Eine Bauherrengemeinschaft will in Deizisau in der Schul- und Kirchstraße in zwei Gebäuden zwölf neue Wohnungen schaffen. Der Gemeinderat hat dafür den Flächennutzungsplan geändert.
Läuft alles nach Plan, rücken noch in diesem Herbst im alten Ortskern von Deizisau die Bagger an und reißen entlang der Schul- und der Kirchstraße viereinhalb marode Gebäude ab, die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Dort sollen unterhalb der evangelischen Kirche bis zum Sommer 2024 zwei Neubauten mit zwölf zwischen 70 und 126 Quadratmeter großen Wohnungen und einer Tiefgarage entstehen. Zwischen den beiden Gebäuden ist dort, wo derzeit noch ein schmaler dunkler Weg von der Schulstraße aus zur Kirche hinaufführt, eine helle, großzügige Freitreppe geplant. An deren oberen Ende soll unterhalb der Kirche ein „Platz mit hoher Aufenthaltsqualität“ entstehen, wie Deizisaus Bürgermeister Thomas Matrohs sagt. Fortschrittlich ist auch die Heizanlage mit einer Wärmepumpe und Hybridkollektoren auf dem Dach, die unter anderem den Strom für die Wärmepumpe liefern sollen.
Das Besondere an dem Projekt aber ist: Auf dem Gelände – Matrohs spricht von einem „sensiblen Bereich im alten Ortskern“ – möchte eine Bauherrengemeinschaft gemeinsam bauen. Der örtliche Gemeinderat hat kürzlich den Weg dafür freigemacht, als er den Bebauungsplan einstimmig änderte. Damit ist die Voraussetzung geschaffen, dass die Mitglieder der Baugemeinschaft das Areal, das bislang der Gemeinde Deizisau gehört, gemeinsam kaufen und loslegen können. Für Matrohs werden aber nicht einfach nur zwei neue Gebäude entstehen, vielmehr sieht der Deizisauer Verwaltungschef das Projekt als Teil einer Achse, die vom Quartiershaus mit seinem Altenpflegeheim, entlang der Marktstraße vorbei am Alten Rathaus hinauf zur Schulstraße und zur evangelischen Kirche reicht. „Mich hat der Gedanke an eine Baugemeinschaft sofort fasziniert“, sagt Matrohs, obwohl das eher etwas für größere Städte sei.
Einen großen Vorteil sieht der Deizisauer Verwaltungschef darin, dass die Gemeinde einen größeren Einfluss auf die Planungen hatte, als wenn sie das Gelände an einen Bauträger verkauft hätte. „Ich sehe das als ein zusätzliches Modell, das ein Bauträger so hätte gar nicht anbieten können“, sagt Thomas Matrohs.
Nachdem die Gemeinde im Internet eine Plattform freigeschaltet hatte, auf der sich bauwillige Interessenten eintragen konnten, hatte im Januar 2020 in der Zehntscheuer kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie eine erste Infoveranstaltung stattgefunden. Einige Monate später stellten fünf Gruppen dem Gemeinderat ihre Pläne vor. Schließlich ging die Planungsgruppe um den Stuttgarter Architekten und Projektsteuerer Elmar Flassak als Sieger hervor.
Nach dem Erfolgsrezept gefragt, verweist Flassak auf die Strategie seiner Baugemeinschaft, „für das Projekt vor allem Menschen aus dem Ort zu finden“, was auch tatsächlich gelungen ist. Mehr als die Hälfe der Mitglieder stammt aus Deizisau oder hat einen Bezug zur Gemeinde. Dazu gehört auch Gabriele Binder, die früher einmal mit ihrer Familie in Deizisau lebte, dann nach Esslingen gezogen ist, und nun wieder in ihre alte Heimat zurückkehren möchte.
Auf die Frage, was sie und ihre Mitstreiter sich vom Modell einer Bauherrengemeinschaft versprechen, braucht Binder nicht lange zu überlegen. „Dass wir finanziell besser wegkommen“, sagt sie und verweist auf inzwischen „bedenkliche Baupreise“ von mehr als 6000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Flassak geht davon aus, am Ende bei knapp 4600 Euro pro Quadratmeter zu landen.
Doch das Finanzielle ist nur ein Vorteil, den Binder sieht. „Es ist doch besser, wenn man die Menschen, mit denen man später einmal zusammen wohnen wird, vorher kennt“, sagt sie. Und so verwundert es nicht, dass im Vorfeld auch Bewerber abgelehnt wurden, die zwar gerne mitgemacht hätten, aber nicht in die Gruppe gepasst haben. Dieser Gemeinschaftsgedanke spiegelt sich nicht zuletzt im geplanten Innenhof und dem Gemeinschaftsraum der Wohnanlage wider. Beide sollen laut Flassak nicht nur dem sozialen Leben der Baugemeinschaft, sondern dem gesamten nachbarschaftlichen Umfeld zu Gute kommen.
Die alten Häuser können nicht erhalten werden
Zeitplan
Voraussichtlich noch in diesem Herbst werden unterhalb der evangelischen Kirche in Deizisau viereinhalb Gebäude abgerissen. Die Häuser an der Kirch- und Schulstraße stammen wahrscheinlich aus dem 18. Und 19. Jahrhundert und sind so marode, dass sie laut dem Deizisauer Bürgermeister Thomas Matrohs mit keinem noch so großen Aufwand erhalten werden können.
Bauplätze
Die Bauplätze sind schon seit Jahren im Eigentum der Gemeinde und sollen nun an eine Bauherrengemeinschaft verkauft werden. Gemeinsam mit ihrem Architekten Elmar Flassek wollen die zwölf Mitglieder – mehr als die Hälfte von ihnen wohnt in Deizisau oder hat früher einmal in der Gemeinde gelebt – wollen auf den beiden Baufeldern zwei Neubauten mit jeweils sechs Wohnungen und einer gemeinsamen Tiefgarage errichten. Zwischen den Gebäuden wird eine Freitreppe von der Schulstraße hinauf bis zur evangelischen Kirche führen, wo ein kleiner Dorfplatz entstehen soll.