Bosch-Chef Volkmar Denner steuert den Konzern durch die Krise. Foto: Bosch

Der Stuttgarter Konzern wurde durch den Einbruch der Autoindustrie hart getroffen. Doch der Trend zum Rückzug ins Zuhause half dem Unternehmen ebenso wie die Kurzarbeit und harte Einsparungen. Sorge bereiten aber die Pläne der EU zu Benziner und Diesel.

Stuttgart - Der Stuttgarter Bosch-Konzern ist bisher auch dank der Heimwerker weit glimpflicher durch die Coronakrise gekommen als erwartet. Während der Umsatz der Kraftfahrzeugsparte mit einem Minus von 9,5 Prozent geradezu einbrach, legte die Verbrauchsgütersparte um fünf Prozent zu und glich den Rückgang im Autogeschäft teilweise aus. Zur Verbrauchsgütersparte gehören zum Beispiel Elektrowerkzeuge und Hausgeräte, bei denen es eine regelrechte Sonderkonjunktur gegeben habe, erklärte Bosch-Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer. Dies liege daran, dass sich die Menschen in der Pandemie auf den häuslichen Bereich konzentriert hätten.

Zahlen besser als gedacht

Bereits im Jahr 2019 hatten sich die Geschäftszahlen von Bosch verschlechtert – ein Trend, der sich angesichts der Coronakrise im vergangenen Jahr fortsetzte, allerdings bei Weitem nicht im befürchteten Ausmaß. Der Umsatz sank um 6,1 Prozent, das Betriebsergebnis um ein Drittel. Mit einem Gewinn von 1,9 Milliarden Euro liegt man trotz Krise weit im schwarzen Bereich, allerdings weit unter der Zielmarke, die man als nicht börsennotierter Konzern für die Investitionen benötigt.

Schattenseite des Erfolgs

Wirklich gesund ist diese Entwicklung nicht, denn die ordentlichen Zahlen sind teuer erkauft. Stark entlastet wurde der Konzern bei den Personalkosten – auch durch die Kurzarbeit, bei der die Sozialkassen einen Teil der Lohnkosten übernahmen. Doch Bosch hat auch in eigener Regie gespart – etwa durch Absenkungen der Arbeitszeit und durch unbezahlte Urlaubstage bei den Führungskräften. Gekürzt wurde auch bei den Investitionen, die gegenüber dem Vorjahr um mehr als 1,1 Milliarden zurückgegangen sind. Auf Dauer ist dies zwar keine geeignete Strategie für einen Technologiekonzern, dessen Erträge aus Technologien stammen, die unter hohen Investitionen entwickelt wurden. Doch in der Krise schützt es vor Verlusten.

Große Sorge um Benziner und Diesel

Große Sorgen macht sich der Konzern um die Zukunft von Diesel und Benziner. Es sei zwar zu begrüßen, dass die EU mit ihren Plänen zur Einführung einer neuen Abgasnorm namens Euro 7 die Grenzwerte schneller absenken wolle als bisher, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. Es sei allerdings kritisch zu sehen, dass die Bedingungen, unter denen die Grenzwerte gemessen werden sollen, erneut verschärft würden. Schon jetzt werden die Abgaswerte auch unter realistischen Bedingungen gemessen und nicht mehr nur im Labor – eine Lehre aus dem Dieselskandal. Die Frage ist aber, was darunter zu verstehen ist. „Muss ein Auto die Grenzwerte auch dann einhalten, wenn es mit kaltem Motor und einem Anhänger einem Berg hinauffährt, wird die Technik sehr teuer.“ Die Abgasreinigung müsste dann auf exotische Mess-Situationen ausgerichtet werden, die in der Praxis so selten vorkämen, dass sie für die Luftqualität überhaupt keine Rolle spielten. Ohnehin seien die nun geplanten Grenzwerte so niedrig, dass sie mit den heutigen Messgeräten gar nicht überprüft werden könnten. Das aber sei zwingend, um die Fahrzeuge so weiterzuentwickeln, dass sie die Vorschriften einhalten.

Hohe Investitionen ins E-Auto

Obwohl Bosch die Investitionen in die Elektromobilität inzwischen auf 700 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt und insgesamt fünf Milliarden Euro an Vorleistungen erbracht hat, macht Denner sich große Sorgen um die Zukunft der Verbrennungstechnologie. „Die Elektromobilität kommt und wird von niemandem infrage gestellt“, so Denner. „Aber die nötigen Vorleistungen müssen aus dem bestehenden Antriebsgeschäft finanziert werden.“ Nicht nur Elektrofahrzeuge, auch Diesel und Benziner könnten klimaneutral betrieben werden. Bei Elektrofahrzeugen geschehe dies durch die Verwendung von regenerativem Strom, bei Diesel und Benziner durch die Nutzung synthetischer Kraftstoffe. Denner sieht darin eine Chance, die durch die kommende Regulierung nicht vertan werden sollen. Was wirtschaftlich und sozial richtig sei, werde „damit ökologisch nicht falsch“.

Warum gilt nur E-Auto als klimafreundlich?

In der Debatte sei eine „einseitige Betonung des ökologischen Aspekts“ zu beobachten – mit der „impliziten Annahme, das sei wirtschaftlich zu verkraften. Diese Hypothese sollte dringend überprüft werden.“

Denner fordert die EU auf, bei ihrer Regulierung die Klimaschutzwirkungen synthetischer Kraftstoffe beim Verkehrssektor anzurechnen, da bei deren Nutzung das Klima geschont werde. Für die Produktion synthetischer Kraftstoffe wird Treibhausgas CO2 verwendet, das ansonsten in die Atmosphäre gelangt wäre oder dieser entzogen wird. Bei der Verwendung von erneuerbarer Energie entsteht ein CO2-Kreislauf, durch den die Atmosphäre unter dem Strich nicht belastet wird. Allerdings behandelt die EU heute Autos, die diese Kraftstoffe verwenden, genauso wie solche, die klimaschädliches Mineralöl tanken, was dazu führt, dass es kaum synthetische Kraftstoffe gibt. Denner hält das Jahr 2021 für ein kritisches Jahr. Wenn die Anrechnung synthetischer Kraftstoffe „dieses Jahr nicht kommt, wird sie eventuell gar nicht mehr kommen“.

Zukunftschance intelligente Technologien

Große Chancen sieht Denner in digitalen Technologien. Mit dem autonomen Fahren entstehe ein Zukunftsmarkt, auf den man abziele. Die Automatisierung setze mehr Intelligenz im Auto voraus, und mehr denn je würden zentrale Fahrzeugcomputer eingesetzt, die Bremse, Antrieb und Lenkung steuern. Auch wenn bei einigen Fahrzeugherstellern inzwischen Ernüchterung eingekehrt ist, will Bosch seine Position bei diesen Technologien weiter ausbauen.