Normalerweise freut man sich in den Touristenhochburgen im Land über Gäste. Doch der Ausblick auf das kommende frühlingshafte Wochenende macht die Verantwortlichen nervös.
Überlingen - Wo sich sonst Touristen tummeln, Eis essen und die Frühlingssonne über dem Bodensee genießen, werden am Freitagvormittag Barrikaden aufgestellt und Absperrbänder gespannt. Der Wetterdienst prognostiziert frühlingshafte Temperaturen, und der Überlinger Oberbürgermeister Jan Zeitler (SPD) befürchtet das, worüber er sich in normalen Zeiten freuen würde: einen wahren Besucheransturm. Am Donnerstagabend veröffentlichte der OB eine Allgemeinverfügung. Die komplette Seepromenade zwischen Mantelhafen und Gondelhafen werde gesperrt.
Das Betretungsverbot gelte an allen Wochenenden und Feiertagen bis zum Ende der Osterferien, heißt es in einer Mitteilung. Der Entschluss sei Folge der Beobachtungen des vergangenen Wochenendes. Die Situation sei „noch nicht kritisch“ gewesen, die Abstandsregeln seien eingehalten worden, sagte der Leiter des örtlichen Polizeireviers, Günter Hornstein. Man habe auch noch keine Bußgelder verhängen müssen. Es stehe aber zu befürchten, dass sich dies ohne Sperrung am kommenden Wochenende ändern könnte. An schönen Tagen bevölkern mehrere tausend Menschen die Flaniermeile am Überlinger See.
Der Tourismusminister warnt
Viele Tourismus-Hochburgen am Bodensee, im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb Land befürchten, von Wochenendausflüglern überrannt zu werden. „Ich kann angesichts der Corona-Pandemie nur davor warnen, solche Orte an diesem Wochenende aufzusuchen“, sagte der Tourismusminister Guido Wolf (CDU). „Die Zeit, in der wir in Baden-Württemberg zu Höhlen wandern, am Wasser spazieren und beliebte Aussichten genießen, wird wiederkommen“, versprach er. In den kommenden Tagen sei dies aber „schlicht nicht angebracht“.
Während Überlingens Nachbarort Sipplingen ankündigte, seinen Uferweg ebenfalls zu sperren, wollen die östlich angrenzenden Seeanrainer wie Uhldingen oder Meersburg ihre Promenaden offen lassen. „Wir wollen den Menschen die Möglichkeit geben, sich auch so an die Spielregeln zu halten“, sagte der Meersburger Bürgermeister Robert Scherer (Freie Wähler). Bisher hätten sich die Bevölkerung und die wenigen Gäste sehr diszipliniert verhalten. „Sollte es an diesem Wochenende anders sein, können wir innerhalb von zwei Stunden reagieren.“
Konstanz wartet lieber ab
Auch die beiden größten Städte am See warten ab. In Friedrichshafen wurden vorsorglich die Bänke abmontiert, die Uferwege bleiben aber frei. „Wir befürchten bei einer Sperrung nur eine Verdrängung an andere Plätze“, sagte ein Sprecher der Stadt Konstanz.
An einem der meistbesuchten Tourismus-Orte des Landes, dem Bad Uracher Wasserfall (Kreis Reutlingen), wird die Zahl der Parkplätze wegen des hohen Andrangs deutlich verkleinert. Dadurch sollten die Besucherströme entzerrt werden. Die Polizei werde auf den Wanderwegen kontrollieren, größere Wandergruppen auflösen und auch anzeigen, warnte Bürgermeister Elmar Rebmann. Eine komplette Sperrung des Wasserfalls sei die allerletzte Option, falls alle Aufrufe und Kontrollen keine Wirkung zeitigten. In Blaubeuren wurde der Weg um den Blautopf gesperrt. Dort sei es vielfach zu eng, um den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter einhalten zu können.
Hochbetrieb am Breitnauer See
Am Belchen, der einen der schönsten Blicke im Südschwarzwald bietet, sind wie überall die Gastwirtschaften geschlossen, auch der Lift steht still. Es sei zuletzt kaum etwas los gewesen, sagte Sigrid Böhler, die Bürgermeisterin von Aitern (Kreis Lörrach) am Fuße des Belchen. Doch die Wanderwege sind frei. „Wenn jetzt viele auf die Idee kommen, hier herumzuwandern, wäre das schlecht.“
Am Breitnauer See (Kreis Heilbronn) herrscht schon am vergangenen Wochenende Hochbetrieb. Hunderte tummelten sich auf der Liegewiese. Der Obersulmer Bürgermeister Tilman Schmidt drohte gegenüber der „Heilbronner Stimme“ eine komplette Schließung des Naherholungsgebietes an. Bisher sind die Spazierwege frei, das Lagern auf der Wiese ist allerdings verboten. „Viele Menschen haben dort gepicknickt“, sagte ein Sprecher der Heilbronner Polizei. Die meisten hätten einsichtig reagiert, wenn man sie auf das Verbot aufmerksam gemacht habe.
Polizei hat Biker-Treffs im Auge
Auch an der Löwensteiner Platte, einem beliebten Biker-Treff, befürchtet die Polizei am Wochenende ein zu hohes Aufkommen. Anders als in Bayern seien in Baden-Württemberg Motorradausfahrten nicht grundsätzlich verboten. Wer eine Pause mache, müsse die Abstandsregeln allerdings einhalten, sagte der Polizeisprecher. „Das werden wir kontrollieren.“
Der Münsinger Bürgermeister Mike Münzing (SPD) hat dazu eine klare Meinung. „Jeder soll das Osterwetter genießen, aber vor der eigenen Haustür.“ Es sei widersinnig, sich jetzt auf den Weg zu den Hotspots auf der Schwäbischen Alb zu machen. Touristische Bewegungen seien verboten. Viele verstünden das immer noch nicht. „Wir mussten deshalb die Abstellplätze für Wohnmobilisten sperren.“ Auch Motorradausfahrten halte er zum jetzigen Zeitpunkt für falsch. „Es wird wieder jemand verunglücken, der braucht Blutkonserven und belegt in der Klinik ein Bett, das wir für Corona-Patienten brauchen.“