Die Verbrennung von Kohle in Münster soll 2025 enden, dann übernehmen Gaskessel die Wärmeproduktion. Foto: /Uli Nagel

Mit der Umstellung auf Gas befürchten die Sozialdemokraten für die Fernwärme in Stuttgart neue Abhängigkeiten. Gelingt bis 2035 der Wechsel auf grünen Wasserstoff?

Stuttgart - Bei den Sozialdemokraten vertiefen sich beim Blick auf die Pläne zum Umbau der Fernwärmeversorgung in Stuttgart die Sorgenfalten. Nach der Umstellung des Kraftwerks Gaisburg der Energie Baden-Württemberg (EnBW) soll ab 2025 auch die Anlage in Münster keine Kohle und kein Öl mehr verbrennen, sondern neben Müll dann Gas. 2020 hatte die EnBW die Steinkohle für ihre Kraftwerke fast vollständig aus Russland bezogen. Für ganz Deutschland betrachtet ist Russland der größte Gaslieferant. „Gerade die Folgen des russischen Feldzugs gegen die Ukraine zeigen, wie wichtig eine schnelle Unabhängigkeit von russischem Gasist“, sagt die Stuttgarter SPD-Landtagsabgeordnete Katrin Steinhülb-Joos.

Die EnBW verspricht mit dem Wechsel auf Gas für die Anlage in Münster rund 60 Prozent weniger Kohlendioxidausstoß und weniger Luftschadstoffe vor Ort. Installiert werden soll neben neuen Gaskesseln auch eine Großwärmepumpe, die Restwärme nutzt und so den Wirkungsgrad erhöht. Die EnBW sieht Gas als Brückentechnologie, später sollen die neuen Turbinen auch Wasserstoff aus erneuerbaren Energien verbrennen können.

Wärme aus den Neckar?

Steinhülb-Joos fordert in Münster den Einsatz alternativer Technologien, um Abhängigkeiten zu verringern. So solle die Landesregierung, die als Hauptaktionär die Strategie der EnBW lobe, von dem Konzern den Einbau einer Wärmepumpe zur Nutzung der Wärme des Neckarwassers einfordern. Als gutes Beispiel für ein diverses Portfolio nennt Steinhülb-Joos den Mannheimer Energieversorger MVV, der auch Tiefen-Geothermie einsetzen wolle, dazu Müll, Biomasse und eine Großwärmepumpe. Steinhülb-Joos bezweifelt, dass „in nur 13 Jahren ausreichend Wasserstoff vorhanden sein wird, der einerseits kostenattraktiv, andererseits mit erneuerbaren Energien hergestellt worden ist“.

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In der Antwort des von Thekla Walker (Grüne) geführte Ministeriums für Umwelt, Klima- und Energiewirtschaft auf die Anfrage der SPD-Abgeordneten heißt es, der Einsatz von Wasserstoff solle auf die Industrie, Teile des Verkehrssektors und die Stromerzeugung konzentriert werden. „Langfristig“ sei auch mit einem Einsatz in Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und zur Versorgung in Wärmenetzen zu rechnen. Dazu müssten bis 2035 „zusätzliche Erzeugungskapazitäten in Baden-Württemberg aufgebaut“ werden. Gezielte Einflussmöglichkeiten des Großaktionärs Land auf die EnBW seien „begrenzt“, so Walker. Steinhülb-Joos zeigt sich damit nicht zufrieden. Aus ihrer Sicht lasse das Land der EnBW Planungen durchgehen, „nach denen wir auf viel zu lange Zeit auf Erdgas angewiesen sein werden“.