Finanzminister Danyal Bayaz konnte gute Zahlen präsentieren. Foto: dpa/Marijan Murat

Gute Nachrichten für Grüne und CDU im Südwesten: Der Aufschwung der Wirtschaft spült wieder deutlich mehr Geld in die Landeskassen. Doch Kretschmann und Co. müssen in den nächsten Jahren auch Altlasten der Corona-Krise bewältigen.

Stuttgart - Land und Kommunen in Baden-Württemberg dürfen sich über wieder stärker sprudelnde Steuereinnahmen freuen. Das Plus summiert sich bis 2025 auf rund 19,2 Milliarden Euro. Das ergibt sich aus der Steuerschätzung des Bundes, die das Finanzministerium in Stuttgart nun für den Südwesten heruntergerechnet hat.

Das Land kann bis 2025 mit Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 12,6 Milliarden Euro rechnen. In die Kassen von Städten und Gemeinden sollen 6,6 Milliarden Euro zusätzlich fließen. Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) sagte am Montag: „Die Konjunktur zieht an, damit steigen auch die Steuereinnahmen, das ist eine gute Nachricht für unser Land.“ Sofort wurden Forderungen laut: FDP und Steuerzahlerbund dringen auf eine Senkung der Grunderwerbsteuer, SPD und Gewerkschaften wollen mehr Investitionen in Schulen und Nahverkehr sehen.

Niveau von vor der Pandemie

Im laufenden Jahr soll es ein Steuerplus von 1,88 Milliarden Euro für das Land geben. „Damit liegen die Steuereinnahmen erstmals seit zwei Jahren über dem Niveau von vor der Corona-Pandemie“, erklärte Bayaz. Für 2022 geht das Land von Mehreinnahmen in Höhe von etwa 2,57 Milliarden Euro aus. Da das Finanzministerium schon mit einem Plus von einer Milliarde Euro gerechnet und dieses im Haushaltsentwurf verplant hat, kann die Regierung nun noch über rund 1,5 Milliarden Euro mehr verfügen. Schon am Abend berieten die Spitzen von Grünen und CDU in der Haushaltskommission über die Verwendung des Geldes im Etat 2022. Sie müssen auch entscheiden, wofür der Überschuss aus 2021 eingesetzt werden soll.

Grüne wollen schneller Schulden tilgen - die CDU auch?

Die Grünen wollen den jüngsten Nachtragsetat wieder schuldenfrei machen. Ein großer Teil der Mehreinnahmen im Jahr 2022 solle dafür eingesetzt werden, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz am Abend der dpa. „Damit fällt die Kritik der Opposition wie ein Kartenhaus in sich zusammen.“ Der Grüne spielte damit darauf an, dass AfD und FDP den dritten Nachtrag für den Doppelhaushalt 2021/2022 vor Gericht zu Fall bringen wollen.

Im dritten Nachtragsetat hatte Grün-Schwarz wegen der Corona-Krise erneut die Ausnahmeklausel bei der Schuldenbremse genutzt und 1,2 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen. Schwarz verwies darauf, dass im Entwurf für den Haushalt 2022 schon knapp eine halbe Milliarde Euro zum Tilgen von Corona-Schulden genutzt werden soll. Es fehlen somit noch etwa 700 Millionen Euro, damit der Nachtrag schuldenfrei sein kann.

Finanzministerium drückt auf Euphorie-Bremse

Im Jahr 2023 soll es ein Plus von 2,66 Milliarden Euro geben, 2024 nochmal 2,73 Milliarden Euro und 2025 sogar 2,81 Milliarden Euro. Das sind recht gute Aussichten für die Koalition, die bis 2026 zusammen regieren will. Bayaz sieht aber auch Risiken: „Allerdings sind die globalen Lieferengpässe weiterhin ein Problem für unsere exportorientierten Unternehmen, etwa bei den Halbleitern oder beim Aluminium.“ Für die Kommunen rechnet das Ministerium mit einem Plus für das Jahr 2021 von 1,68 Milliarden Euro und für 2022 von 1,46 Milliarden Euro. 2023 sollen es 1,11 Milliarden Euro sein, 2024 1,10 Milliarden Euro und 2025 1,25 Milliarden Euro.

Trotz der Mehreinnahmen für Land und Kommunen tritt das Ministerium auf die Euphorie-Bremse und warnt vor überzogenen Ausgabeforderungen. Schließlich habe die Corona-Krise in den vergangenen zwei Jahren riesige Löcher in den Etat gerissen, hieß es. So klaffe allein im Doppelhaushalt 2023/2024 absehbar eine Lücke von knapp fünf Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass die Regierung die in der Krise aufgenommenen Rekordschulden abtragen muss. Allein im Doppelhaushalt 2020/2021 nahm das Land rund 14,7 Milliarden Euro neue Kredite auf, um die Pandemie zu bewältigen und die Wirtschaft zu stützen.

Lange Wunschliste der Ministerien

Der Entwurf für den Haushalt 2022 sieht bisher vor, dass die Regierung im kommenden Jahr keine neuen Schulden aufnimmt und 474 Millionen Euro der Corona-Kredite tilgen will. Darüber hinaus will Grün-Schwarz rund 915 Millionen Euro investieren und gut 500 Millionen Euro als Polster für den weiteren Verlauf der Pandemie zurücklegen. Die Wunschliste der Ministerien für weitere Ausgaben ist lang, denn in der ersten Runde waren wegen fehlender Mittel zahlreiche Projekte abgelehnt worden.

Bayaz sagte zu den Verhandlungen am Abend: „Wir werden uns bei der Verwendung der Steuermehreinnahmen an Zielen orientieren, die wir in der Koalition gemeinsam beschlossen haben: Notkredite tilgen, gezielt in die Zukunft des Landes investieren, vor allem aber auch die Pandemie weiterhin bekämpfen.“ Angesichts der rasant steigenden Inzidenzen könnten wieder deutliche Mehrkosten auf das Land zukommen, etwa für die Wiedereinführung von Gratis-Tests oder die Infrastruktur für Impfungen zur Auffrischung des Schutzes gegen das Coronavirus.

Die Qual der Wahl: Vorschläge zum Geldausgeben

Die FDP und der Steuerzahlerbund schlugen vor, das Plus für eine Senkung der Grunderwerbsteuer und den sofortigen Einstieg in die Tilgung der Corona-Schulden zu verwenden. Die SPD verlangte ein Investitionsprogramm in Höhe von 400 Millionen Euro für bezahlbare Wohnungen und die Zukunftsfähigkeit der Innenstädte. DGB-Landeschef Martin Kunzmann sagte: „Vorrang sollten Investitionen in Bildung, in den Nahverkehr und in das Gesundheitswesen haben.“