Die Tafelläden sind gerade sehr gefragt, gleichzeitig ist das Angebot gesunken. Foto: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod

Die Tafelläden in Bernhausen und Echterdingen haben rund zwei Drittel weniger Lebensmittel zur Verfügung als im Vorjahr. Warum ist das so?

Gerade jetzt, wo so viele Menschen wie lange nicht auf Hilfe angewiesen sind, um finanziell über die Runden zu kommen, können Tafelläden nicht mehr in dem Maße unterstützen, wie gewohnt. Es fehlt an Waren, die sie zu kleinen Preisen an Bedürftige verkaufen können. „Das Problem haben alle Tafelläden bundesweit, wir sind da keine Ausnahme“, sagt Tanja Herbrik vom Kreisdiakonieverband, die den Bereich Armut und Beschäftigung leitet und damit unter anderem die Tafelläden in Bernhausen und Echterdingen im Blick hat. Besonders deutlich sei der Warenmangel bei Obst und Gemüse: „Wenn wir früher 18 Kisten bekommen haben, sind es heute drei bis fünf“, sagt Herbrik.

Die Gründe für den Warenmangel seien vielseitig, sagt die Fachbereichsleiterin. Zum einen hätten Supermarktketten, die ihre übrig gebliebenen Waren an die Tafelläden weiterschenken, ein besseres Warenwirtschaftssystem entwickelt, wodurch weniger übrig bleibe. Sie würden passgenauer bestellen, was sie brauchen. „Das ist natürlich gut, wir begrüßen, dass die Verschwendung von Lebensmitteln zurückgegangen ist. Aber es kommt eben weniger bei uns im Tafelladen an“, sagt Herbrik.

Supermärkte haben eigene Aktionen

Ein weiterer Grund sei, dass einige Discounter die Waren, die sie früher an Tafelläden weitergegeben hätten, nun selbst in Tüten verpacken und für einen günstigen Fixpreis verkauften. Aktionen, bei denen Kunden im Supermarkt volle Tüten für die Tafelläden kaufen konnten, seien zurückgefahren worden. Zudem würden manche Firmen, die bei Überproduktion einige Paletten an die Tafelläden verschenkt hätten, diese nun eigenständig in Krisengebiete oder Notunterkünfte senden. „Wir haben keinen Anspruch auf diese Waren“, betont Herbrik. „Aber dadurch ist bei uns die Warenmenge geringer.“

Was die Situation erschwert, ist der Umstand, dass zeitgleich zum Warenmangel viel mehr Menschen bedürftig geworden sind. Seit der Coronapandemie hätten deutlich mehr Menschen eine Berechtigung, in einem Tafelladen einzukaufen, sagt Herbrik, seit der Energiekrise seien es noch einmal mehr. Und auch viele Geflüchtete aus der Ukraine seien auf die günstigen Lebensmittel angewiesen. „Das ist eine Schere, die auseinandergeht, die wir so nicht mehr in den Griff bekommen“, sagt Herbrik. Das zeige sich auch daran, dass die Diakonischen Beratungsstellen deutlich mehr Zulauf hätten von Menschen, die Hilfe suchten.

Was also tun? In den Tafelläden in Echterdingen und Bernhausen werde versucht, die wenigen Waren auf möglichst viele Köpfe zu verteilen, sagt die Fachbereichsleiterin. Die Regale würden deshalb nicht gleich morgens voll gefüllt, sondern im Laufe des Tages würden nach und nach Waren aus dem Lager geholt. Außerdem gebe es die Regelung, dass Kunden aus einer Produktkategorie nur noch ein Ding auswählen dürften – zum Beispiel entweder H-Milch oder Zucker. „Dadurch ist die Einsparsumme für die Leute viel geringer“, bedauert Herbrik, und sie nennt die Arbeit der Tafelläden derzeit eine Mangelverwaltung. Das sei unbefriedigend für die Kunden, aber auch für die Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer.

Aufruf zu Spenden

Die Fachbereichsleiterin hofft, dass Menschen, die genug haben, ab und zu haltbare Lebensmittel an die Tafelläden spenden. „Wir freuen uns auch über eine Packung Nudeln“, sagt sie. Jedes Bisschen helfe. Zu Beginn der Coronapandemie habe es unglaublich viele private Spenden gegeben. Solche Solidarität brauche es jetzt wieder. „Tafelläden sind eigentlich nur ein Zusatzangebot. Aber im Moment sind wir dringende Notwendigkeit. Das erschreckt mich, dafür sind wir eigentlich nicht da“, sagt Herbrik.