Relikt aus alten Tagen: das Lehrschwimmbecken im Keller der Grundschule Baltmannsweiler. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Anderswo werden Schwimmbäder dicht gemacht, in Baltmannsweiler hat man anders entschieden: Das Bädle im Keller der Grundschule wird für eine Million Euro saniert.

BaltmannsweilerMit Ausmaßen von nur etwa acht auf vier Metern ist es unscheinbar klein. Für Trainer, die andere an das Element Wasser gewöhnen und ihnen die Schwimmtechnik beibringen, ist es jedoch von unschätzbar großem Wert. Petra Erlewein, die Leiterin der Volkshochschule Baltmannsweiler, bezeichnet das Lehrschwimmbecken in den Katakomben der Grundschule gerne als „Perle“. Denn sie kann sich kaum retten vor Anmeldungen. Schwimm- und Wassergewöhnungskurse, aber auch Aqua-Gymnastik für Hüfte und Knie seien äußerst beliebt und schnell ausgebucht. Neun Kurse für Kinder, drei für Erwachsene in nur einem Semester sprechen nach ihrer Überzeugung eine deutliche Sprache. Erlewein ist deshalb heilfroh, dass die Gemeinde bereit ist, viel Geld zu investieren, um das Lehrschwimmbecken zu erhalten. Denn für sie steht außer Zweifel: „Jedes Kind muss schwimmen können.“

Tanja Loichen, die kommissarische Leiterin der Grundschule Baltmannsweiler, kann das nur unterstreichen: „Schwimmen ist immens wichtig für die Körperkoordination.“ Weil zudem immer mehr Kinder und Erwachsene ertrinken, kämpft Loichen dafür, dass alle Kinder schon im Grundschulalter das Schwimmen lernen. Sie weiß um den Mangel an Bädern, deshalb ist sie glücklich, im eigenen Haus ein Schwimmbecken zu haben. Im Gemeinderat haben Loichen und Erlewein Überzeugungsarbeit geleistet: Die Kommune solle die Einrichtung unbedingt behalten.

Dass sich das Gremium anfangs schwer getan hat, ist nachvollziehbar. Eine Million Euro – so hoch sind die geschätzten Kosten für eine Modernisierung – schüttelt die kleine Gemeinde nicht mal schnell aus dem Ärmel. Doch im Oktober 2018 fällte der Gemeinderat bei nur vier Gegenstimmen eine Grundsatzentscheidung: Das Lehrschwimmbecken wird nicht aufgegeben.

„Natürlich tut so eine große Investition weh“, sagt Bürgermeister Simon Schmid. Aber er steht voll hinter der Entscheidung, weil es sich um eine lohnenswerte Ausgabe handele. Auch das jährliche Betriebsdefizit von 40 000 Euro sei „tragbar“. Das Lehrschwimmbecken, in der Gemeinde nur „Bädle“ genannt, wurde zusammen mit der Schule Mitte der 1950er-Jahre errichtet. Gedacht war es auch als Wasch- und Bademöglichkeit für die Bürger. Denn zu dieser Zeit verfügte noch längst nicht jeder Haushalt über ein Badezimmer. Türschilder für die abschließbaren Bäder im Schulkeller erinnern noch daran.

Brauchen wir so etwas in der Gemeinde noch? Bereits Ende der 1980er-Jahre trieb diese Frage den Ort um. Nachdem sich der Gemeinderat mehrheitlich gegen eine Modernisierung ausgesprochen hatte, brachte ein Bürgerentscheid im Juli 1990 eine Kehrtwende: Das Bädle soll erhalten werden. 200 000 Mark ließ sich man sich die Sanierung kosten. Mittlerweile sind fast drei Jahrzehnte vergangen und der Zahn der Zeit hat weiter an Technik und Ausstattung genagt. Denn außer ein paar Schönheitsreparaturen hat man nichts mehr gemacht. Die Umwälzpumpe ächzt. Seither muss die Zahl der Schwimmer kontingentiert werden. Die Duschen, direkt am Beckenrand angebracht, sind nicht mehr zeitgemäß. „Da laufen regelmäßig die Seifenreste ins Becken“, sagt der Bürgermeister. Ebenfalls nicht mehr tragbar sind die nur spartanisch eingerichteten Umkleiden. Uralt sind auch die Toiletten. Und was die Energieeffizienz angeht, ist der Rathauschef in seinem Urteil nicht zimperlich: „Eine Energieschleuder“. Im Zuge der Sanierung ist nach Auskunft des Rathauschefs auch ein eigener Außenzuggang geplant, sodass man nicht immer durch das Schulhaus muss.

Einer der Hauptnutzer des Lehrschwimmbeckens ist die Schule selbst. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Die Grundschüler aus Hohengehren fahren im Augenblick noch zum Schwimmen nach Altbach. Aber das könnte sich laut Bürgermeister Schmid ändern, wenn die Technik in Baltmannsweiler modernisiert ist und wieder mehr Schüler an einem Tag ins Becken können. Wann die Sanierung starten kann, ist noch offen. „Wir bereiten gerade die Ausschreibung vor“, erklärt der Bürgermeister. Erst danach könne ein Baubeschluss erfolgen. „Wenn wir einen geeigneten Auftragnehmer finden, können wir vielleicht in den Sommerferien 2020 beginnen“, so Schmid. Enttäuscht ist er, dass es für solche Projekte keine Pauschalförderung vom Land mehr gibt. Angesichts der Tatsache, dass Schwimmunterricht im Lehrplan verankert ist, findet er das „erschreckend“.