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Charles Dickens’ „Weihnachtsgeschichte – A Christmas Carol“ ist ein Klassiker, der jedes Jahr zum frohen Fest die Herzen vieler Menschen berührt. Wie diesen herzerwärmende Buch entstanden ist, erzählt Regisseur Bharat Nalluri in seinem neuen Film Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand“.

EsslingenJeder kennt Charles Dickens’ „Weihnachtsgeschichte“, die 1843 erstmals veröffentlicht wurde und seither jedes Jahr aufs Neue viele Menschen berührt. Die wundersame Wandlung des geizigen Misanthropen Ebenezer Scrooge, der von Geistern heimgesucht und zum Guten bekehrt wird, ist ewig jung und aktuell, auch wenn sie im London des 19. Jahrhunderts spielt. Dabei hätte Dickens sein berühmtestes Buch um ein Haar nie zu Papier gebracht. Höchste Zeit, dass die Geschichte hinter der Geschichte erzählt wird. Pünktlich zum frohen Fest bringt Bharat Nalluri seinen Film „Charles Dickens: Der Mann, der Weihnachten erfand“ in die Kinos. Dieses Biopic ist so wohl geraten, dass man es als vorgezogenes Weihnachtspräsent genießen darf.

Charles John Huffam Dickens (Dan Stevens, Foto) zählt zu den bedeutendsten englischen Schriftstellern aller Zeiten. Bücher wie „David Copperfield“, „Oliver Twist“ oder „Große Erwartungen“ gehören bis heute ins Schatzkästlein der Weltliteratur. Doch im Herbst 1843 sah sich Dickens in einer kapitalen Lebens- und Schaffenskrise: Eine Tournee durch die USA bleibt weit hinter den Erwartungen zurück, seine jüngsten Bücher sind ein Flop, das Geld geht zur Neige und seine Frau Catherine (Morfydd Clarke) erwartet ihr fünftes Kind. Und als sich zu allem Übel auch noch sein Vater John (Jonathan Pryce) , ein lebensuntüchtiger Bonvivant, der seinem Jungen einst eine schwere Kindheit beschert hatte, in Charles’ Haus einnistet, weiß der Autor, dass es höchste Zeit wird, ein neues Buch auf den Markt zu bringen und damit auch seinem überheblichen Rivalen Thackeray (Miles Jupp) das Maul zu stopfen. Zusammen mit seinem Freund John Forster (Justin Edwards) klappert Dickens die Verleger ab. Zu bieten hat er bis dahin nur den Titel seines neuen Buches: „A Christmas Carol – Eine Weihnachtsgeschichte“. Doch die Zeit drängt, denn bis Weihnachten sind es nur noch wenige Wochen. Als er eines Nachts auf einem Friedhof eine skurrile Trauerzeremonie beobachtet, kommt Dickens jene Idee, die bis heute zahlreiche Leser zu Tränen rührt: Er erzählt die Geschichte des alten Ebenezer Scrooge (Christopher Plummer), der ihm – zusammen mit anderen Figuren, die später sein Buch bevölkern werden – vor seinem inneren Auge begegnet. Und plötzlich sieht er die Geschichte wie ein offenes Buch vor sich liegen.

Zwiegespräche mit Scrooge

„Wir wissen, dass Dickens tatsächlich Zwiegespräche mit seinen Figuren geführt hat“, sagt Susan Coyne, die das Drehbuch nach einem Roman von Lee Standoford geschrieben hat. „Das ist die Faktengrundlage, auf der wir uns seine Gedanken ausgemalt haben. Er hat oft über seine Romanfiguren gesagt, dass sie ihm auf gewisse Weise viel wirklicher vorkämen als die Menschen in seiner direkten Umgebung.“ Und mit ihrem Konzept hat die Drehbuchautorin auch Bharat Nalluri überzeugt: „Es kommt nur selten vor, dass man auf ein Drehbuch stößt, das schon so sehr bis ins Detail ausgeformt ist. Es ist eine tolle, sehr unterhaltsame Geschichte mit wundervollen Figuren darin, die ebenfalls optisch einiges hergibt. Und dem Ganzen liegt etwas zugrunde, das etwas über unsere heutige Zeit aussagt. Wenn man so will, ist diese Geschichte wie von Dickens, der selbst so einprägsame und komödiantische Figuren geschaffen hat. Seine Bücher hatten eine große Wirkung und waren dabei einfach toller Lesestoff.“

Ein starkes Buch ist eine Sache – fast noch wichtiger ist jedoch dessen adäquate Umsetzung. Und da hat Nalluri ganze Arbeit geleistet. Mit viel Gespür trifft er den Charakter und die gedeckte Farbigkeit erfolgreicher Dickens-Verfilmungen. Das Zeitkolorit wird vorzüglich eingefangen, die Figuren sind liebevoll gezeichnet und bis in die Nebenrollen stimmig besetzt. Das trifft vor allem auf Christopher Plummer in der Rolle des zu läuternden Widerlings Scrooge und natürlich auf den Hauptdarsteller zu: Dan Stevens gelingt es, Dickens’ innere Kämpfe mit seiner Geschichte und mit den Dämonen seiner eigenen Vergangenheit nachfühlbar zu machen. Und dass das Ende durch und durch versöhnlich ist, nimmt man einem Film wie diesem ganz bestimmt nicht krumm: Immerhin ist ja bald Weihnachten. Da darf’s schon etwas mehr Zuckerguss sein.

Pünktlich zum frohen Fest erzählt Bharat Nalluris aufwendiges Biopic die Geschichte eines Weihnachts-Klassikers und seines Schöpfers. Dieser Film ist eine feine Einstimmung auf die Weihnachtszeit und macht Lust, noch etwas tiefer in Dickens’ literarisches Universum einzutauchen.