Ob vor Ort oder zu Hause: Wo Beschäftigte ihre Bereitschaftszeiten verbringen, ist individuell geregelt. Foto: dpa//Jens Kalaene

Am Wochenende für Notfälle ausrücken: In vielen Branchen gibt es Bereitschaftsdienste. Aber was darf man während der Wartezeiten? Und wie sieht die Vergütung aus? Rechtsexperten geben Antworten.

Köln/Bamberg - Die meisten verbinden den Bereitschaftsdienst vermutlich mit Ärztinnen und Ärzten oder Pflegekräften im Krankenhaus. Doch auch in vielen anderen Bereichen leisten Angestellte Bereitschaftsdienste, etwa bei der Polizei, im Pflegeheim, in IT-Unternehmen oder im Handwerk.

Auch wenn der Name Hinweise darauf gibt, worum es geht, sieht jeder Bereitschaftsdienst anders aus. „Da gibt es keine einheitliche Definition“, sagt Nathalie Oberthür, Rechtsanwältin und Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Häufig regeln Tarifverträge die Feinheiten. Was Beschäftigte wissen sollten:

Was zählt als Bereitschaftsdienst?

„Bereitschaftsdienst heißt: Ich halte mich bereit, um innerhalb kurzer Zeit Arbeitsleistungen zu erbringen“, sagt Oberthür. Die Ausgestaltung ist individuell. Dem einen ist ein fester Aufenthaltsort vorgeschrieben, der andere muss nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Arbeit aufnehmen können und kann selbst entscheiden, wo er sich aufhält. Letzteres nennt sich Rufbereitschaft und ist eine Form des Bereitschaftsdienstes. Davon abzugrenzen ist dagegen die Arbeitsbereitschaft, bei der der Angestellte vor Ort sein und den Arbeitsbedarf stets selbst im Blick haben muss.

Ist Bereitschaftsdienst Arbeitszeit?

„Arbeitszeitrechtlich ist das Arbeitszeit“, stellt Till Bender, Sprecher der Rechtsschutzabteilung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) klar. Früher einmal galten die Phasen des Bereitschaftsdienstes, in denen man nichts zu tun hatte, als Ruhezeit. Dank eines Urteils (Az. C-518/15) des Europäischen Gerichtshof ist das heute anders. Denn selbst wenn man nicht in Anspruch genommen wird: „Bereit zu sein ist ja auch eine Form von Eingespanntsein“, so Bender.

Wie wird Bereitschaftsdienst vergütet?

Das ergibt sich aus dem Arbeits- oder auch dem Tarifvertrag. Üblicherweise werden Bereitschaftsdienste geringer honoriert als „richtige“ Arbeitszeiten. „Es ist ja klar, dass die Leistung in der Regel in der Bereitschaft weniger ist“, sagt Bender.

„Gut ist schon einmal, wenn ein Bereitschaftsdienst überhaupt bezahlt wird“, sagt Nathalie Oberthür. „Manche Unternehmen drücken einem Mitarbeiter ein Telefon in die Hand und sagen: „Gehen Sie dran, wenn es klingelt.“ Unterm Strich muss allerdings für die gesamte Arbeitszeit, zu der eben auch der Bereitschaftsdienst gehören kann, mindestens der gesetzliche Mindestlohn herauskommen.

„Wie fair eine Vergütung der Bereitschaftsdienste ist, hängt von zwei Aspekten ab“, erläutert Oberthür. „Das sind zum einen die Einschränkungen: Wie begrenzt bin ich? Und wie sehr muss ich damit rechnen, während des Dienstes in Anspruch genommen zu werden?“

Was darf man während der Bereitschaftszeit tun und was nicht?

„Das richtet sich danach, ob es Vorgaben gibt, wo man sich aufhalten muss“, sagt Oberthür. Manche Beschäftigte müssen die Bereitschaftszeit etwa in einem Ruheraum in der Klinik ableisten. Andere müssen lediglich an einem Ort sein, von dem sie sich innerhalb einer bestimmten Zeit am Arbeitsplatz einfinden können.

„Inhaltlich gibt es keine Vorgaben, man muss sich lediglich arbeitsbereit und arbeitsfähig halten“, erklärt die Anwältin. „Man sollte also besser keinen Alkohol trinken.“ Auch Till Bender sieht viele Möglichkeiten. „Man kann Radio hören, fernsehen, lesen, Handy daddeln, sich unterhalten. Man kann auch schlafen, wenn man relativ schnell wieder wach wird.“

Sind Arbeitnehmer verpflichtet, Bereitschaftsdienste zu übernehmen?

Auch hier ist entscheidend, was im Arbeitsvertrag steht. Sind dort Bereitschaftsdienste vorgesehen, sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet. Das Arbeitszeitgesetz legt mit maximal 10 Stunden eine Höchstarbeitsdauer fest, wobei die Mehrstunden ausgeglichen werden müssen. „Da Bereitschaftsdienste Arbeitszeit sind, gilt diese Grenze“, sagt Bender. „Allerdings sieht das Gesetz Ausnahmen vor. Per Tarifvertrag kann die Grenze ausgeweitet werden.“

In der Praxis können die Zeiten somit den Erfordernissen angepasst werden. Entsprechend groß ist die Bandbreite der Einzellösungen. „Gibt es einen Tarifvertrag, geht der Gesetzgeber davon aus, dass der Arbeitnehmer bei solch einer Lösung nicht über den Tisch gezogen wird und es entsprechenden Ausgleich gibt“, betont Bender.