Ribanna (Marina Hohnke) wurde ermordet. Ihr Mann Old Firehand (Peter Bechtel) und Winnetou (Matthias M.) trauern gemeinsam. Quelle: Unbekannt

Von Sigfried Baumann

Sie nennen ihn den „Mann der 1000 Ideen“, den Textbuchautor und Regisseur der Süddeutschen Karl-May-Festspiele in Dasing bei Augsburg. Für seine diesjährige Inszenierung von „Winnetou, 2. Teil“ hat Peter Görlach eine dieser 1000 Ideen umgesetzt. Ja, er hat es gewagt, in dieser Geschichte frei nach Karl May erstmals auf der Dasinger Bühne die beiden Westmänner Old Shatterhand und Old Firehand gemeinsam auftreten zu lassen. Das ist auch der gravierende Unterschied zur Inszenierung von 2007, denn damals stand „Winnetou, 2. Teil“ erstmals auf dem Spielplan der Süddeutschen Karl-May-Festspiele. Geht es nach Peter Görlach, so soll dieser gemeinsame Auftritt ein Novum bleiben. Denn es ist nicht einfach, als Autor beiden berühmten Westmännern gleichermaßen gerecht zu werden.

Hier helfen ihm aber die beiden Akteure Helmut Urban (Old Shatterhand) und Peter Bechtel (Old Firehand), die im Spiel bestens miteinander harmoniern. Görlachs Buch bietet beiden die Möglichkeit zur eigenen Entfaltung. Urban spielt den Old Shatterhand bereits zum 5. Mal auf der Dasinger Freilichtbühne, Bechtel wechselte allerdings das Fach: Im vergangenen Jahr noch als skrupelloser Colonel Brinkley im „Schatz im Silbersee“ zu sehen, ist seine Interpretation Old Firehands allein durch sein Äußeres überaus glaubhaft, ja fast väterlich. Im Stück taucht Firehand unvermittelt auf, nachdem er seit zwei Jahren verschollen war und von seiner Frau Ribanna für tot gehalten wird. Mit seinem Erscheinen nimmt die Geschichte Fahrt auf. Im Land versetzt der Geheimbund des Ku-Klux-Klan die Bewohner in Angst und Schrecken und der Ölbaron Forster versucht, mit allen unerlaubten Mitteln heiliges Indianerland in seinen Besitz zu bekommen. Dazwischen entwickelt sich die zarte Liebesgeschichte zwischen Winnetou und Ribanna, die aber auch vom finsteren weißen Häuptling der Komantschen Parranoh begehrt wird. Diesen spielt Peter Görlach selbst mit der gewohnten Souveränität. Nachdem er Ribanna tötet, weil sie seine Liebe verschmähte, wird er selbst am Ende Opfer des Ku-Klux-Klan.

Das von Görlach gemixte Abenteuer-Menü schmeckt deshalb, weil er sich an die bewährten Zutaten hält. Es wird wie immer viel gekämpft. Und es knallt am Ende wie noch nie bei einer Dasinger Karl- May-Inszenierung. Der Pyrotechniker Roland Neumann leistet ganze Arbeit. Gewürzt wird das Ganze mit einer Prise Romantik und Humor, für den Sam Hawkens (Michael Englert) und der chinesische Koch Hatschi Ling (Björn Trenner) sorgen. Letzterer ist die eine positive Überraschung im Ensemble von „Winnetou, 2. Teil“. In all den Jahren verkörperte Trenner stets einen Indianer und scheute vor keiner Action-Szene zurück. Sportlich und kämpferisch, so kannte man ihn. Dem Hatschi Ling verleiht er humorvolle Leichtigkeit nicht allein durch den vielfach von ihm zitierten Konfutius. Dabei war er von seiner neuen Rolle zunächst gar nicht angetan.

Für die zweite positive Überraschung im Ensemble sorgt die 24-jährige Marina Hohnke als Ribanna. Anmutig und mit viel Gefühl verkörpert sie ihre Rolle. Ihre gemeinsamen Szenen mit ihrer großen Liebe Winnetou wirken ehrlich und nicht aufgesetzt. Und selbst in ihrer Todesstunde macht sie eine gute Figur. Es ist ihr erster Auftritt auf der Dasinger Bühne. Möge es hoffentlich nicht ihr Letzter sein. Und noch eine Besonderheit bietet Dasing. Mit Matthias M. verfügt man über den dienstältesten Winnetou der deutschen Karl-May-Bühnen. Er spielt den Häuptling der Apachen bereits in der 12. Saison und wird der Rolle anscheinend nicht müde. Trotz der langen „Dienstzeit“ ist er mit seinen 34 Jahren immer noch der jüngste Winnetou-Darsteller in der Branche. Das Drehbuch zu „Winnetou, 2. Teil“ beschert ihm am Ende einen äußerst waghalsigen Sprung von einem brennenden Ölturm. Der Applaus eines dankbaren Publikums ist ihm in dieser Szene gewiss. Auf der Seite des Bösen (es ist halt wie im Märchen) überzeugt Waldemar Wichlinski als Ölbaron Emery Forster. Dass es in „Winnetou, 2. Teil“ auch um Anstand und Moral geht, dafür sorgt Gisela Böhnisch als Senora Gonzilla, Anführerin der schlagkräftigen Frauenbewegung „Zucht und Ordnung.“ Nur eines in dem Stück ist überflüssig: die Rolle der Tänzerin Dolores. Da ist es nur logisch, dass Senora Gonzilla gegen eine solch anrüchige Tanzveranstaltung protestiert.

Und der „Mann der 1000 Ideen“ hat für die Saison 2017 bereits eine neue, welche der Bühne in Dasing wie schon bei „Kapitän Kaiman“ im Jahre 2009 eine Ausnahmestellung garantieren könnte.

Vorstellungen

Gespielt wird in Dasing noch bis zum 18. September jeweils samstags um 16 und 20 Uhr und sonntags um 17 Uhr. Erwachsene zahlen 25 Euro, Kinder bis 14 Jahre 19 Euro. Im Preis enthalten ist auch eine Tageskarte für den Erlebnispark der Western City. Anfahrt über die Autobahn A 8 Ulm, Augsburg, Ausfahrt Dasing, dann Ausschilderung „Western City“ folgen.