Die Notfallpraxis in Backnang steht vor dem Aus. Foto: Frank Rodenhausen

Die Kassenärztliche Vereinigung hat unter anderem die Schließung der ärztlichen Notfallpraxis in Backnang angeordnet. Doch das wollen einige Politiker und Kommunalverantwortliche nicht so einfach hinnehmen.

Nachdem die Kassenärztliche Vereinigung am Montag in Stuttgart amtlich gemacht hat, was die Spatzen bereits von den Dächern gepfiffen haben, reißt der Protest gegen die Ausdünnung der ärztlichen Notfallversorgung nicht ab. Wie berichtet, sollen insgesamt 18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg geschlossen werden. Mit Backnang ist im Rems-Murr-Kreis bereits die zweite Einrichtung innerhalb kürzester Zeit betroffen. In Schorndorf gibt es schon seit Anfang des Jahres keine entsprechende Versorgung mehr. Winnenden ist nun die einzige Anlaufstelle für den gesamten Kreis.

Oberbürgermeister Maximilian Friedrich (rechts) will sich wie sein Vorgänger Frank Nopper für die Gesundheitsversorgung in Backnang einsetzen. Foto: Gottfried Stoppel

Maximilian Friedrich, der Oberbürgermeister von Backnang, will sich mit der Entscheidung nicht abfinden. Nach einem gemeinsamen Protestbrief hat er am Montag zusammen mit anderen Vertretern des Oberen Murrtals, unter anderem den Rathauschefs von Oppenweiler, Sulzbach und Kaisersbach, vor dem Gebäude der Ärztevertretung in Stuttgart demonstriert. In einem Post auf seiner Facebook-Seite gibt er sich nun in der Manier seines Vorgängers Frank Nopper erneut kämpferisch: „Wir werden den öffentlichen Druck weiter hochhalten und dafür kämpfen, verlässliche Strukturen vor Ort zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen der Bevölkerung, als auch den berechtigten Interessen der Ärzteschaft Rechnung tragen“, schreibt er.

Landräte in „großer Sorge“

Auch der Landrat Richard Sigel hat sein Unbehagen über die Entwicklung längst ausgedrückt. Nun legt er in einem an den Gesundheitsminister Manfred Lucha gerichteten gemeinsamen Brief mit 19 anderen Kreischefs noch einmal nach. Die Unterzeichner äußern darin nicht nur ihre „große Sorge“ um die Zukunft der Notfall- und Regelversorgung in ihren Landkreisen, sondern auch „erhebliche Zweifel daran, dass die KVBW ihrem Sicherstellungsauftrag noch gerecht wird“.

So lasse diese bei ihren Kriterien für eine Neugestaltung der Notfallversorgung die Bevölkerungsdichte unberücksichtigt. Würden die Schließungspläne wie geplant umgesetzt, werde es Notfallpraxen geben, die – wie im Rems-Murr-Kreis Winnenden – für 400 000 und mehr Einwohnerinnen und Einwohner zuständig seien. Und bei Fahrzeiten von höchstens 30 beziehungsweise 45 Minuten bis zur Notfallpraxis lege die KV zugrunde, dass für jeden Notfallpatienten ein Auto verfügbar sei und dieses ohne jede Verkehrsstörung zu seinem Ziel gelange. Die Landräte halten das für „selbst gewählte Kriterien, die sich nicht an der Lebenswirklichkeit und dem tatsächlichen Bedarf ausrichten“.

Haußmann: Ländlicher Raum wird abgehängt

Oppositionspolitiker im Land wie der Kernener FDP-Abgeordnete Jochen Haußmann schlagen in die gleiche Kerbe: Die geplanten Standortschließungen der Notfallpraxen führten dazu, dass Landkreise mit vergleichbarer Einwohnerzahl eine unterschiedliche Anzahl von Notfallpraxen haben werden. „Der ländliche Raum droht durch diese Reform weiter abgehängt zu werden“, sagt Haußmann und fordert die Einrichtung eines Notfallgipfels unter dem Dach des Sozialministeriums. Warum? Eine solch umfassende Veränderung der ärztlichen Notfallversorgung dürfe nicht ohne eine breite Beteiligung stattfinden. „Rettungsdienste, Krankenhäuser, kommunale Landesverbände, die Krankenkassen, die Ärzteschaft und die Politik müssen an einen Tisch“, so Haußmann.

Kirschbaum erinnert an Versprechen

Für die SPD-Landtagsabgeordnete Simone Kirschbaum ist Backnang zudem ein „besonderer Fall“, wie sie in einem Brief an den Vorstand der KV betont. Denn schließlich sei hier im Rahmen der Schließung des örtlichen Krankenhauses die Erhaltung der Notfallpraxis ausdrücklich zugesichert worden.