Nordrhein-Westfalen hatte vorgelegt, Baden-Württemberg zieht nach: Die Tarifeinigung für die Metall- und Elektroindustrie im Südwesten greift den Pilotabschluss auf, enthält aber auch eigene Regelungen.
Stuttgart - Nach dem Pilotabschluss in Nordrhein-Westfalen ist der Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie nun auch im Südwesten beigelegt. Nach rund acht Stunden Verhandlung waren sich Arbeitgeber und Gewerkschaft am Dienstagabend einig, dem Pilotabschluss aus Nordrhein-Westfalen in wesentlichen Punkten zu folgen - etwa bei der Corona-Prämie für die Beschäftigten und einer zusätzlichen jährlichen Sonderzahlung, die alternativ als Ausgleich für Arbeitszeitreduzierungen genutzt werden kann. Darüber hinaus gibt es aber auch zahlreiche speziell für die Branche in Baden-Württemberg ausgehandelte Details, etwa was die Nutzung der sogenannten Transformations-Bausteine angeht.
Sowohl die Arbeitgeber als auch die Gewerkschaft zeigten sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Verhandlungen. „Wir hatten eine harte Auseinandersetzung, aber immer fair, immer auch wertschätzend“, sagte der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, Wilfried Porth, am Mittwoch. „Wir haben ganz klar gezeigt, dass die Sozialpartner in der Lage sind, auch in schwierigen Situationen zukunftsweisende Vereinbarungen zu treffen.“
Auszahlung im kommenden Jahr
In Nordrhein-Westfalen hatten sich die Tarifparteien in der Nacht zum Dienstag auf zusätzliche Möglichkeiten für eine Arbeitszeitverkürzung mit einem teilweisen Lohnausgleich verständigt. Das funktioniert über ein sogenanntes Transformationsgeld, das einer Tarifsteigerung von 2,3 Prozent entspricht. Das Geld wird zunächst angespart und dann einmal im Jahr ausgezahlt - zum ersten Mal im Februar 2022 und noch einmal ein Jahr später. Alternativ kann es für einen teilweisen Lohnausgleich eingesetzt werden, wenn zur Sicherung der Arbeitsplätze die Arbeitszeit reduziert wird.
Der Pilotabschluss sieht zudem automatische Entlastungen für Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten vor. In diesem Jahr erhalten die Beschäftigten außerdem eine Corona-Prämie in Höhe von 500 Euro.
Eine Million Beschäftigte im Südwesten
IG Metall und der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hatten den einzelnen Tarifbezirken die Übernahme des NRW-Abschlusses empfohlen. Bundesweit sind in der Metall- und Elektroindustrie etwa 3,8 Millionen Menschen beschäftigt, davon knapp eine Million in Baden-Württemberg.
Die Tarifverhandlungen hatten hierzulande im Dezember begonnen, hatten dann aber lange keine Fortschritte gemacht. Erst in der fünften Verhandlungsrunde in der vergangenen Woche hatten sich beide Seiten angenähert. Der Abschluss erfolgte nun in Runde sechs.
Um Druck auf die Arbeitgeber zu machen, hatte die IG Metall seit dem Ende der Friedenspflicht Anfang März immer wieder zu Warnstreiks aufgerufen. Nach Angaben der Gewerkschaft beteiligten sich daran insgesamt mehr als 220 000 Beschäftigte. Weil Massenveranstaltungen wegen der Corona-Pandemie nicht möglich waren und zudem viele Beschäftigte von zu Hause aus arbeiteten, fanden die Aktionen aber oft in kleinerem Rahmen als gewohnt oder gleich komplett digital statt. Aus Sicht der Arbeitgeber waren die Zahlen deshalb auch deutlich zu hoch gegriffen.