Studien- und Berufsberaterin Jana Thäter hilft Jugendlichen bei der Job-Wahl. Foto: Roberto Bulgrin

Was können Jugendliche bei der Wahl des Jobs beachten?

Esslingen - Noch während der Schulzeit müssen sich Jugendliche Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen. Meist ist es nicht mehr der Kindheitstraum der zur Wahl steht. Am Samstag, 14. März, findet die Aus- und Weiterbildungsmesse „Karriere 2020“ von 9 bis 16 Uhr im Neckarforum statt. Die Eßlinger Zeitung veranstaltet die Messe, auf der rund 50 Aussteller teilnehmen, zum zwölften Mal. Eine Orientierung in der Jobfrage kann ein Besuch bei der Berufsberatung geben. Im Interview spricht Studien- und Berufsberaterin Jana Thäter über Bewerbungen und Berufswünsche.

Es gibt immer mehr „neue Berufe“ - zum Beispiel im Bereich der Elektromobilität. Gleichzeitig entsteht auch bei anderen Berufsfeldern die Gefahr, keine Zukunft mehr zu haben. Wie gehen Sie damit um, wenn Jugendliche solche Jobwünsche haben?

Zunächst hinterfragen wir bei dem Jugendlichen erst einmal, wie er auf diesen Berufswunsch kommt. Und dann fragen wir, ob er die Anforderungen, die in diesem Beruf gestellt werden, überhaupt leisten kann. Erst dann können wir ihn auf Branchen hinweisen, von denen wir wissen, dass es vielleicht schwierig werden könnte. Aber wir sagen nicht: „Mach das auf keinen Fall!“ Wir wollen, dass jeder wirklich individuell das macht, was er gut kann. Wenn ein Jugendlicher einen Beruf wählt, der ihn nicht interessiert, dann wird er diesen irgendwann abbrechen und vielleicht wieder seinen alten Wunsch verfolgen.

Wie gehen Sie mit einem außergewöhnlichen Berufswunsch wie zum Beispiel Influencer oder Model um?

Es gibt schon junge Frauen, die sagen, sie wollen Model werden. Gerade in den Zeiten von „Germany`s next Topmodel“ (Anmerkung der Redaktion: TV-Show für angehende Models) ist das sehr in. Ich würde so einen Wunsch den Jugendlichen nicht ausreden, sondern ihm dabei helfen zu überprüfen, ob der Berufswunsch zu realisieren ist. Vielleicht kann es dann aber auch in eine ähnliche Richtung gehen, die eine andere Ausbildung oder ein Studium erfordert.

Gab es in ihrer Zeit als Berufsberaterin den Fall, dass Sie für jemanden keinen Beruf gefunden haben?

Aktuell kann ich mich daran nicht erinnern. Es gibt über 650 Ausbildungsberufe und 10 000 Studiengänge, da ist immer für jeden irgendetwas dabei. Es kann aber dauern und manchmal ist ein längeres Praktikum, eine Überbrückung oder eine Selbstfindung wichtig. Aber eigentlich findet jeder seinen Platz.

Wie läuft ein Gespräch genau ab?

Also es kommt darauf an. Wir sind auch sehr viel an der Schule, da melden sich die Schüler zu unseren Sprechzeiten an und können für kurze Anliegen kommen. Da machen wir dann ein Brainstorming oder klären Fragen zu Bewerbungsprozessen. Oder es kommen Jugendliche direkt zu uns in die Agentur. Dann haben wir mehr Zeit, je nachdem rund eine Stunde. Ich handhabe das so, dass ich diejenigen, die sich bei uns anmelden, vorher kontaktiere und konkret frage, was sie für ein Anliegen haben. Das ist gut, weil wir uns auch ein bisschen vorbereiten, Infos ausdrucken und das dann individuell besprechen können. Meist kommen die Jugendlichen mit konkreten Fragen. Manche kommen auch und sagen, ich weiß noch gar nicht, was ich machen will. Das kommt häufig vor. Da gibt es Strategien und viele Tests. Wir haben auf unserer Website ein Selbsterkundungstool, das wir empfehlen. Man kann damit seine Fähigkeiten und Interessen selbst von zuhause aus prüfen und bekommt tatsächlich schon erste Ideen für Ausbildungs- oder Studienrichtungen. Oft ist der erste Schritt, erst einmal herauszufinden, was du kannst, was du willst, wie du deine Zukunft siehst. Und das Beratungsgespräch ist die erste Stufe, um konkreter zu werden.

Wer kann alles zu Ihnen zur Berufsberatung in die Agentur für Arbeit nach Esslingen kommen?

Alle Jugendlichen im Alter von 14 bis 25, ohne abgeschlossene erste Ausbildung. Wenn sie noch kein Studium oder noch keine Ausbildung haben oder diese abbrechen. Dann können wir auch helfen.

Wie ist ihre Erfolgsquote für Ausbildungen und das Studium ?

Bei der Ausbildung können wir sehr helfen. Weil wir auch Stellen vermitteln und im Bewerbungsprozess unterstützen. Da ist die Erfolgsquote sehr gut. Es kommt aber immer auch auf die Branche an. Im Studium ist das schwer messbar.

Immer mehr Jugendliche absolvieren gerade das Abitur. Haben Sie da eine Veränderung gespürt im Vergleich zu vergangenen Jahren?

Ich habe das Gefühl, dass manche Jugendliche Abitur machen wollen, die sich aber von den Fähigkeiten und ihrer derzeitigen Entwicklungsstufe leichter tun würden, im Moment „nur“ einen Realschulabschluss zu machen. Die meisten denken: „Mensch, studieren ist gut.“ Wir wollen aber sagen, es ist beides gut und es ist überhaupt nicht schlechter, wenn man eine Ausbildung macht. Es ist sogar gut, man entspricht erst einmal den Anforderungen und kann dann immer noch weitergehen. Wir wollen ein bisschen den Druck nehmen und klar machen, dass Berufswahl eine „lebenslange Aufgabe“ (und Chance) ist.

Empfehlen Sie auch verstärkt Berufe, in denen Fachkräfte gesucht werden, zum Beispiel im Pflegebereich oder im Handwerk?

Anbieten können wir es, aber wir schauen eher nach den individuellen Fähigkeiten und Stärken. Wenn jemand mit dem konkreten Wunsch kommt, dann können wir da viele Bereiche öffnen. Aber wir würden nicht davor sagen, jemand soll das machen, weil das gerade gesucht wird. Wir schauen immer erst nach der Person und ob der Beruf zu ihm oder ihr passen würde.

 

Das Interview führte Simone Lohner.