Eltern können tolle Berater sein. Jugendliche sollten aber selbst entscheiden, welchen Berufsweg sie einschlagen wollen. Foto: dpa

„Und, was willst du nach dem Abi machen?“ Während die einen begeistert beginnen zu erzählen, wird es bei den anderen unangenehm still. Was helfen kann, wenn man so gar keinen Plan hat.

Bonn/Bochum - Dino-Expertin, Tierarzt oder doch lieber Baggerfahrerin? Wenn man Kinder fragt, was sie später einmal werden wollen, haben sie häufig schon eine überraschend genaue Antwort. Einige Jahre später sieht das oft ganz anders aus. Vor allem wenn das Abitur bevorsteht, tun sich viele schwer damit, eine Entscheidung zu treffen. Denn wie soll man zwischen Lernstress und Corona-Pandemie herausfinden, was man mit dem Rest seines Lebens anfangen will?

„Wenn man am Anfang seines Berufslebens steht, gibt es scheinbar unendlich viele Möglichkeiten, zwischen denen man sich entscheiden muss“, sagt Nora Hansel. Sie arbeitet als Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in Bochum. „Doch in der Realität muss man sich zu Beginn oft gar nicht für einen der vielen Wege entscheiden, sondern nur für eine grobe Richtung, in die man starten möchte.“

Hilfreich können folgende Fragen sein: Welche Branchen finde ich spannend? Was genau macht mir Spaß an meinen Hobbys und Lieblingsfächern? Wo liegen meine Stärken? Welche Tätigkeiten kann ich mir später so gar nicht vorstellen?

Oft haben Jugendliche auch schon während eines Schülerpraktikums erste Einblicke in die Berufswelt bekommen. „Auch wenn mir mein Praktikum nicht gefallen hat, kann ich das zur Orientierung nutzen“, sagt Hansel.

Natürlich spielt es nicht nur eine Rolle, mit was man sich in seinem Berufsleben beschäftigen möchte, sondern auch auf welche Art und Weise. Wer also schon genauere Vorstellungen von Gehalt, Arbeitszeiten, Work-Life-Balance oder Arbeitsumgebung hat, sollte diese direkt in seine Überlegungen miteinbeziehen und abwägen, wie wichtig ihm die einzelnen Faktoren sind.

Das kann man auch auf die Suche des passenden Studiengangs übertragen. Barbara Michalk, Referatsleiterin bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), erklärt: „Natürlich kann man sich an den inhaltlichen Schwerpunkten der Hochschulen und vor allem der Studiengänge orientieren. Oft sind für die Studierenden aber auch sekundäre Faktoren wichtig: Wie weit weg will ich von Zuhause? Will ich in einer Großstadt leben? Oder sollte es eher eine kleinere Stadt sein, weil das womöglich den Studienstart erleichtert?“

In dieser ersten Orientierungsphase können auch Onlinetests helfen, zum Beispiel der SIT-Interessenstest des HRK-Hochschulkompasses oder das Check-U-Programm der Arbeitsagentur. „Wichtig ist, dass die Ergebnisse nicht in Stein gemeißelt sind, sondern eher Vorschläge machen, in welche Richtungen es gehen könnte“, betont Hansel. Interessenten sollten darauf achten, dass Onlinetests kostenlos sind.

Auch Gespräche mit der Familie und den Freunden können weiterhelfen. „Bei Onlinetests wird oft gefragt, wo ich selbst meine Stärken und Interessen sehe. Aber natürlich ist es auch interessant zu vergleichen, wie andere mich wahrnehmen“, sagt Michalk.

Eltern seien oft tolle Beratungspartner, weil sie ihre Kinder so gut kennen, sagt Berufsberaterin Nora Hansel. „Manchmal aber muss man aufpassen, dass sie ihren Nachwuchs nicht bewusst oder unbewusst in eine falsche Richtung drängen, weil sie zum Beispiel veraltete Vorstellungen von Frauen- und Männerberufen haben.“ Wichtig sei, Meinungen zu sammeln, am Ende jedoch seine eigenen Entscheidungen zu treffen und seinen eigenen Weg zu gehen.

Konkret bedeutet das, nach der ersten Orientierungsphase in die zweite Phase zu starten: Den Realitätscheck. Ist die Branche, der Studiengang oder das Berufsfeld wirklich so, wie ich mir das vorstelle? „Unter normalen Bedingungen würde ich angehenden Studierenden empfehlen, sich die Hochschulen vor Ort anzuschauen und sich vielleicht auch mal in eine Vorlesung zu setzen“, sagt Michalk.

Durch die Corona-Pandemie ist jedoch vieles anders. Während die Orientierungsphase nach wie vor gut von zu Hause aus funktioniert, fällt der Realitätscheck eher flach. Hier heißt es kreativ werden: „Man kann online einen Blick ins Vorlesungsverzeichnis werfen oder sich Videos aus dem Fach oder Fachbereich bei YouTube anschauen“, schlägt Michalk vor. Manche Unternehmen bieten auch trotz Pandemie Praktika an.

Sogar manche Freiwilligendienste oder Auslandsaufenthalte werden noch angeboten, sagt Hansel und fügt hinzu: „Die momentane Lage ist für Abiturienten wirklich bescheiden. Ich kann aber alle dazu motivieren, nicht aufzugeben und das beste aus der Situation zu machen.“

Check-U-Programm der Arbeitsagentur unter http://dpaq.de/Ju0Sa