Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware in Deutschland. Foto: imago/Eberhard Thonfeld

Von den eigentlich geplanten 100 000 neuen Sozialwohnungen im Jahr ist die Regierung weit entfernt – der Bedarf an Wohnraum indes steigt. Verbände schlagen Alarm.

Vor Beginn der Haushaltswoche im Bundestag fordert das Verbändebündnis „Soziales Wohnen“, dass der Bund deutlich mehr Geld in sozialen Wohnungsbau steckt. Mindestens 12,5 Milliarden Euro seien jährlich nötig, um das von der Koalition gesteckte Ziel von 100 000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr zu erreichen – wenn diese möglichst energieeffizient sein sollen, sogar über 15 Milliarden. Außerdem fordert das Bündnis, dass auch die Länder ihren Anteil an der Förderung von sozialem Wohnungsbau erhöhen. Im Bündnis „Soziales Wohnen“ haben sich der Deutsche Mieterbund, die Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, die Industriegewerkschaft Bauen-Argrar-Umwelt, der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau zusammengeschlossen.

Weniger Wohnungen – trotz mehr Bedarf

Grundlage für die Forderung ist eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover, die das Bündnis in Auftrag gegeben hat und die unserer Zeitung vorab vorliegt. Demnach hat der Bestand an Sozialwohnungen in den vergangenen Jahren abgenommen, gleichzeitig ist der Bedarf gestiegen. So ist die Zahl der Sozialwohnungen in den vergangenen zwei Jahren um über 27 000 Stück gesunken, während die Quote an armutsgefährdeten Personen weitgehend konstant blieb. Diese Situation droht sich wegen der hohen Energiekosten weiter zu verschärfen. Außerdem brauchen zunehmend Geflüchtete aus der Ukraine günstigen Wohnraum. „Um jetzt zu retten, was noch zu retten ist, muss der Bund alle Reserven mobilisieren“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Die steigenden Preise bei Bauland und Baustoffen sowie die Unsicherheit in der Krise bringe viele Bauherren dazu, bereits angefangene Pläne wieder aufzugeben: „Das Bauklima ist so mies wie seit Jahren nicht mehr. Die Gefahr ist jetzt, dass der Bau Kapazitäten abbaut und dabei vor allem Fachkräfte verliert.“

Zehn Prozent für benachteiligte Gruppen

Neben der Aufstockung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau will das Bündnis deshalb auch, dass die Politik 60 000 Wohnungen jährlich für die Menschen schafft, die knapp keinen Anspruch auf Sozialwohnungen mehr haben. Die Kaltmiete dürfe hier nicht mehr als 8,50 Euro pro Quadratmeter betragen. Dabei solle es aber nicht nur darum gehen, neue Wohnungen zu bauen, sondern auch bestehende Gebäude aufzustocken oder umzunutzen. Insbesondere durch die Umnutzung von Bürogebäuden, die wegen des Homeoffice leer stehen, könnten laut der Berechnung des Pestel-Instituts bis zu 1,9 Millionen Wohnungen entstehen. Außerdem fordern die Verbände, in Zukunft zehn Prozent der Sozialwohnungen an benachteiligte Gruppen zu vergeben. Ebenso sollten die Planungs- und Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau schneller werden.

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Bundesregierung vorgenommen, jährlich 400 000 neue Wohnungen zu schaffen, davon 100 000 Sozialwohnungen. Bisher subventioniert der Bund den sozialen Wohnungsbau mit etwa zwei Milliarden Euro. In den kommenden Jahren soll die Summe schrittweise steigen, bis zum Jahr 2026 sind insgesamt 14,5 Milliarden Euro vorgesehen.