilung“, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch im Landtag. Das Verfahren gegen Strobl sei damit aus der Welt geschafft. „Es bedeutet, dass die Unschuldsvermutung gilt.“ Kretschmann hielt SPD und FDP vor, „mit zweierlei Maß“ zu messen.

Kretschmann erinnerte daran, dass auch der heutige Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) wegen eines Posts bei Twitter 5000 Euro zahlen musste. Schmidt hatte als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium im Zusammenhang mit Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Osnabrück einen kleinen Teil des Durchsuchungsbeschlusses auf Twitter veröffentlicht. Kretschmann sagte dazu, der Vorwurf sei „in einem ordentlichen und rechtsstaatlichen Verfahren“ aus dem Weg geräumt worden. „Das hat alles seine Richtigkeit.“ An die Adresse der SPD und FDP sagte er, es sei bemerkenswert, „dass sie sich heute so empören, während sie damals still waren“.

Kretschmann gegen „Scharfrichtertum“ und „Pranger“

Der Ministerpräsident erklärte, es müsse immer das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gelten. Er sei ein entschiedener Gegner von jedem „moralischen Furor“, „Scharfrichtertum“ und „Vorverurteilung“. „Sonst fallen wir wieder in die Zeit des Prangers.“ Der Grüne lobte, Strobl habe bei der Inneren Sicherheit eine Erfolgsbilanz. „Wir haben eine der niedrigsten Kriminalitätsraten in Deutschland.“ Zudem sei die Polizei personell und finanziell so stark aufgestellt wie noch nie in der Geschichte des Landes. Der CDU-Politiker stehe auch für eine „wehrhafte Demokratie“. Kretschmann sagte: „Deshalb bleibt Thomas Strobl Innenminister dieses Landes.“

Die Fraktionschefs der Grünen und der CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, wiesen den Entlassungsantrag zurück. „Er ist unseriös und in der Sache unbegründet“, sagte Schwarz. Er forderte SPD und FDP auf, sich auf die Sacharbeit im Untersuchungsausschuss zu konzentrieren und auf „abwegige Personaldiskussionen und billige Polemik“ zu verzichten. Hagel hielt der Opposition „Skandalisierung“ vor. Die Kritik werde „immer schriller, immer hämischer und ja, immer verletzender“. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel nannte die Debatte über den Antrag eine „Showveranstaltung“.

Grüne Jugend hält Strobl-Affäre nicht für erledigt

Die Grüne Jugend stimmte dagegen in die Kritik an Strobl ein. „Mit der Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens ist die Sache nicht aus der Welt geschaffen“, teilten die Sprecherinnen der Grünen Jugend im Südwesten, Aya Krkoutli und Elly Reich mit. „Die sogenannte Briefaffäre hat das Vertrauen in den Minister stark geschwächt und es wirkt leider nicht so, als sei der Minister an der Aufklärung der Sache interessiert.“ Es sei längst klar, „dass Innenminister Strobl kein Vorbild für die Polizei sein kann“.

Er stehe in der Verantwortung, die „verschiedenen besorgniserregenden Meldungen aus seinem Ressort aufzuklären und das Problem strukturell anzugehen. Das ist das Mindeste, was wir erwarten“. Die jungen Grünen spielen damit auf Strobls Rolle im U-Ausschuss in der sogenannten Polizeiaffäre an. Hintergrund sind Ermittlungen gegen den ranghöchsten Polizisten im Land, den Inspekteur der Polizei. Ihm wird sexuelle Belästigung vorgeworfen. Der U-Ausschuss will deshalb die Beförderungspraktiken bei der Polizei ausleuchten.