Erneuerbare Energien – im Bild arbeitet ein Beschäftigter an Teilen für eine Windkraftanlage – gehören zu den wichtigen Technologien. Foto: dpa/Jens Büttner

Der Branchenverband VDMA korrigiert seine Prognosen sowohl für 2020 als auch für 2021 leicht nach oben. Damit wertet der neue Maschinenbaupräsident Haeusgen die Chancen höher als die Risiken. Die Beschäftigung ist in der Krise nur leicht gesunken.

Stuttgart - Während in der Politik heftig über eine Verschärfung der Corona-Regeln auch in der Wirtschaft diskutiert wird, korrigiert der Maschinenbauverband VDMA seine Prognosen nach oben. Statt eines Produktionsrückgangs von 17 Prozent rechnet der neu gewählte VDMA-Präsident Karl Haeusgen nun „nur“ noch mit einem Minus von 14 Prozent im laufenden Jahr auf dann 194 Milliarden Euro. Und für das nächste Jahre „rechnen wir jetzt mit einem Produktionszuwachs von vier Prozent, statt der bisher erwarteten plus zwei Prozent“, sagte Haeusgen in einer Online-Pressekonferenz. Er begründet dies mit dem besser als erwartet verlaufenen dritten Quartal. Zudem habe sich die Konjunkturlage für 2021 leicht aufgehellt. Zum Vergleich: In der Weltfinanzkrise 2008/09 war die Produktion der Maschinenbauer um fast 25 Prozent eingebrochen.

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Seine aktuelle Zuversicht begründete der VDMA-Präsident so: „Wir sehen die konjunkturelle Beschleunigung aus dem Corona-Tal einerseits und eine Beschleunigung des technologischen Wandels andererseits. In dieser doppelten Beschleunigung liegen im europäischen Maschinenbau spannende Potenziale, für all diejenigen, die die richtigen Antworten auf die Herausforderungen finden“. Dass der zuletzt gestiegene Eurokurs Maschinen in Drittstaaten verteure, bereitet VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers keine größeren Sorgen. Allerdings werde das Ertragsniveau der Unternehmen darunter leiden.

Die Unsicherheiten sind groß

Haeusgen räumte aber ein, dass die Anhebung der Prognosen mit größeren Unsicherheiten als in früheren Jahren verknüpft sei. Er verwies auf die volatile Lage der globalen Wirtschaft – und das „ist Gift für die Investitionsgüterkonjunktur“. Hinzu komme der weiterhin vorhandene Protektionismus. Haeusgen: „Liquiditätsengpässe im Aufschwung werden 2021 die eigentliche Herausforderung“, erläuterte er. Grund dafür ist, dass Kunden die beauftragten Maschinen erst nach der Auslieferung vollständig bezahlen, bis dahin müssen die Maschinenbauer teilweise in Vorleistung treten. Eine Insolvenzwelle unter den Maschinenbauern erwarte er aber nicht.

In seiner ersten Pressekonferenz als VDMA-Präsident lobte Haeusgen die eigene Branche. „Bemerkenswerter ist es, dass die Betriebe ihre Produktion und ihren Service aufrechterhalten und den Personalabbau in engen Grenzen halten konnten“, sagte er. Damit habe man einen wichtigen Part gespielt, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Ende des Jahres werden im Maschinenbau den Schätzungen zufolge rund 1,025 Millionen Beschäftigte tätig sein, dies würde dann einem Rückgang von 38 000 Stellen im Vergleich zum Vorjahr entsprechen. Damit bleibe der Maschinen- und Anlagenbau weiterhin größter industrieller Arbeitgeber in Deutschland. Im nächsten Jahr soll die Beschäftigung in Summe konstant bleiben – positive Effekte durch einen Beschäftigungsaufbau etwa in neuen Technologien würden sich durch einen möglichen Abbau ausgleichen.

Zeitweise bis zu 300 000 Maschinenbauer in Kurzarbeit

Möglich sei dies aber nur aufgrund staatlicher Unterstützung wie das Kurzarbeitergeld. Im Frühjahr seien zeitweise 300 000 Maschinenbauer in Kurzarbeit gewesen, seitdem sei die Zahl gesunken, so Wiechers. Nach Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit seien es im August noch gut 200 000 gewesen. Dennoch pochte Haeusgen auf Veränderungen, „schon um die Verschleppung struktureller Anpassungen zu verhindern“. „Es darf weiterhin zu keinem Lockdown der Industrie kommen. Kitas und Schulen müssen so weit wie möglich offen bleiben, berufliche Reisen müssen wieder mit wenig bürokratischem Aufwand möglich sein“, betonte der VDMA-Präsident.

Forderungen an die Politik sind die dauerhafte Ausweitung des Verlustrücktrags, dass also Verluste eines Jahres mit Gewinnen früherer Jahre verrechnet werden. Der Zeitraum für die Anwendung des Verlustrücktrags sollte auf fünf Jahre ausgedehnt und auf ein Volumen von mindestens zehn Millionen Euro angehoben werden, forderte Haeusgen. Weil dieses Instrument nur nutzen könne, wer zuvor auch Gewinne erzielt habe, würden damit keine Unternehmen geschützt, die mit Problemen zu tun haben.

Freihandelsabkommen angemahnt

Und nicht zuletzt fordert der neue Maschinenbau-Präsident neue Freihandelsabkommen der EU mit den wichtigsten Handelspartnern zu setzen – insbesondere mit den USA. Im Gegenzug lehnt er die von der Bundesregierung geplante Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts für Investitionen aus Drittstaaten ab. Laut einer Schätzung des VDMA sind inzwischen rund 35 Prozent der Exporte aus Deutschland in Drittstaaten von Handelshemmnissen betroffen.