Die Staatsanwaltschaft arbeitet nun den Polizeieinsatz gegen eine 20-Jährige in einem Haus im Stuttgarter Süden auf – in zwei gesonderten Ermittlungsverfahren.
Der Schuss aus einer Polizeipistole auf eine 20-jährige Frau in einem Mehrfamilienhaus im Stuttgarter Süden hat gleich zwei Ermittlungsverfahren ausgelöst. Die junge Frau hatte die Polizei in der Nacht zum Donnerstag im Treppenhaus mit einem Messer bedroht, ein Beamter stoppte sie mit einem lebensgefährlichen Schuss in den Oberkörper. Die Kugel traf allerdings auch eine Hand seines Kollegen. Ob es sich um eine Nothilfe- oder Notwehrsituation handelte und was dem Drama vorausging, wird vom Landeskriminalamt (LKA) ermittelt.
Offenbar war neben den Streifenbeamten auch ein Polizeihund im Einsatz. Doch über die Beteiligten, die Zeugen und Abläufe gibt es auf Anfrage keine Angaben. Wegen laufender Ermittlungen. Alles habe sich auf sehr engem Raum abgespielt, sagt LKA-Sprecherin Lisa Schröder lediglich. Gegen die 20-Jährige, die per Notoperation gerettet werden musste, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall und der versuchten gefährlichen Körperverletzung. „Der polizeiliche Schusswaffengebrauch wird in einem gesonderten Ermittlungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der gefährlichen Körperverletzung im Amt geprüft“, sagt Staatsanwaltssprecher Jonas Koslar. Der an der Hand verletzte Polizist musste ebenfalls noch in der Tatnacht operiert werden. Er ist damit vorerst dienstunfähig.
Schuss ins Bein oder Elektroschocker?
Polizeischüsse auf bewaffnete Angreifer lösen immer wieder Debatten über das richtige Mittel aus. Experten halten Elektroschocker, sogenannte Taser, nur unter eingeschränkten Bedingungen für eine Lösung. Ein ehemaliger Polizeitrainer weist bei der Frage des richtigen oder falschen Schusswaffengebrauchs darauf hin, dass ein Schuss ins Bein einen Angreifer meist nicht stoppen könne: „Die sogenannte Mannstoppwirkung ist ein unausrottbarer Unsinn.“
Der letzte tödliche Vorfall durch den Schuss aus einer Dienstwaffe in Stuttgart ereignete sich im Dezember 2019 in Vaihingen, als ein psychisch kranker und mit Machete bewaffneter 32-Jähriger von Beamten erschossen wurde. In Mannheim starb im April 2024 ein 31-Jähriger, der mit einer Machete in einer Universitätsbibliothek aufgetaucht war und von einer Polizeikugel tödlich getroffen wurde.