Um ein Konzept für die Züge der Gäubahn wird heftig gerungen. Foto: Stefanie / Schlecht

Die Städte und Gemeinden entlang der Gäubahnstrecke wollen ein Gutachten in Auftrag geben. Stuttgart und die Region halten das für überflüssig. Das Land hingegen sagt zu, die Arbeit finanziell zu unterstützen – obwohl die Kosten unbekannt sind.

Nach dem Faktencheck ist vor dem Faktencheck: Städte und Gemeinden entlang der Gäubahnstrecke wollen die von der Deutschen Bahn und der Landeshauptstadt Stuttgart präsentierten Fakten zur geplanten Unterbrechung der Verbindung von neutraler Stelle untersuchen lassen. In diesem Vorhaben haben sich die Streckenanrainer einen mächtigen Verbündeten gesichert: Das Landesverkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne) hat fachliche und finanzielle Unterstützung zugesagt. Stuttgart und die Region sehen die Notwendigkeit der neuerlichen Studie hingegen nicht.

Argumente der Stadt und der Bahn auf dem Prüfstand

Auf Wunsch des Interessenverbands Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn (GNBB), eines Zusammenschlusses von Städten, Gemeinden und Institutionen entlang der Strecke, hatten die Deutschen Bahn und die Stadt Stuttgart im November vergangenen Jahres ihre Positionen dargelegt, warum aus ihrer Sicht eine Unterbrechung der Gäubahnstrecke ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme von Stuttgart 21 unumgänglich ist. Zudem wurden Varianten präsentiert, wie die Folgen dieser Kappung, deren Dauer vom Bau einer alternativen Streckenführung abhängig ist, für die Fahrgäste abgemildert werden könnten. Am aussichtsreichsten erschien den Teilnehmern eine Ausweitung des Stuttgarter S-Bahnnetzes auf der Gäubahn bis Horb.

Die Stichhaltigkeit dieser Argumente soll auf Wunsch der GNBB von neutraler Seite überprüft werden. Das sei kein Misstrauen gegenüber dem Vorgetragenen, sondern das Bedürfnis, tatsächlich befriedend zu agieren, heißt es in einer Mitteilung der Vereinigung. Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg habe seine fachliche und finanzielle Unterstützung angeboten.

Verkehrsministerium unterstützt neue Studie

„Das Verkehrsministerium versteht das Bedürfnis des Interessenverbands Gäubahn nach einer unabhängigen Bewertung der Aussagen im Faktencheck, weil dies die Akzeptanz für die einschneidende Maßnahme der jahrelangen Kappung der Gäubahn erhöhen wird“, erklärt ein Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann. Auf Wunsch des Interessenverbands werde das Ministerium bei der Suche nach einem geeigneten Gutachter und bei der Formulierung der Fragestellungen behilflich sein. Dabei soll es aber nicht bleiben. Auch finanziell engagiert sich das Verkehrsministerium – ohne zu wissen, wie hoch die Rechnung wird. „Das Verkehrsministerium hat eine Mitfinanzierung von bis zu 50 Prozent in Aussicht gestellt, beziffert ist diese bislang nicht“, so der Sprecher.

Ruf nach erneuter Prüfung einer Umleitungsstrecke

Zwei Varianten zur unterbrechungsfreien Führung wurden bei dem Faktencheck ebenfalls präsentiert. Allerdings fielen die Umleitungen via Tübingen einerseits und über Renningen andererseits bei einer näheren Prüfung durch die Deutschen Bahn durch: Beide Varianten würden den übrigen Bahnverkehr gravierend beeinträchtigen. Allerdings fordert nun Hans Dieter Scheerer, FDP-Abgeordneter und Mitglied im Verkehrsausschuss des Landtags, die Alternativroute über Renningen vertieft zu überprüfen. In einem Schreiben an Regionaldirektor Alexander Lahl regt er an, nur die zweistündlich fahrenden Intercitys zwischen Zürich und Stuttgart über Renningen zu leiten und so eine umsteigefreie Verbindung aus dem Gäu nach Stuttgart sicherzustellen.